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Für immer in Honig

Für immer in Honig

Titel: Für immer in Honig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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der Ehemann ihrer Cousine, da ausgedacht hatte.
    »Vielleichssst sollste… test … es dein Eltern erzähln«, mutmaßte Christina mulmig und griff erneut nach der Freixenet-Flasche.
    »Sag mal, spinnst du?« ereiferte sich Sarah, sich aufrichtend und Valerie dabei sanft, aber bestimmt von sich stoßend, die sich deshalb jetzt gerade hinsetzte.
    »Ihren Eltern erzählen? Nicht bloß der Typ kann dann Riesenschwierigkeiten kriegen, das soll egal sein. Aber Valerie wird …«
    »Ich würde Tag und Nacht keine Ruhe mehr haben. Die werden denken … Mann: ›frühreif‹ sagt mein Alter eh immer. Der hat Angst, daß ich allein dadurch, daß ich älter werde, alle Typen, die es überhaupt gibt, ich weiß nicht, anmache, nur durchs Rumlaufen und Atmen. Das gibt riesige Probleme, da hat Sarah recht.«
    »Die Frage ist, ich wiederhole, also bloß«, sagte Sarah und piekste Valerie mit ausgestrecktem Zeigefinger vorsichtig keß in den Bauch, zwei Zentimeter überm freiliegenden Bauchnabel, »ob sie mitmacht oder nicht.«
    »Er will mich in Galerien mitnehmen, und auf Konzerte, und, na ja …«
    »Och, schau, sie ist schon ganz verknallt! Die kleine Prinzessin in der großen weiten Welt!« lästerte Sarah. Valerie streckte ihr die Zunge raus, bevor sie sagte: »Am Arsch verliebt! Sei nicht wieder so typisch.«
    »Wer, ich?«
    »Du bist immer so typisch zu mir. Laß das. Aber, also … ich würd’ ja sofort ja sagen. Aber ich hab’ Schiß, daß er, na ja …«
    »Daß er’s anders meint. Daß er am Ende wirklich auf dich steht«, sagte Sarah, jetzt ohne ihre sarkastische Schärfe. Christina fing wieder an, sich mit den Fingern in den Locken rumzukämmen, und seufzte: »Uuhh, das … das wär’ eeecht übel. Alte Männer. Buäärks.«
    »Richtig. Also: Problem. Nur, Valeriechen, wie wahrscheinlich ist das? Was meinst du, wie schätzt du ihn denn ein, deinen komischen Kavalier?«
    Valerie zog die Brauen über der Nase zusammen, es sah, wie immer, fand Sarah, so süß aus wie drei japanische Mädchencomics auf einen Schlag.
    »Hmm. Nein. Nee. Ernsthaft: Ich glaub’ eigentlich nicht. Es war ihm alles ja selber peinlich. Er hat den größten, den allergrößten Wert drauf gelegt, daß ich nicht … Ich glaube, der hat eher Angst, ich könnte am Ende für ihn schwärmen. Hat mir die Sache bestimmt dreihundertmal erklärt.«
    Robert Rolf hatte sich tatsächlich in seinen Argumenten verknotet wie in einer Brezel, als stünde er vor dem Jüngsten Gericht. Entsprechend kühl, sachlich, freundlich interessiert, fast damenhaft, hatte sich dadurch Valerie betragen können, beim ersten Sondierungsgespräch in der kleinen Eisdiele unterhalb des S- und U-Bahnhofs Friedrichstraße, der mit dem Hasen als Symbol. Ein Spaghetti-Eis hatte er gegessen, während sie einen Milchkaffee trank. Ein Einfall kam ihr, der sie lächeln ließ: Wer ist hier eigentlich der Teenager und wer erwachsen, wenn man sich anschaut, was wir da so zu uns nehmen?
    Seine Motive, das seltsame Dramolett überhaupt in Angriff zu nehmen, waren ihr auch nach dieser Unterhaltung nicht ganz klar. Der Wahrheit die Ehre: Er verstand sich selbst nicht recht. Die erste Gruselspannung nach der Abmachung mit Michael Beer im ZKM war ja längst verflogen, aber … aber? Warum stiftete er diesen Unfug, aus dem es, wie er wußte, kein Zurück mehr geben würde, falls Valerie einwilligte?
    Der offensichtlichste Grund, nämlich ein mögliches Problem mit seiner wirklichen Beziehung, war rein spekulativ: Natürlich konnte er sich mit ein wenig Mutwillen fragen, ob das neue, verantwortungsvolle Zusammenleben mit der Freundin in Berlin eigentlich noch so aufregend war wie die romantische Anfangszeit dieser Geschichte, als man in verschiedenen Städten lebte und jedes Treffen daher Urlaub bedeutete.
    Aber diese Deutung war so konstruiert wie eingängig, und der wahre Anlaß, sich in den frivolen Quatsch zu stürzen, eher anderswo zu suchen: Sein Hirn tat ihm weh, sein Schreiben schmeckte schlecht, seine Arbeit bei der Zeitung wuchs in ihn hinein wie ein Goldzahn ins Zahnfleischbett. Die größte Angst seines Lebens, die ihn schon in Köln, bei »Spock«, gewürgt hatte, saß ihm nachts wieder auf der Brust, wenn er nicht einschlafen konnte: Ob er nicht selbst so ein von keiner Wirklichkeit noch Wahrheit mehr erreichbarer Fertigintellektueller wurde, über der Zeitungsschreiberei, einer, dem es über der Routine der Her stellung von Beziehungen zwischen irgendwelchen Sätzen über ir

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