Französische Nächte: Erotischer Roman (German Edition)
Anrufe anzunehmen.
Paul spürte eine Frustration, die sich wie eine Wolke um seinen Kopf legte. Selbst der Sex konnte ihn nicht aufmuntern. Er hasste Ungerechtigkeit, und im Moment wusste er nicht, was er mehr verabscheute, das korrupte System des Bürgermeisters oder Jeans Engstirnigkeit. Er bemerkte, dass er zu viel Cognac trank, als würde er sich selbst die Schuld geben. Sein gesunder Menschenverstand obsiegte. Er konnte nichts unternehmen. Aber er bemühte sich, weniger zu trinken, und die dadurch bewiesene Disziplin gab ihm seine Würde zurück.
Eines Abends kam er vom Markt zurück, auf dem er etwas Saucisson gekauft hatte, und Robert und Michelle warteten schon auf ihn. Sie saßen auf der Holzbank vor seinem Haus unter dem niedrigen, verschlossenen Fenster. Er beobachtete sie einige Minuten lang, bevor sie ihn sahen. Sie saßen dicht nebeneinander, unterhielten sich und hatten die Welt um sich herum vergessen. Das rhythmische Klatschen der Wellen an den goldenen Strand blieb unbemerkt, während sie sich miteinander beschäftigten. Erschreckt wie zwei wilde Kaninchen blickten sie auf, als er sie begrüßte.
»Wir haben auf dich gewartet«, sagte Michelle. »Robert hat eine Idee.« Bei diesen Worten sah sie Robert bewundernd an.
»In Geneviève Bruyeres Schlafzimmer steht ein Tresor«, begann Robert, als sich Paul neben sie auf die warme Bank setzte und seine Einkäufe auf den Boden stellte. »Sie bewahrt darin ihre privaten Dokumente auf. Ich habe herausgefunden, wie man ihn ohne Schlüssel öffnen kann. Du solltest mal zum Haus kommen und es dir ansehen. Darin liegen jede Menge Dokumente, die sehr offiziell aussehen. Für mich ergeben sie nicht viel Sinn, aber vielleicht können sie uns ja irgendeinen Hinweis geben.«
Zum ersten Mal seit Tagen war Paul aufgeregt. »Wann soll ich vorbeikommen?«, fragte er.
»Morgen?«, schlug Robert vor. »Sie fährt neuerdings oft nachmittags mit diesem Polizisten aus dem Elsass spazieren.« Robert schnaufte. »Dieser Mann ist ein richtiger Bauer. Ich könnte ihn mit bloßen Händen erdrosseln. Sie erkennt nicht einmal, dass er nur hinter ihrem Geld her ist. Aber was interessiert es mich?«
»Es interessiert dich nicht die Bohne«, besänftigte ihn Michelle. »Reg dich nicht über ihn auf. Du wirst nicht mehr lange dort bleiben müssen. Es ergibt sich bestimmt bald eine neue Stelle.«
»Morgen passt mir gut«, erwiderte Paul. »Ich habe noch nichts vor. Und jetzt kommt rein und esst mit mir. Ich habe gerade von der köstlichsten Saucisson in ganz Frankreich gekauft.«
Aber Michelle und Robert verabschiedeten sich. Tante Violette wollte für sie kochen. Paul grinste, als er die Haustür aufschloss. Nefi tauchte aus dem Nichts auf und rieb ihren geschmeidigen kleinen Körper an seinen Beinen. Er beugte sich nach unten und hob sie auf. Dann drückte er sie mit einer Hand an die Brust und sprach mit leiser Stimme zu ihr. »Warum fühle ich mich in ihrer Gegenwart immer so einsam?«, fragte er sie. »Warum bin ich so traurig?« Die Katze schnurrte laut und drückte den Kopf gegen seine Wange, um ihm zu zeigen, dass sie ihn wirklich liebte.
Er nahm ein einsames Abendessen zu sich und gab Nefi Renées Anteil, als diese nicht auftauchte. Erst sehr spät kam sie nach Hause und stürmte sofort wieder hinaus, als sie feststellte, dass nichts zu essen da war, und verkündete, im Café eines Freundes essen zu wollen. Paul schlief bereits, als sie zurückkehrte und ins Bett kam. Er erinnerte sich am nächsten Morgen nur schwach daran, dass sie sich irgendwann neben ihn ins Bett gelegt hatte.
Er ließ sie in dem dunklen, zerwühlten Bett zurück und schloss leise die Tür. Bereits eine Stunde später saß er im Zug nach Bayonne.
Der Zug voller Privat- und Geschäftsleute fuhr klappernd durch den hellen Morgen, und Paul musterte die Gesichter seiner Mitreisenden. Er fragte sich, wer von ihnen wirklich glücklich war. Es war schwer zu sagen. Das tägliche Pendeln hatte seine Spuren in ihren Gesichtern hinterlassen. Aber welche verborgenen Leidenschaften verbargen sich hinter diesen Fassaden? Die einzigen lebhaften Menschen im Waggon waren zwei Matronen, die auf der Sitzbank vor ihm saßen. Sie waren anders. Sie klatschten, verzogen die Lippen vor Freude, und ihre Augen strahlten, als sie sich die ausschweifenden Geschichten ausmalten, deren Protagonisten sie klugerweise nur mit den Initialen benannten. Paul fragte sich, was die Affären, über die sie sich unterhielten, mit ihnen
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