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Gehetzt - Thriller

Titel: Gehetzt - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Wozencraft Baerbel Arnold Velten Arnold
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und versuchte, den Schwall von Fragen zu verdrängen, die im Zeitraffer in ihrem Hirn Gestalt annahmen. Sie schlüpften aus schlichten braunen, aufplatzenden Kokons und flatterten wie Schmetterlinge umher, die in einer Glasglocke gefangen waren, prallten von den gläsernen Wänden ab, die die Wände ihres Schädels waren.
    Sie hätte Diane nicht gehen lassen sollen. Aber sie hatte
sie nicht aufhalten können. Jetzt lief sie da draußen herum, wer wusste schon, was passierte, wenn sie geschnappt würde. Vielleicht ließ sie sich doch auf einen Deal ein. Es war sogar wahrscheinlich, dass sie genau das tun würde. Das machte doch heutzutage jeder - sogar die verdammten Mafiatypen packten bei den Bullen aus, wenn sie geschnappt wurden. Alle zogen die Schwänze ein. Und eins war klar: Die Bullen hatten es eher darauf abgesehen, eine Revoluzzerin, ja sogar eine ehemalige Revoluzzerin, wieder hinter Gitter zu bringen als eine aus ihren eigenen Reihen.
     
    Diane ging mit den anderen Fahrgästen zügig Richtung Ausgang. Sie setzte einen Ausdruck auf wie jemand, der schnell irgendwohin musste, versuchte, von Eile getrieben zu wirken, nicht von Panik. Denk an Penn Station. Denk daran, wie cool Gail und Mel gewesen waren. Denk daran, dir einzureden, dass du keine flüchtige Ausbrecherin bist. Der Bahnhof drehte sich um sie und verschwamm. Sie konzentrierte sich auf die kleinen Dinge, auf eine Frau, die in Stilettos reisen wollte, auf ein junges Mädchen mit pinkfarbenem Haar und so vielen Piercings, dass sein Gesicht aussah, als ob es jeden Moment auszulaufen drohte, auf das leise widerhallende Gemurmel von Menschen auf der Durchreise, Schritten und Gesprächen. Sie sah das Ausgangsschild näher kommen. Sie konnte es bis da hin schaffen. Sie konnte es bis da hin schaffen. Geh einfach weiter.
    Und dann sah sie sie. Da standen sie, die Polizisten und der Hund, di rekt neben dem Hauptausgang. Sie hielten nach jemandem Ausschau, suchten die Bahnhofshalle ab, nahmen die Reisenden genau ins Visier. Diane kannte diesen Blick und diese Positur. Der Hund sah von seinem Hundeführer auf das Treiben vor sich und dann wieder zurück zu dem Hundeführer, die Nase nach oben gerichtet, um Angst zu riechen. Er
stand sprungbereit, spürte die Anspannung, wartete auf ein Kommando.
    Diane drehte nach links ab und steuerte auf einen Bogengang zu. ZU DEN ZÜGEN. Irgendwie den gleichen Weg zurück, den sie gekommen war. Obwohl sie nur noch ihrer Intuition folgte und sich so ver loren vorkam, wie sie sich noch nie in ihrem Leben gefühlt hatte, bewegte sie sich, als ob sie genau wüsste, wohin sie wollte.
    Sie huschte an einer Familie vorbei auf die nach unten führende Rolltreppe.
    Runter, runter, runter, langsamer, als die Zeit verrann. Das Teil kroch förmlich, und Diane lief die sich bewegenden Treppen hinunter, quetschte sich an Koffern vorbei und entschuldigte sich mit ausgesuchter Höflichkeit, wann immer ihr jemand einen missbilligenden Blick zuwarf. Sie erreichte den Bahnsteig, auf dem Zug Nummer 909 stand, der Wanderlust Limited Daily, der Zug, in dem Gail saß und die Coole spielte. Diane ging an dem Zug entlang und musste all ihre Willenskraft aufbieten, nicht wieder einzusteigen und Gail herauszuzerren und zu warnen, was hier ablief. Aber Gail würde sowieso nicht mitkommen, da war sie sich sicher. Und jetzt war es sowieso zu spät. Gail hatte sich entschieden, es lag nicht mehr in Dianes Händen. Scheiß drauf. Geh einfach weiter. Beweg dich, und bleib in Bewegung. Sie tat so, als wollte sie zum vordersten Zugwaggon und ging an diversen Zugbegleitern vorbei, die den Reisenden beim Einsteigen halfen. Diane schlüpfte mit ihrem zweiten Arm durch die Trageschlaufe ihres Rucksacks, sodass er jetzt fest auf ihrem Rücken saß, und schob die Waf fe in ih rem Hosenbund von hin ten nach vor ne.
    Sie hatte jetzt beinahe die Spitze des Zuges erreicht, und ihre Augen folgten den Schienen auf der anderen Seite des Bahnsteigs, die hin ter der Plattform parallel zu dem Strang herliefen, auf dem Gails Zug stand. Auf ihnen stand kein Zug,
und sie mündeten in der Dunkelheit eines Tunnels, der irgendwo enden und wieder nach draußen führen musste. Diane sah hinauf zu den Fenstern des Zuges, den zu besteigen sie vorgab. Sie war jetzt ganz vor ne, da wo die Lokomotivführer an ihrem Schaltpult sitzen mussten. Diane sah den Rücken eines Mannes, drehte sich um und nahm den Bahnsteig hinter sich ins Visier. Die Leute waren emsig mit dem Besteigen des Zugs

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