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Geheime Macht

Geheime Macht

Titel: Geheime Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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Silhouette auf. Damit hatte sich diese Hoffnung zerschlagen.
    Die Bestie trat einen Schritt vor. Die Hälfte des Körpers beugte sich herab – das Wesen senkte den Kopf. Ich hörte es schnuppern. Staub wurde vom Boden aufgewirbelt. Es nahm unsere Witterung auf. Wenn wir flüchteten, würde es uns einholen. Wenn wir über die Dächer weiterrannten, würden wir irgendwann auf eine Ruine stoßen und wieder zu Boden springen müssen, wo es auf uns warten würde. Nein, wir mussten es töten.
    Neben mir streifte Raphael seine Smokingjacke ab. Darunter trug er eine Doppelscheide aus Leder. Er zog zwei lange Messer heraus und reichte sie mir. Ich hielt sie, während er sich das Hemd auszog. Dann folgten seine Hosen. Ich gab ihm die Messer zurück und zog meinen Rucksack von den Schultern.
    Die Bestie trat einen Schritt vor. Krallen scharrten über den Beton. Ein weiterer Schritt. Und noch einer. Der widerliche Gestank wehte uns entgegen und übergoss mich wie eine Dusche aus kaltem Schleim.
    Ich zog mich zu einem festen Klumpen zusammen.
    Die Bestie trat in einen Lichtfleck, und mein Puls beschleunigte sich. Was ich für eine Mähne aus struppigem Haar gehalten hatte, war ein Gewimmel aus kleinen braunen Tentakeln. Sie wanden, streckten und ringelten sich wie ein Nest aus meterlangen dünnen Regenwürmern. Ich strich den Hals von meiner Liste möglicher Angriffsziele. Sich durch diese Masse aus wimmelndem Fleisch zu krallen oder zu schneiden würde viel zu lange dauern.
    Das Wesen senkte erneut den Kopf, gestützt auf mächtige Beine, die von sandfarbenem Fell überzogen waren. Die langen Klauen an den Vordertatzen kratzten im Staub. Der stämmige Körper war wie ein Rammbock gebaut. Wenn es Anlauf nahm, würde es einfach durch die Wand krachen und dabei nicht einmal langsamer werden. Ich konnte keine Schwachpunkte erkennen. Warum geriet ich immer dann in eine solche Situation, wenn ich kein Sturmgewehr zur Hand hatte?
    Die Bestie hob den Kopf. Große gelbe Eulenaugen blickten genau in unsere Richtung.
    Wir mussten auf den Bauch und die Augen losgehen. Das war unsere einzige Chance.
    Ich berührte Raphael und zeigte auf meine Augen. Er nickte, kauerte sich nieder, spannte die Muskeln an und sprang. Mitten im Sprung platzte seine Haut auf, als sein Körper eine neue, stärkere Gestalt annahm. Ein Mensch hatte den Sprung begonnen, doch ein Bouda in Kriegergestalt führte ihn zu Ende: eine zwei Meter große gefährliche Mischung aus Tier und Mensch, bewaffnet mit tödlichen Klauen und riesigen Fangzähnen in übergroßen Kiefern, die den Oberschenkelknochen einer Kuh knacken konnten wie eine Erdnussschale.
    Ich sprang zur Seite.
    Raphael landete auf dem Rücken der Bestie und stach mit den Messern darauf ein. Blut sickerte aus den Wunden. Das Geschöpf brüllte und ließ sich zu Boden fallen, um sich abzurollen. Raphael sprang herunter und verschwand im Zwielicht. Die Bestie kam wieder auf die Beine und wirbelte herum, wollte sich auf ihn stürzen.
    Ich schlug von der Seite zu und schlitzte dem Wesen mit meinen Krallen die Stirn auf. Es ging zum Gegenangriff über – viel zu schnell. Zähne streiften meine Haut. Ich sprang zurück, und die Bestie setzte mir nach, schnappte mit den Zähnen nach mir. Ich sprang weiter im Zickzack zurück, während sie mich jagte. Das Ding war verdammt schnell!
    Raphael kam aus der Dunkelheit geschossen und rammte seine Messer in die Seite der Bestie.
    Das Wesen beachtete ihn gar nicht. Die Tentakel am Kopf versprühten orangefarbene Funken. Das Licht breitete sich pulsierend aus und erwischte meinen Arm. Ein intensiver Schmerz versengte meine Schulter, wie ein kalter Brand, als hätte jemand meinen Arm enthäutet und flüssigen Stickstoff auf den Muskel gegossen.
    Ich schrie auf und schlug mit meinen Klauen auf die Schnauze der Bestie ein, krallte mich in das empfindliche Fleisch.
    Die Bestie sprang mich an. Das Leuchten pulsierte und packte mich. Schmerzen explodierten in meinem Kopf. Ich konnte mich nicht mehr bewegen, ich konnte keinen Laut von mir geben, ich zitterte nur im Griff der Magie. Die Qual war so stark, dass es sich anfühlte, als würden meine Knochen zersplittern.
    Jemand schnitt mir die Beine ab, die Wände überschlugen sich, und ich stürzte auf den Boden.
    Hinter der Bestie verwandelte sich Raphael in einen Wirbelwind aus Stahl und ließ Blut in die Nacht spritzen.
    Die Bestie heulte.
    Ich versuchte aufzustehen, aber ich konnte meine Beine immer noch nicht bewegen. Ich sah

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