Gefangene des Feuers
lassen. Der gramgebeugte Ehemann hatte sich dann ein Gewehr genommen und ein paar der Cowboys erschossen. Offensichtlich war der Mann außer sich vor Trauer gewesen und hatte nicht mehr gewusst, was er tat. Für Atwater war es nichts als ausgleichende Gerechtigkeit gewesen.
Seine eigene Frau war im Jahre 1849 gestorben, als sie in eine Schießerei zwischen ein paar betrunkenen Minenarbeitern in Kalifornien geraten war. In diesem Fall hatten Recht und Gesetz Hand in Hand gearbeitet, sodass er die beiden Kerle wenig später am Galgen hatte baumeln sehen können. Das hatte ihm Maggie zwar nicht zurückgebracht, aber es hatte ihn zumindest davor bewahrt, vor Trauer schier verrückt zu werden. Nach Atwaters Meinung mussten die Dinge sich die Waage halten - das war für ihn Gerechtigkeit. Und seine Aufgabe als Gesetzeshüter sah er eben darin, für ausgleichende Gerechtigkeit zu sorgen. Manchmal war es nicht einfach, und manchmal war es eine verdammt haarige Angelegenheit, so wie in diesem Fall.
Er wünschte, ihm wäre nicht aufgefallen, dass McCay Annie genauso ansah wie er früher seine süße Maggie.
18. KAPITEL
Wir werden heiraten!“, verkündete Rafe.
Annie senkte den Blick. Sie war mit Rafe in einem Hotelzimmer in El Paso, doch die Tür stand immer noch offen. Sie war sich Marshal Atwaters Gegenwart nur zu deutlich bewusst. Denn der stand im Flur und ließ Rafe nicht aus den Augen. Sie waren jetzt seit sechs Wochen unterwegs, doch der Marshal hatte Rafe erst an diesem Morgen losgebunden. Natürlich nicht, ohne ihm mit auf den Weg zu geben, dass er zuerst schießen würde, ehe er Rafes Absichten hinterfragte, sollte der eine falsche Bewegung machen. Annie bezweifelte, dass sie es überhaupt bis in die Stadt schaffen würden, aber sie brauchten dringend neue Vorräte, und Atwater wollte sie nicht zurücklassen und allein in die Stadt reiten. Rafe hatte ihn dann irgendwie zu diesem Hotel überredet, damit Annie sich endlich einmal richtig ausschlafen konnte. Und sie wusste auch, warum er sich Sorgen um sie machte.
„Weil ich schwanger bin.“ Es war eine Feststellung, keine Frage. Seit einem Monat war sie sich sicher, da ihre Monatsblutung ausgeblieben war. Im Grunde wusste sie es jedoch schon seit dem Tag im Lager der Apachen, als Rafe sie geliebt hatte. Und offensichtlich hatte er das Gleiche vermutet, denn mit seinem scharfen Auge entging ihm nicht die kleinste Veränderung.
Sie wusste nicht, wie sie sich fühlte, nicht einmal, was sie fühlen sollte. Vermutlich Erleichterung, weil er sie heiraten und dem Baby einen legitimen Namen geben wollte. Doch sie fragte sich traurig, ob er sie auch heiraten würde, wenn sie nicht schwanger wäre. Wahrscheinlich war es unter den gegebenen Umständen albern von ihr, überhaupt so eine Frage zu stellen, aber sie hätte es gern gehabt, wenn er sie um ihrer selbst willen wollte.
Als Rafe den Schmerz in ihren Augen sah, gab sein Instinkt ihm die Antwort ein, die sie brauchte. Es war ihm so sehr zur Gewohnheit geworden, sie genau zu beobachten, um herauszufinden, ob sie schwanger war oder nicht, dass er auch die kleinste Veränderung in ihrer Miene mitbekam. Ungestüm zog er sie in die Arme, drückte ihren Kopf gegen seine Schulter und hielt sie zärtlich umschlungen, ohne auf Atwater zu achten, der im Gang stand und sie beobachtete. „Wir heiraten jetzt, weil du schwanger bist“, erklärte er. „Ansonsten hätte ich noch ein bisschen damit gewartet, bis die ganze Sache bereinigt ist, damit wir richtig in der Kirche heiraten könnten -mit Atwater, der dich zum Altar führt.“
Sie lächelte; seine Worte beruhigten sie ein wenig. Und dennoch musste sie daran denken, dass Heirat vorher nie ein Thema gewesen war. Doch als er sie jetzt in den Armen hielt, konnte sie nicht anders als die Augen zu schließen und sich zu entspannen. Es erschien ihr wie eine Ewigkeit, dass er sie zuletzt so gehalten hatte. All die langen Wochen, die sie schon unterwegs waren, hatten sie sich wegen Atwater und Rafes gefesselten Händen zurückhalten müssen, auch wenn der Marshal ihm schließlich die Hände nach vorne gefesselt hatte. Seit zwei Wochen wurde sie nun schon von einer wachsenden Müdigkeit geplagt, ein erstes Symptom ihrer Schwangerschaft, und sie hatte sich nach seinem Halt gesehnt. Es hatte sie unendlich viel Kraft gekostet, sich überhaupt noch im Sattel zu halten.
Jetzt konnte sie endlich wieder in einem richtigen Bett schlafen und ein heißes Bad in einem richtigen Zuber
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