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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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Amerikanische Sache. Ich werd’ wieder ein richtiger Kommandant, ist das nicht klasse?«
    »Glückwunsch. Also alles? Alle meine Sachen?«
    »Ja. Soll ich’s aufzählen, oder was? Die Minidiscs, die CDs, das Werkzeug. Cellgate, Categorygate, Fostergate, Zombogate, Terra Firma, Basenverzeichnis, Informanten, Depots, alles über die W, Thailand, Israel, Japan, Sacramento, der grüne VW -Bus, Doc Rock, die Musikantin …«
    »Schon gut«, unterbrach Beate, »hab’s kapiert.«
    Angeber, dachte sie. Einschüchtern wollte er sie, mit dem Finger drin rumstochern, und andeuten, er habe sich Kopien gezogen. Fies, aber doof: Das war natürlich schon rein technisch unmöglich. Die Unprofessionalität dabei ärgerte Bea am meisten: Natürlich war nicht damit zu rechnen, daß man dieses Gespräch abhörte, aber wenn irgendwo bei ihr oder ihm in der Nähe – im Busch, dachte sie mit Blick auf die Umgebung – mit einem Richtmikrofon rumstand, war sein Gerede schlimmer als unvorsichtig.
    »Muß ich die Sachen selber abholen?«
    Er lachte: »Na ja, es sind deine, oder? Im Ernst: Ich bin übermorgen kurz in der Südschweiz, flüssige Mittel holen, muß dann noch mal zurück nach Berlin. Hab’ aber einen Zwischenstop in Basel, da könnte ich dir den Kram übergeben. Zwei schmale Koffer, was sagst du?«
    »Ich kann’s mir nicht aussuchen. Machen wir’s so.«
    »10 Uhr morgens, am Kiosk unten im Badischen Bahnhof.«
    »O.k. Tschüß.«
    »He, was ist das für ’ne Art? Würgst mich einfach ab, wo ich dir doch einen Gefallen …«
    »Sollen wir uns jetzt noch übers Wetter und die Rente unterhalten, oder was?«
    Er wurde ernst: »Ich hab’ die Musikantin getroffen. Sie redet nur mit Hochachtung von dir.«
    »Hmpf«, machte Beate unverbindlich. Er sollte nicht merken, daß er sie jetzt doch noch dazu gebracht hatte, sich ins Milieu zurückzuwünschen, denn genau darum ging es ihm natürlich, wenigstens ein bißchen: Er wollte sie aufziehen, dafür, daß sie ihre Talente verkommen ließ, und die vielen besten und schlimmsten möglichen Welten, im Namen von Il faut cultiver notre jardin.
    Beate gestand sich ein, daß sie das freute: Die Musikantin, nie wortbrüchig, immer großzügig, war eine ihrer angenehmsten Kundinnen gewesen, solange sie zurückdenken konnte, man kannte sich noch aus den vorprofessionellen, den politischen Zeiten. Der Wahrheit die Ehre: Beate hatte sich, seit sie in Freiburg lebte, sogar gelegentlich gefragt, was die Frau wohl gerade trieb, ob sie immer noch so interessiert war an den W, und ob sie Beates Dienste eines Tages vielleicht wieder brauchen könnte.
    »Es geht ihr blendend. Sie ist in Deutschland, hast du das gewußt?«
    »Du kannst mir viel erzählen.«
    »Leider nicht, Claudia. Leider nicht: keine Zeit«, lachte der Nicht­russe und unterbrach grußlos die Verbindung,
    Kinder kreischten auf dem Rasen, hinter Hecken, am Rande des froschgrün welligen Geländes mit dem hohen Freizeitwert. Beate runzelte die Stirn.
    Nein, ganz einfach war sie nicht, die Nummer mit dem Neubeginn.
    4  Wo, zum Teufel? Wo hat sie’s?
    Es war nicht rauszukriegen. Vielleicht gab’s nichts zu finden. Vielleicht sollte er aufhören, danach zu suchen, bevor ihn das, was er schließlich finden mochte, einfach wg. Banalität beschämen konnte, oder wg. Peinlichkeit: Hundepornos, Geschenke für ihn, dicke Geldbündel, die geheime Taschen verstopften.
    Einerseits.
    Freddy kniete neben dem Fernsehpodest, das er auf dem darunterliegenden dunkelblauen Läufer zwei Dezimeter nach vorn geschoben hatte. Auch hier war kein Umschlag mit geheimen Dokumenten, kein Kokspäckchen, keine Mikrofilmrolle drin. Sollten seine hysterischen Ahnungen ihn komplett irregeführt haben?
    Er schnaubte: »Zum Mäusemelken. Ich hätte schwören können …«
    Was? Worauf hatte er gespitzt, schon damals, in der Fernbeziehungszeit, eigentlich bereits in Frankfurt auf der Messe, als sie plötzlich, mitten auf der Straße, auf dem Weg zu ihrem Auto – Bea und Freddy hatten gerade Telefonnummern getauscht und sich voneinander verabschiedet –, stehengeblieben war wie Mickeys Hund Pluto in diesem klassischen Jagd-Cartoon, erstarrt, gespannt, den Blick die Häuserreihe lang nach weiß Gott wohin gerichtet, wie in Erwartung eines breiten, turmhohen Raubtiers, das sich gleich auf sie stürzen, gegen das sie sich aber durchaus zu wehren wissen würde?
    Als er sie später danach fragte, hatte sie’s als Zerstreutheit abgetan, aber er glaubte bis heute,

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