Gefangene des Scheichs: Erotischer Roman (German Edition)
Boden steinig-hart war. Sie hielt sichmöglichst dicht hinter ihrem Führer, während sie auf einen Gebirgszug zuritten, der sich wie ein bizarres Monument gegen den nachtschwarzen Himmel abhob.
Absolute Stille. Nur das Schnauben der Pferde und das Trappeln der Hufe waren zu vernehmen. Die beiden Reiter schienen die einzigen Menschen in diesem dunklen Ozean aus Sand zu sein. Victoria wollte sprechen, doch sie genoss die Stille zu sehr, um die Stimme zu erheben. Es wäre einer Gotteslästerung gleichgekommen. Einer Beleidigung dieser mächtigen Schöpfung, mit der sie zu verschmelzen schien. Nie zuvor hatte sie auch nur annähernd Gleiches empfunden. Dies war die Allmacht Gottes. Hier wurde sie sinnfällig. Greifbar selbst für einen Blinden und Tauben, denn sie machte einen zum Teil dieser Allmacht. Jetzt erst begriff sie Whitbys Leidenschaft für die Wüste wirklich.
Sie waren bereits einige Zeit geritten, hatten aber gerade mal den Fuß der Berge erreicht, als ihr Scout mit Schwung aus seinem Sattel sprang und die Zügel ihres Pferdes ergriff.
„Wir werden hier eine kurze Rast machen“, sagte er mit leichtem Akzent.
„Jetzt schon?“, erwiderte Victoria verblüfft.
„Die Pferde müssen ausruhen vor dem Aufstieg.“ Mehr sagte er nicht. Stattdessen führte er sie hinter einen Felsvorsprung und entzündete dort ein Feuer. Die heißen Flammen taten ihr gut. Sie entspannte ihre Muskeln, indem sie sich reckte und wohl auch gähnte, obwohl sie nicht müde war.
„Mein Name ist Ali“, sagte ihr Begleiter unvermittelt.
„Victoria“, antwortete sie ohne überflüssige gesellschaftliche Konventionen zu beachten.
„Ihre Gnaden hat mich über Ihr Vorhaben in Kenntnis gesetzt. Wir überqueren heute Nacht noch den Pass über den Etsch A’llah. Wenn alles gut geht, sind wir bei Sonnenaufgang in Nirbut. Das ist ein kleiner Ort am Geraan-Fluss.“
Überfordert von den fremd klingenden Namen, lauschte Victoria nur, konnte sich aber keinen einzigen merken.
„Wir werden dort den Tag über bleiben. Sobald es dunkel wird, reiten wir mit neuen Pferden weiter. In der Nacht erreichen wir dann das Gebiet der Sidi Ouaiett. Das ist der Stamm der Mutter des Majors.“
„Werden wir sie treffen? Weiß sie von seinem Tod?“
Ali blickte in die Ferne.
„Nein. Sie lebt schon lange nicht mehr.“ Seine Stimme verriet, dass er mehr wusste, als er zu sagen bereit war. Eine gewisse Trauer schwang in seinen Worten mit, die Victoria nicht entging.
„Schon lange?
„Ja.“
Sie musste alles über Whitbys Leben erfahren. Und dazu gehörte auch seine Mutter. „Wie viele Halbgeschwister hat Major Whitby?“ Es wäre ja möglich, dass einer von ihnen ihr Stoff liefern konnte.
Ali sah sie mit zusammengepressten Lidern an. „Halbgeschwister?“
„Ja. Sie hat doch einen Einheimischen geheiratet, nachdem …“ Weiter kam sie nicht.
Alis Kiefer mahlten. Seine Züge wurden kalt wie Eis. „Nichts dergleichen hat sie getan. Sie hat sich getötet, nachdem man ihr Mann und Kind genommen hatte.“
Victoria war geschockt. Mit angehaltenem Atem starrte sie ihren Scout an und brauchte einige Zeit, um sich so weit zu fassen, dass sie wenigstens ein
Aber
formulieren konnte. „Man sagte mir doch …“
Ehe sie den Satz beendet hatte, schüttelte er energisch den Kopf. „Alles Lügen. Sie ist tot. Aber das war sie schon, bevor sie das Messer in ihr Herz bohrte. Man nimmt einer Frau nicht den Mann, den sie liebt, ohne dass …“
Er sprach nicht weiter, doch das war auch nicht nötig. Victoria wusste nur allzu gut, was er meinte.
„Versuchen Sie jetzt, ein wenig zu schlafen. Die Überquerung wird mühsam“, sagte er barsch und drückte Victorias Reisetasche zu einem unbequemen Kissen hinter ihr zusammen.
Sie legte sich hin, zog die mitgebrachte warme Decke über ihre Schultern hoch und schloss wohl auch die Augen. Doch an Schlaf war nicht zu denken. Zu bewegt war sie vom grausamen Schicksal dieser Frau, von dem nur ein paar magere Sätze die Zeit und die Qualen überdauert hatten. Zu nahe fühlte sie sich jetzt dem entwurzelten Mann, dem ihr Herz gehörte, und den sie ebenso verloren hatte wie seine Mutter den Mann, den wiederum sie geliebt hatte. So sehr geliebt hatte, dass ihr ein Leben ohne ihn nicht mehr möglich gewesen war.
Als Ali sie einige Zeit später am Arm rüttelte, hatte sie nicht eine Minute geschlafen. Sofort stand sie auf, dehnte ihre schmerzenden Glieder, die den harten Untergrund nicht gewohnt waren, und stieg
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