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Freiheit statt Kapitalismus

Freiheit statt Kapitalismus

Titel: Freiheit statt Kapitalismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sahra Wagenknecht
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Trotzdem:
    Wenn sich auch nur ein Renditepunkt zusätzlich herauspressen lässt, werden tausende entlassen, wird der Leistungsdruck bis zum gesundheitlichen Ruin erhöht, werden Hungerlöhne gezahlt, werden Landschaften in ihrer Schönheit für immer vernichtet, Kriege begonnen, Familien zerrissen und Kindern die Zukunft verbaut. Im Unterschied zu Marxens Zeit treiben diese Untaten heute die technologische Entwicklung allerdings nicht mehr voran und steigern auch nicht den gesellschaftlichen Reichtum, sondern bewirken das Gegenteil.
    Moral im Haifischbecken
    Es gibt keine Moral, die die im privaten Wirtschaftseigentum verankerte Profitlogik ausbremsen kann. So ignorant es klingt, die
Financial Times Deutschland
hatte recht, als sie den Boss des Ölkonzerns BP, der mit seiner missglückten Bohrung im Golf von Mexiko ein ökologisches Desaster angerichtet und sich dafür massive öffentliche Kritik zugezogen hatte, mit den Worten rechtfertigte: »Selbst wenn er wollte, der Chef von BP könnte gar nicht einfach auf die umstrittenen Tiefwasserbohrungen verzichten. Er ist in seiner Funktion nicht der Gesellschaft verpflichtet, sondern seinen Arbeitgebern: den Eignern des Ölkonzerns. … Wenn ein Unternehmen eine moralische Entscheidung trifft, die Rendite kostet, wird es langfristig nicht wettbewerbsfähig sein und von skrupelloseren Rivalen aus dem Markt gedrängt.« 106 Wahrscheinlicher noch ist, dass der Chef von den Anteilseignern einfach ausgetauscht würde.
    Der Marktradikale Milton Friedman meint: »Es gibt wenige Entwicklungstendenzen, die so gründlich das Fundament unserer freien Gesellschaft untergraben können, wie die Annahme einer anderen sozialen Verantwortung durch Unternehmer als die, für die Aktionäreihrer Gesellschaften soviel Gewinn wie möglich zu erwirtschaften. Alles andere ist eine zutiefst subversive Doktrin.« 107 Ersetzen wir den angesichts der hier vertretenen Verhältnisse zynischen Begriff »freie Gesellschaft« durch »Kapitalismus«, ist diese Aussage durchaus zutreffend.
     
    Wer im Haifischbecken schwimmen will, muss selbst ein Hai sein. Oder er wird gefressen. Der Ausweg besteht nicht in der Zähmung der Haie durch Moral und gutes Zureden. Der Ausweg besteht darin, an ihrer Stelle Karpfen zu züchten.
     
    Weltweit ist das
Profitstück
am Einkommenskuchen heute so groß wie nie. Die Staaten, in vielen Ländern auch die Privathaushalte, sind an der Grenze zur Überschuldung. Alles, was die Politik tut, um die Wirtschaft wiederzubeleben, verschärft letztlich die Probleme. Denn alles läuft darauf hinaus, die Profite zu stützen, damit die Investitionstätigkeit wieder anspringt. Auch der stimulierende Effekt von Konjunkturpaketen besteht im Wesentlichen darin, die Profiterwartungen zu erhöhen, also noch mehr Geld in die Taschen von Leuten zu spülen, die schon heute nicht wissen, was sie mit all ihrem Einkommen anfangen sollen. Der Nobelpreisträger Joseph Stiglitz hat völlig recht, wenn er die Konjunkturprogramme mit dem Argument kritisiert: »Um den amerikanischen Gesamtkonsum nachhaltig anzuregen, müsste es zu einer großen Einkommensumverteilung kommen, von denjenigen an der Spitze, die es sich leisten können zu sparen, zu denjenigen an der Basis, die jeden Cent, den sie bekommen, ausgeben.« 108
    Aber damit eine solche Umverteilung tatsächlich die Wirtschaft beleben kann, muss ein Prinzip aufgehoben werden, das in den heutigen Gesellschaften für unantastbar gilt: Es dürfen nicht länger die erwarteten Profite sein, die über das Ja oder Nein zu einer Investition entscheiden. Das setzt voraus, dass diejenigen, die die Investitionsentscheidungen für ein Unternehmen treffen, nicht mehr im Auftrag und unter dem Druck von Leuten arbeiten, deren erstes und wichtigstes Ziel darin besteht, ihr im Unternehmen angelegtes Vermögen möglichst schnell zu vermehren. Voraussetzung sind also andere Eigentumsverhältnisseüberall dort, wo nicht mehr Unternehmer im Schumpeter’schen Sinne, sondern Kapitalisten das Wirtschaftsgeschehen dominieren.
    Fazit
    Das entscheidende Motiv der kapitalistischen Produktion ist die Erzielung von Profit. Der Kapitalismus entwickelt sich nur so lange dynamisch, solange es für die erwirtschafteten Profite stets wieder ausreichende Investitionsgelegenheiten mit entsprechenden Renditeaussichten gibt. Unter diesen Umständen lassen sich die dem Profitanteil am Volkseinkommen entsprechenden Güter verkaufen und die Profiterwartungen werden erfüllt.
    Bis zum

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