Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition)
gegenseitigem Vertrauen absolute Verschwiegenheit gegenüber Dritten!«
Von Schenck
strahlte über sein faltiges Gesicht. »Ich werde Sie nicht enttäuschen – und glauben
Sie mir, ich weiß, was Loyalität bedeutet.«
Er hielt
ihr seine offene Hand entgegen. Liv schlug ein.
Mit verschränkten
Armen lehnten sich beide zurück, ihre rechten Beine über die linken geschlagen.
»Jetzt habe
ich einen Job.«
»Und ich
einen Partner«, warf Liv ein.
»Interessant«,
meinte er, »dann wäre es doch sinnvoll, wenn wir unsere Beobachtungen und Einschätzungen
regelmäßig miteinander abklärten. Wir sind noch einige Tage hier, das wäre doch
gelacht, wenn wir diesen Fall nicht lösen könnten.« In sein offenes Lachen musste
Liv nun herzlich mit einstimmen. Das war eine nette Vorstellung, mit diesem distinguierten
Herrn den Mord vor Frank aufzuklären. Wie zwei Seelenverwandte saßen sie noch eine
Weile schweigend da, bis die Kühle der Nacht begann, den Duft der Rosen zu schlucken.
Erst im Foyer verabschiedeten sie sich voneinander.
22
An der Rezeption stand Gritta Entrup
in einem maisgelben Trainingsanzug. Wenn sie sich so von hinten in der engen Hose
gesehen hätte, würde sie sich direkt morgen einen neuen, um zwei Nummern größeren
kaufen. Ihre roten Lippen, die roten, langen Fingernägel und ihr stark geschminkter
Augenaufschlag lenkten vorübergehend von mancher Problemzone ab. Würde sie jetzt
ihren Hass gegen Maria Overbeck und den Bruder Johann am Boxsack ausleben oder ließe
sie ihrer Trauer freien Lauf? Trauerte sie?
»Sie gehen
ins Fitnessstudio trainieren, Frau Entrup? Die Trainerin wird jetzt aber Feierabend
machen«, bekam sie aus der Rezeption Bescheid.
»Gut, die
brauche ich sowieso nicht. Ist überhaupt die Frage, ob wir die noch behalten«, fügte
sie in einem etwas leiseren Ton, aber durchaus hörbar, im Weggehen hinzu.
»Guten Abend,
Frau Oliver, ist alles zu Ihrer Zufriedenheit oder kann ich etwas für Sie tun?«,
fragte die Rezeptionistin Margit Jung freundlich in Livs Richtung.
»Sie sind
immer noch hier? Arbeiten Sie rund um die Uhr?«
»Normalerweise
nicht. Aber heute machen wir alle aufgrund der Umstände eine Ausnahme.«
»Ach ja,
die Umstände«, repetierte Liv.
»Geht Frau
Entrup oft abends ins Fitnessstudio?«, schloss sie schnell und möglichst unauffällig
ihre Frage an.
»Ja, schon,
am liebsten, wenn alle Gäste und Mitarbeiter fort sind.«
»Wann öffnet
die Bar heute?«, lenkte Liv vom Thema ab.
»Die müsste
jeden Moment öffnen, heute ist Soul-Abend. Der Chef hat für heute etwas gediegenere
Musik angeordnet, wegen der Umstände, Sie verstehen.«
Liv nickte
und schlenderte lächelnd in Richtung Bar. Neben dem Haupteingang ging es eine Treppe
hinunter in die untere Ebene, wo ein Schild die Gäste in die richtige Richtung lenkte.
Eine offene Tür, aus der rot-weiß-blaue Lichtreflexe blitzten und Musik zu hören
war, sog Vorbeigehende zum Eingang. Zunächst konnte man nichts erkennen. Blinzelnd
gewöhnten sich die Augen an das Licht. Dann sah Liv, dass die paar Menschen, die
an der Bar saßen, erwartungsvoll zur Tür schauten. An ihren Blicken meinte sie aber
erkennen zu können, dass ihre Person ihren Erwartungen nicht ganz entsprach. So
wandten sie sich ziemlich bald wieder ihrem jeweiligen Gegenüber zu.
Bunte Lichtspiele
durch bewegliche Lampen und Spiegel, die alles reflektierten, warfen ungewohnte
Schatten und erzeugten eine mysteriöse Atmosphäre. Die Gesichter waren nur schemenhaft
zu erkennen, im Halbschatten wirkten manche eher gespenstisch, monsterhaft, andere
hingegen attraktiv-reizvoll. Liv setzte sich an die Theke vor die leere Tanzfläche
und gönnte sich einen Gin Tonic. Der dunkelhäutige Barmann schenkte sehr großzügig
ein und strahlte Liv mit einem leuchtenden weißen Supergebiss an. Etwas Eis, Lemonjuice
und eine Limonenscheibe, so war es perfekt. Die Musik war schön laut. Trotzdem versuchte
Liv, in ein Gespräch mit dem gerade nicht sehr beschäftigten Barmann zu kommen.
Mike Tom stand auf seinem Namensschild.
»Trauern
Sie auch so heftig wie Ihre Kollegen um den Seniorchef?« Liv bemerkte, der Gin Tonic,
mit Strohhalm getrunken, wirkte flott und löste ihre Zunge.
Der Barmann
lachte wieder: »Man spricht nicht schlecht über Tote. Ihr Geist lässt einen sonst
nicht in Ruhe. Aber es ist kein Geheimnis, dass es mit ihm hier nicht leicht war,
nur, was nun kommen könnte, wird nicht besser.«
»Sie meinen
Frau Entrup oder die
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