Gaelen Foley - Amantea - 03
schaffte er es, nach außen hin gelassen zu wirken. Er legte ihr den Arm um die Schultern und zog sie beschützend an sich. Sanft drückte er ihr einen Kuss ins Haar. „Liebling, ich würde niemals zulassen, dass dir etwas geschieht“, flüsterte er. „Ich selbst möchte es nicht erleben, aber wir alle müssen unseren Ängsten gegenübertreten. Ich verspreche dir, dass dir die besten Ärzte zur Verfügung stehen werden.“
„Kein Arzt kann die Natur beherrschen.“
Zärtlich küsste Rafael sie auf die Schläfe. „Nein, meine Liebe. Nur Gott kann das. Doch ich kann mir nicht vorstel- len, dass er dich mir wegnehmen würde, nachdem ich dich nun endlich gefunden habe.“
„Mich gefunden?“ fragte Daniela bitter. „Du hast mich nur geheiratet, weil du mich benutzen wolltest, Rafael.“
Einen Moment sah er ihr tief in die Augen, als gäbe es et- was, was auch er ihr gestehen wollte. Doch um seinen Mund bildete sich ein grimmiger Zug, und Rafael sagte nichts.
Dann stand er auf, strich sich mit der Hand durchs Haar und ließ Daniela allein zurück.
Drei Tage lang beschäftigte sich Rafael ausschließlich mit seinen Aufgaben als Prinzregent. Da war es leicht, Daniela aus dem Weg zu gehen. Wenn er mit seiner jungen Frau in der Öffentlichkeit auftrat oder sie gemeinsam zu Bällen gingen und das glücklich verheiratete Paar spielten, fühlte er sich
innerlich angespannt. Er verbrachte die meiste Zeit im Ver- waltungsflügel des Palastes, während sie – auf seine Anwei- sung hin – in ihrem Gemach im zweiten Stock zu verweilen hatte.
Er verzehrte sich vor Begehren und vor Liebe, was ihn zu- tiefst ängstigte. Dennoch weigerte er sich, sie fortzuschicken. Wenn er das getan hätte, wäre es einem Eingeständnis ge- genüber Don Arturo, dem Bischof, Adriano und allen ande- ren, die ihn vor ihr gewarnt hatten, gleichgekommen. Das wollte er nicht tun. Er hatte vor Gott und seinem Land ei- nen Schwur getan. Nun musste er sein Gesicht wahren und wollte sie auch nicht verlieren.
Warum das so war, verstand er selbst nicht.
Die Erinnerung an ihre süße Hingabe in jener Nacht auf dem Boot, als ihr unschuldiges Gesicht vor Leidenschaft ge- rötet war, verfolgte ihn während der Tage, die sich endlos hinzuziehen schienen.
Er war so übermäßig selbstbewusst gewesen, dass er gleich zu Beginn ihrer Bekanntschaft geglaubt hatte, sie verführen zu können. Doch in Wahrheit war Daniela es gewesen, die ihn verführt hatte. Und das behagte ihm ganz und gar nicht.
Es war Donnerstag am späten Nachmittag, als sein Ma- gen knurrte und ihn daran erinnerte, dass er wieder einmal vergessen hatte, mittags etwas zu sich zu nehmen.
Er dachte über den Bericht nach, den er gerade zu Ende gelesen hatte, und die Vorstellung, nun etwas zu essen, er- schien ihm ganz und gar nicht angenehm. In der Abhandlung ging es um seinen Verdacht auf Gift in der königlichen Kü- che, der jedoch nicht bestätigt worden war. Obgleich die an- gesehensten Wissenschaftler der Universität alles eingehend untersucht hatten, war nicht einmal der Hauch eines Ver- dachts sichtbar geworden. Bisher waren die Katzen, die als Vorkoster benutzt wurden, gesund geblieben, aber dennoch verschlug es Rafael den Appetit.
Er rief also seinen Sekretär, um den nächsten Besucher zu ihm hereinzuführen.
Der fettleibige Conte Bulbati schritt in den kleinen Salon und hielt seine unförmige Nase hochmütig in die Luft. Es war eindeutig, dass er zu jenen gehörte, die Rafael di Fiore als Herrscher nicht ernst nahmen.
Doch es waren kaum zehn Minuten vergangen, da schwand Bulbatis Hochmut immer mehr. Er hatte angefangen zu schwitzen.
Rafael fuhr fort, ihn mitleidlos bloßzustellen, da er wusste, wie sehr dieser Mann Daniela gequält hatte. Dem Prinzen war klar, dass er früher oder später seine Gattin um Verzei- hung bitten würde, und wollte dafür ein Präsent haben, das er ihr zu Füßen legen konnte.
Bulbatis Steuerverzeichnis lag offen auf seinem Schreib- tisch.
„Eine sehr ungewöhnliche Art des Hofierens, Conte“, knurrte Rafael, als er von den geschickt gefälschten Zahlen- reihen aufsah. „Meinten Sie wirklich, sie heiraten zu können, indem Sie sie ans Hungertuch bringen?“
Bulbati wischte sich sein teigiges Gesicht mit einem Ta- schentuch ab. Sein Schweißgeruch erfüllte den ganzen Raum. „Ich kann nicht begreifen, dass Ihre Hoheit mich beschuldi- gen ...“
„Nun hören Sie gut zu, Conte. Es reicht, wie Sie ständig meinen Fragen ausweichen. Wir
Weitere Kostenlose Bücher