Frostglut
deiner Klassenkameraden … kenne.«
Ich zog eine Augenbraue hoch. »Wie, du kennst meine Klassenkameraden? Und was ist ein Bogatyr?«
»Wir gehen zu deinem Kampftraining, richtig?«
Ich nickte.
»Dann wirst du es gleich sehen.«
Mehr sagte er nicht. Er sprach nicht weiter über sich, erklärte nicht, wer er war oder warum er hier war. Okay, okay, dann wollte er eben finster, nachdenklich und mysteriös rüberkommen, und sein cooler russischer Akzent half ihm definitiv dabei. Was auch immer.
Den Rest des Weges zur Turnhalle legten wir schweigend zurück. Ich öffnete die Doppeltür der Halle und ging auf die Tribüne am anderen Ende zu, aber Alexei hielt einen Moment inne, um sich umzusehen. Ich konnte nichts allzu Interessantes entdecken. Farbenfrohe Fahnen hingen von der Decke, Holztribünen zogen sich an den Wänden entlang, dicke Matten lagen auf dem Boden. Die Turnhalle sah aus wie jede andere auch – abgesehen von den Regalen voller Waffen.
Da Mythos eine Schule für die Nachkommen mythischer Krieger war, wurde im Turnunterricht etwas mehr gefordert als nur Runden laufen und Körbe werfen. Hier bedeutete Sportunterricht eigentlich Kampftraining, und Trainer Ajax und der Rest seiner Belegschaft brachten uns bei, wie wir jede Waffe von Schwertern über Stäbe über Dolche bis zu Bögen benutzten. All diese Waffen und noch mehr hingen in ordentlichen Reihen an der Wand. Ihre scharfen Spitzen glitzerten im Licht, während sie darauf warteten, dass Schüler kamen und sie benutzten.
Natürlich fehlte mir das lebenslange Kampftraining der anderen Jugendlichen. Das war der Grund, warum ich mich jeden Morgen vor dem normalen Unterricht in die Turnhalle schleppte, um ein wenig Extratraining mit Logan, Kenzie und Oliver zu absolvieren. Seit Loki aus seinem Gefängnis entkommen war, nahmen Daphne und Carson ebenfalls teil. Wir alle wollten bereit sein – für alles.
Alle außer Oliver waren bereits in der Halle. Logan, Kenzie und Carson standen vor den Waffenregalen, um zu entscheiden, womit wir heute trainieren sollten. Ich stellte meine Tasche auf eine der Matten und ließ mich neben Daphne auf die Bank fallen. Die Walküre sah in ihren pinken Designer-Yogahosen und dem passenden Top so hübsch aus wie immer, auch wenn wir hier waren, um zu schwitzen. Ihr blondes Haar war zu einem ordentlichen Pferdeschwanz gebunden, und sie trug gerade genug Make-up, um ihre dunklen Augen und ihren wunderbaren Teint zu betonen.
»Ich sehe, du hast deinen Schatten dabei«, lästerte Daphne, während sie beobachtete, wie Alexei auf uns zukam und seine Tasche neben meine stellte.
»Sei nett«, sagte ich. »Es ist nicht seine Schuld, dass er mich an der Backe hat. Zumindest glaube ich das nicht.«
Daphne schnaubte, sagte aber nichts mehr. Die Jungs entschieden sich für Stäbe und gaben die Waffen aus. Logan zögerte, dann drückte er auch Alexei einen Kampfstab in die Hand. Der packte das polierte Holz mit müheloser, vertrauter Grazie.
»Was ist ein Bogatyr?«, fragte ich Logan, als er mir meinen Kampfstab gab. »Alexei hat erklärt, er wäre einer.«
Zusammen beobachteten wir Alexei bei seinen Kampfübungen. Er hatte ein kurzes Aufwärmtraining durchgezogen und wirbelte die Waffe jetzt wieder und wieder im Kreis, während er sie in einer Reihe komplizierter Bewegungen von einer Hand in die andere übergab. Er schien nicht die Superstärke eines Wikingers zu besitzen, aber irgendetwas an seinen Bewegungsabläufen – an der Eleganz, mit der er von einer Angriffsposition in die nächste wechselte – verriet mir, dass er so gefährlich war wie jeder andere Krieger auf Mythos. Alexeis Stab wirbelte schneller und schneller in seinen Händen, bis er nur noch ein Schatten war, der die Luft um den Bogatyr verdunkelte. Hätte ich es nicht besser gewusst, hätte ich ihn für eine Art Tänzer gehalten – weil seine Bewegungen so flüssig und elegant waren.
»Bogatyri sind mythische russische Krieger«, erklärte Logan. »Sie sind ähnlich schnell wie Römer, aber die Art, wie sie sich bewegen … so etwas habe ich vorher noch nie gesehen.«
»Du meinst, weil es aussieht, als würde er tanzen, nicht kämpfen?«
Logan nickte. »Ich habe Trainer Ajax sagen hören, dass ein Kampf für die Bogatyri quasi ein Tanz ist . Und je länger ein Kampf dauert, desto stärker werden sie, weil sie sich darauf trainieren, immer in Bewegung zu bleiben, immer anzugreifen. Sie haben eine unglaubliche Ausdauer. Die meisten von ihnen kämpfen
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