Franziskus, der neue Papst (German Edition)
erste schwarze Papst, viele Gläubige und Medienmenschen finden das reizvoll und saugen die Spekulationen auf, was mit dem Ghanaer auf dem Stuhl Petri alles anders werden könnte. Nachdem der Präsident des »Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden« sich nicht zuletzt durch eigene Aussagen etwas aus dem Favoritenkreis drängt, als auf einmal immer mehr Medien darüber schreiben, dass die Kirche noch nicht reif sei für einen schwarzen Papst, wird der nächste »Papabile« herangezogen. Erneut handelt es sich um einen Mann der Kurie, um den Chef der Bischofskongregation, Marc Ouellet. Der Kanadier gilt als Vertrauter Benedikts XVI., könnte die Nordamerikaner hinter sich vereinen und leitet die »Päpstliche Kommission für Lateinamerika«. Besonders diese Position führen Kommentatoren an, wenn sie Ouellets Chancen auf das Papstamt beziffern. Viele sind inzwischen der Überzeugung: Ohne Lateinamerika geht nichts. Gegen den Willen Brasiliens, Argentiniens und die anderen wird keiner der 266. Nachfolger Petri werden.
Während draußen die Welt über mögliche Kandidaten spekuliert, tagen drinnen im Vatikan die Generalkongregationen, zu denen alle Kardinäle eingeladen sind. Darunter auch die Überachtzigjährigen, die nicht mehr berechtigt sind, am Konklave teilzunehmen. Die Generalkongregationen sind so etwas wie das Notstromaggregat der Kirche. Während der Vakanz, also der Zeit, in der die Kirche keinen Papst hat, wird von hier aus alles geregelt und gesorgt, dass der Motor des Kirchenschiffs am Laufen bleibt. Die beiden entscheidenden Männer in diesen Tagen sind Tarcisio Bertone, Ex-Kardinalstaatssekretär (während der Sedisvakanz ruhen die meisten Ämter, sie müssen später vom neuen Papst bestätigt werden) und Carmalengo sowie Angelo Sodano, der Kardinaldekan und damit ranghöchste der Kardinäle. Die beiden gelten als Feinde, doch nun sieht man sie öfter zusammen. Die italienischen Medien munkeln bereits, die beiden würden einen Pakt schmieden, um nach zwei Nicht-Italienern endlich wieder einen Papst vom Stiefel zu wählen. Dazu fehlt allerdings noch das Wichtigste: das Konklave. Benedikt XVI. hatte durch ein »Moto proprio« den Kardinälen die Entscheidung überlassen, das Konklave schon früher als gewohnt einzuberufen. Üblicherweise startet die Versammlung der Kardinäle frühestens am 15. Tag nach dem Tod eines Papstes. Die Abschiedszeremonie muss geregelt werden, andere Formalien warten, das braucht Zeit. In diesem Fall, im Fall des zurückgetretenen Benedikts XVI., sind die Dinge etwas weniger kompliziert, daher wollen viele ein schnelles Konklave und nicht lange warten. Dennoch dauert es, die Kardinäle lassen sich Zeit, sie wollen sich erst kennenlernen und keinen Schnellschuss abgeben. Besonders die Nordamerikaner bilden einen verschworenen Block, einen Bremsblock, der eine schnelle Wahl nicht unbedingt bevorzugt. Lieber wird in den insgesamt zehn Generalkongregationen ausführlich getagt und dabei vor allem über zwei Dinge gesprochen: Vatileaks und die Kurienreform. Täglich berichten die Medien darüber und eines fällt auf: Immer wieder wird gesagt, dass einer der Kardinäle sich in diesen Sitzungen mit geschliffenen Wortmeldungen profilieren würde. Die Rede ist vom Jesuiten-Kardinal Jorge Mario Bergoglio aus Buenos Aires.
Am Donnerstag, den 7. März, ist mit Kardinal Pham Minh Man schließlich der letzte noch fehlende Papstwähler eingetroffen. Einen Tag später hat auch das Warten auf das Datum ein Ende, Vatikansprecher Pater Federico Lombardi verkündet: Am 12. März beginnt das Konklave und damit die Wahl zum 266. Oberhaupt der katholischen Kirche. Die Umbauarbeiten in der Sixtinischen Kapelle laufen auf Hochtouren, die im Gästehaus Santa Marta sind fast abgeschlossen. Per Los wird den Kardinälen ein Zimmer oder eine Suite zugeteilt, man ist fast bereit. Währenddessen haben sich die Spekulationen um die Nachfolge Benedikts XVI. zunehmend auf zwei Namen konzentriert. Einmal auf Odilo Scherer, der als Erzbischof von S ã o Paulo und gebürtiger Brasilianer mit deutschen Wurzeln noch mehr Lateinamerika verkörpert als Marc Ouellet, der ja »nur« Leiter der Lateinamerika-Kommission ist. Und zum anderen auf den Topfavorit, der Mailänder Erzbischof Angelo Scola. Der ehemalige Patriarch von Venedig leitet mit Mailand die größte Diözese der Welt, ihm werden Managerqualitäten nachgesagt, dazu gilt er als glänzender Theologe und weiß die Anhänger Benedikts XVI. hinter
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