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Fremde am Meer

Fremde am Meer

Titel: Fremde am Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Olsson
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Ebenso wie er dich. Es muss schwer für dich gewesen sein, ihn zu verlassen. Und er ist nur ein Jahr später gestorben.«
    Sie seufzte und fragte, ob sie uns Kaffee nachschenken solle. Als wir ablehnten, erhob sie sich langsam.
    »Es tut mir leid, dass ich so drauflosgeplappert habe«, sagte sie. »Aber im Lauf der Jahre habe ich immer wieder an dich gedacht und mich gefragt, wie es dir wohl ergangen ist. Besonders, als ich von den schrecklichen Ereignissen hörte.«
    Vielleicht hoffte sie auf eine Reaktion von mir. Vielleicht gab es Dinge, die sie gern wissen wollte, doch ich ignorierte ihre unausgesprochenen Fragen und bedankte mich nur bei ihr. Für den Kaffee und das, was sie mir erzählt hatte. Ich kommentierte es nicht. Es erschien mir unmöglich. Als würde damit etwas unwiederbringlich verloren gehen.
    Wir schüttelten uns die Hände, und die alte Frau umarmte mich spontan. Dann trat sie, immer noch meine Hände haltend, einen Schritt zurück.
    »Vielleicht möchtest du das Grab deines Großvaters sehen?«
    Als ich nickte, beschrieb sie mir den Weg zum Friedhof. Dann ging sie in die Küche und kam mit einer kleinen Skizze wieder, auf der das Grab meines Großvaters eingezeichnet war.
    Wir bedankten uns noch einmal und verabschiedeten uns.
    Als wir langsam an ihrem Haus vorbeifuhren, stand sie immer noch mit erhobenem Arm auf der Treppe und winkte uns zu.
    Ich bin nie wieder nach Åland gefahren.
    Stockholm dagegen besuchte ich, als ich aus Neuseeland zurück war. Diesmal kam ich allein. Wieder war Frühling, aber es war bedeckt und kühl, und ein paar Tage mit starkem Wind brachten Schnee mit, der sich wie Eis anfühlte. Ich fuhr zur Königlichen Bibliothek und nahm mir dort die Zeitungsartikel vor.
    »Die beiden verängstigten Kinder, zwei und acht Jahre alt, wurden aneinander geklammert im Kinderzimmer gefunden.«
    Und:
    »Achtjähriges Mädchen wird Zeugin eines häuslichen Dramas, das beide Eltern das Leben kostet.«
    Damals hatte ich mit dem Bild nichts anfangen können. Es war mir unmöglich, der Tatsache ins Auge zu sehen, dass ich noch so jung gewesen war.
    Jetzt aber, als ich in meinem inzwischen vollkommen dunklen Haus am Küchentisch saß, hatte ich es deutlich vor mir. Ich sah sie, eine von Panik erfüllte Achtjährige. So alt wie Ika. Wie hatte ich ihr solche Schuldgefühle aufladen können? Einem kleinen Kind?
    Steifbeinig erhob ich mich und ging ins Schlafzimmer. Ich legte mich in meinen Kleidern aufs Bett und schloss die Augen.

18
    Mit einem Ruck und dem Gefühl, verschlafen zu haben, wachte ich auf. Aber es war kurz nach sechs Uhr, und ich musste erst um elf Uhr in Hamilton sein. Ich stand auf und genehmigte mir eine lange, heiße Dusche. In ein Handtuch gewickelt, trat ich hinaus auf die Terrasse. Die Sonne war in rosa und lila Schleier gehüllt und hatte eben den Horizont erklommen. Es ging eine leichte Brise, und in der Luft schien ein Gefühl von Hoffnung zu liegen. Als wäre dies nicht nur der Anbruch eines neuen Tages, sondern einer neuen Zeit.
    Ich hatte mich gerade zum Frühstück hingesetzt, als George anrief. Wir vereinbarten, dass ich nach meiner Rückkehr aus Hamilton zu ihm kommen sollte. In der Zwischenzeit wollte er mit Ika angeln gehen.
    Die meisten Straßen werden zu bloßen Transportwegen, wenn man sie oft benutzt, doch bei mir war das nicht der Fall. Fast jedes Mal erlebte ich meine Fahrten mit offenen Augen und wurde nie müde, die Landschaft zu bestaunen. Vielleicht deshalb, weil ich oft schmale Nebenstraßen wählte, die langsames Fahren erforderten, hauptsächlich aber, weil ich immer noch nicht eins war mit meiner Umgebung. Ich nahm sie immer noch bewusst wahr. An diesem Morgen ließ ich mir reichlich Zeit und gondelte gemächlich zwischen den sanft gerundeten, so einladend wirkenden Hügeln hindurch. Schwer zu glauben, dass es vermutlich Vulkane waren. Dass die idyllischen Wiesen nur eine dünne Schicht über gewaltigen Kräften sind, die in Sekunden alles vernichten könnten, was der Mensch so planvoll geschaffen hat.
    Als ich den Wagen in Hamilton parkte, hatte ich noch über eine Stunde totzuschlagen, daher entschloss ich mich zu einem Spaziergang. Ich hatte fast meine ganze Kindheit und Jugend in einem urbanen Umfeld verbracht, und trotzdem fand ich jetzt sogar diese kleine Stadt überwältigend. Ich merkte, dass ich nicht mehr instinktiv auswich, wenn mir andere Menschen entgegenkamen, und mehrmals sprang ich unbeholfen hin und her. Der ganze Ort schien in Grün

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