Gefährliche Flucht - zärtliche Eroberung
Betsy sein.“
„Ja, Mylady. Betsy Porter.“ Wieder lächelte die junge Bedienstete schüchtern. „Soll ich das Tablett dort auf dem Tisch abstellen?“
„Das wäre schön. Sag, Betsy, wer hat all diese Bilder gemalt, die hier hängen?“
„Oh, die verstorbene Countess. Hat den Pinsel nicht aus der Hand gelegt bis kurz vor ihrem Tod, sagt Mrs. Babcock.“
„Wann starb sie?“
„Vor fünf Jahren, glaub ich. Ich war damals noch nicht hier.“ Das Mädchen setzte das Teetablett ab und deutete auf die Schneeglöckchen. „Ich hoffe, die Blumen gefallen Ihnen. Mrs. Babcock trug mir auf, sie für Sie zu pflücken.“
„Sie sind wunderschön, Betsy, und ich mag sie sehr, vielen Dank.“
Betsy strahlte. „Ich komme dann eine halbe Stunde vor dem Dinner und helfe Ihnen beim Ankleiden, Madam.“ Sie knickste und war im nächsten Moment verschwunden.
Madeline sah dem Mädchen nach. Nach ihren bisherigen Eindrücken zu urteilen, schienen die Dienstboten von Trethevyn sie zu mögen – weit mehr jedenfalls als ihr Herr. Plötzlich fiel ihr etwas ein. Sie lief zur Tür und öffnete sie schwungvoll. „Betsy, könntest du mir bitte …“
Doch von dem Mädchen war nichts mehr zu sehen.
Nun, dann würde sie eben gleich noch einmal nach Betsy läuten, damit sie ihr heißes Wasser brachte. Madeline ließ die Tür angelehnt und ging zur Chaiselongue. Eine Tasse Tee war genau das, was sie jetzt brauchte.
„Max, komm sofort her!“
Nichts geschah, und Lucien stieß den Atem aus. Der Teufel sollte diesen verwünschten Hund holen. Da war er noch keine fünf Minuten zurück, und die treulose Töle verschwand einfach. Wütend riss er die angelehnte Tür auf und marschierte aus der Bibliothek.
„Max ist mir fortgelaufen“, ließ er Mrs. Babcock wissen, mit der er im Korridor um ein Haar zusammenstieß.
„Ach, wie furchtbar.“ Amüsiert musterte die Haushälterin Luciens grimmige Miene, die dunklen Ringe unter seinen Augen und die steile Falte zwischen seinen Brauen, die immer dann erschien, wenn er zutiefst gekränkt war. „Ich kann mir gar nicht vorstellen, weshalb, Mylord. Außer vielleicht, weil Sie so aussehen, als hätten Sie in eine Zitrone gebissen. Die Reise hierher muss anstrengend gewesen sein.“
Der Blick, der sie traf, hätte jede andere Frau zu einer hastigen Flucht veranlasst, aber Mrs. Babcock war aus härterem Holz geschnitzt. „Ich hoffe, das arme Mädchen ist nicht zu Tode erschrocken, wenn Sie es so angesehen haben.“
„Mrs. Babcock …“, begann Lucien in einem Ton selbstgerechter Entrüstung.
Die Haushälterin unterbrach ihn. „Hören Sie auf, so großspurig daherzureden, Sir. Der Hund ist doch kein Trottel. Und wenn Sie so miesepetrig gelaunt sind, lässt er Sie eben sitzen und sucht sich eine Treppe höher angenehmere Gesellschaft.“
„Max ist oben?“, fragte Lucien alarmiert.
Mrs. Babcock nickte. „Ich hab ihn die Stufen raufrennen sehen, als wär er einem Kaninchen auf den Fersen.“
„Du lieber Himmel. Madeline befindet sich da oben, und Max ist unberechenbar mit Fremden.“ Lucien wollte losstürmen, doch die Haushälterin hielt ihn am Ärmel fest. „Keine Sorge, Sir. Die Tür zum Gemach Ihrer Ladyschaft ist verschlossen, und wir hätten es längst gehört, wenn es nicht so wäre.“
Lucien fuhr sich durchs Haar. „Das ist richtig. Aber wenn Max sich so still verhält, stellt er meistens irgendetwas an. Ich gehe besser nachsehen.“
„In einer Stunde wird das Dinner serviert, Mylord.“ Mrs. Babcock machte sich auf den Weg zur Küche.
Vermaledeiter Köter. Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, eilte Lucien die Treppe hinauf. Wahrscheinlich zerbiss Max ihm gerade seine teuersten Stiefel. In den ganzen zehn Jahren, seit er ihn besaß, hatte er dem Hund seine unglückselige Vorliebe für feines Leder nicht abgewöhnen können. Lucien bog in den Korridor ein, in dem die Räume der Countess lagen. Tatsächlich schienen alle Türen geschlossen zu sein – bis auf eine: die zu dem Zimmer, das seine Frau bewohnte. Ihm brach der Schweiß aus. „Max!“, brüllte er, rannte den Gang entlang und stürzte in das Schlafgemach, in der Erwartung, Madeline mit dem Rücken an der Wand vorzufinden, in Schach gehalten von einem zähnefletschenden Max.
Der Anblick, der sich ihm stattdessen bot, veranlasste Lucien, wie angewurzelt stehen zu bleiben. Madeline saß auf der Chaiselongue, der riesige schwarze Hund lag quer über ihrem Schoß und drehte mit sichtlichem Behagen den Kopf
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