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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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weilende Produzenten und Besetzungsagenturen aufzusuchen. Als frühestmöglichen Termin für ihr Engagement gab sie den ersten Januar kommenden Jahres an, an dem ihr Einjahresvertrag mit Liberty auslief. Ira Mehlman war der einzige Agent, der ihr wenigstens eine Spur Hoffnung machte. Zunächst bekundete er, sie in mehreren ihrer Filme gesehen und erkannt zu haben, obwohl sie ungenannt geblieben war: »Nicht schlecht! Da ist eine Wintertournee von Captain Jinks of the House Marines geplant. Ich könnte Sie für die Madame Trentoni vorschlagen.«
    »Hier in New York?« wollte Fritzi elektrisiert wissen. Die Rolle in dem Stück von Clyde Fitch hatte Ethel Barrymore 1901 zum Durchbruch verholfen. Mehlman schüttelte den Kopf.
    »Sondern?«
    »Städtchen, Silodörfer. Klingt Wheeling in West Virginia für Sie verlockend?«
    »Eher nicht.«
    »Ölstädte, Pennsylvania?«
    »Mr. Mehlman, ich habe in allen diesen Städten schon gespielt. Ist denn nichts Besseres in Aussicht?«
    »Bin ich Hellseher? Viele Produzenten entscheiden sich für ein Stück und stellen es dann in drei Wochen auf die Beine. Ich will ganz ehrlich sein, Fritzi. Leicht wird es nicht werden, Sie unterzubringen.
    Ich habe Sie in diesen Filmen gesehen, aber nicht nur ich. Wer es in dieser Stadt schaffen will, hat es schwer wie eh und je. Was Sie im letzten Jahr oder so gemacht haben, erschwert es zusätzlich. Hat Sie denn niemand gewarnt?«
    »Doch, oft sogar.«
    »Aber Sie haben sich trotzdem dafür entschieden.«
    Vielleicht habe ich mich einfach hineinziehen lassen, notgedrungen.
    »Ich hatte es nicht abschätzig gemeint, Mr. Mehlman. Ich möchte ernsthaft wieder am Theater spielen. Also ich warte, bis ich von Ihnen höre, auch in Sachen Captain Jinks. Vielen Dank!«
    »Schon gut, Fritzi. Ich melde mich.«
    Der bekannte Satz, das alte Lied. Sollte Harry Poland vertonen, dachte sie, als sie, vor Enttäuschung niedergedrückt, das Gebäude verließ.
    In einer stickigen, heißen Nacht Ende Juli nahm Eddie Fritzi mit in den Vorführraum des Liberty-Büros im zweiten Stock in der Vierzehnten Straße. Eine Cutterin namens Daphne Roosa gesellte sich zu ihnen. Daphne war eine korpulente junge Frau mit fleischigen, aber gepflegten Händen, die mit einer fast fanatischen Besessenheit an der Zusammensetzung der einzelnen Bilder arbeitete.
    In dem winzigen, fensterlosen Raum war es heiß. Es roch nach Chemikalien und kaltem Zigarrenrauch. Fritzi ließ sich auf einen harten Stuhl fallen und wedelte mit einem Taschentuch vor ihrer Nase herum, um wenigstens etwas Luft zu bekommen.
    »Ich möchte, daß du dir das anschaust«, bat Eddie, »bevor wir es Kelly zeigen. Irgendwas stimmt nicht, aber ich komme nicht darauf, was.«
    »Mir geht’s ähnlich«, pflichtete Daphne Roosa ihm bei. Das Drehen des Einspulers war glattgegangen, aber die Crew schien nicht viel Spaß daran gehabt zu haben.
    Das Stück mit dem Titel Gemischte Nüsse, angeblich eine Komödie, war nach einem Drehbuch entstanden, das Al Kelly von einem Freund gekauft hatte und das deshalb auch gedreht werden mußte. Die verzerrten Gesichter der drei entlaufenen Irren, eine davon Frit-zi, ließen ihr Schauder über den Rücken kaufen, genauso wie damals, als sie drehten. Als Eddie das Licht einschaltete, sagte sie: »Ich glaube, ich weiß, was da verkehrt ist. Die Witze sind komisch, aber sie werden auf Kosten von Menschen gemacht, die geistig behindert sind. Und ich finde es überhaupt nicht witzig, sich über Kranke und Krüppel lustig zu machen. Das gehört sich nicht.«
    Miss Roosa pflichtete ihr bei. Eddie meinte: »Tja, dann müssen wir mit Al reden, es war seine Idee.« Er überlegte einen Augenblick lang. »Vielleicht hast du recht. Irgendwas an dem Film stinkt.«
    Miss Roosa rümpfte die Nase. »Hier stinkt’s auch.« Fritzi roch es ebenfalls. Erstaunlich eilig stieß Eddie einen Stuhl beiseite und rannte auf den Korridor hinaus.
    »Rauch!«
    Er verschwand im hinteren Teil des Gebäudes. Jetzt roch Fritzi es ganz deutlich. Die beiden Frauen tauschten besorgte Blicke und liefen ebenfalls auf den Flur hinaus. Am Ende des Korridors öffnete Eddie die Tür eines Magazins, in dem Filmrollen von Pal und Liberty archiviert waren. Rauch drang heraus und stieg in dicken Schwaden zur Decke auf. Eddie schlug einen Arm vor das Gesicht und lief zurück.
    Er drängte Fritzi und Miss Roosa zum vorderen Gebäudeteil. Aus dem großen Magazin schlugen Flammen und züngelten an der gegenüberliegenden Wand hoch, die

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