Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geisterlicht: Roman (German Edition)

Geisterlicht: Roman (German Edition)

Titel: Geisterlicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elaine Winter
Vom Netzwerk:
den rechten Arm vor, während sie mit der linken Hand immer noch die Türklinke umklammerte. Schließlich wusste man ja nie. Obwohl im Keller einer Jahrhunderte alten Burg wahrscheinlich kaum Wesen zu erwarten waren, denen mit einer Türklinke beizukommen war. Und auch Catriona würde sich im Zweifel nicht mit Hilfe eines Metallstücks von ihren Plänen abbringen lassen. Leider konnte Fiona sich inzwischen nicht mehr mit dem Gedanken beruhigen, dass es so etwas wie Geister nicht gab.
    Irgendwie fand Aidan im Dunkeln ihre Hand und zog sie mit sich. Mit tastenden Schritten bewegten sie sich durch die undurchdringliche Schwärze des kleinen Raums. Als etwas Kühles über ihre Wange strich, schrie Fiona erschrocken auf, ließ die Klinke fallen und schlug mit ihrer Linken wild um sich. Wieder traf sie nur Aidan, der unterdrückt aufstöhnte.
    »Tut mir leid. Ich dachte, da wäre was.« Ständig musste sie sich bei ihm entschuldigen, was ihre Laune nicht besser machte.
    »Wahrscheinlich eine Spinnwebe. Oder irgendein Kleidungsstück.« Er klang, als würde er mit zusammengebissenen Zähnen sprechen.
    Oder irgendein Geist. Catriona? Fiona bemühte sich, tief und gleichmäßig zu atmen und daran zu denken, dass ihre Urahnin eigentlich keinen Grund hatte, ihr etwas Böses zu wünschen. Und was, wenn sie Aidan etwas antun will? Der Gedanke, dass sie ihm nicht helfen konnte, wenn sie gar nicht bemerkte, was überhaupt vor sich ging, ließ Übelkeit in ihr aufsteigen. Vor ihr in der Dunkelheit knarrte etwas, dann zog Aidan sie weiter.
    »Wir sind jetzt an der Tür zum Keller. Gleich kommen die Stufen«, warnte er sie.
    Sie wagte nicht, die Füße anzuheben, und schlurfte mit winzigen Schritten vorwärts, aus Angst, unversehens in die Tiefe zu stürzen. Wenn Aidan fiel, würde er sie mit sich reißen. Dennoch wollte sie ihn nicht loslassen. Mit der Fußspitze ertastete Fiona die Kante der obersten Stufe und stieg dann an Aidans Hand langsam die Treppe hinunter. Aus dem Keller schlug ihnen feuchte, muffige Luft entgegen.
    »Wirst du im Dunkeln den Weinkeller finden?«, flüsterte sie, als müssten sie befürchten, ertappt zu werden.
    »Ich glaube schon. Ich bin auf dieser Burg aufgewachsen. Meine Eltern sind erst in die Stadt gezogen, als ich schon in Edinburgh studierte. Dort sind sie dann kurz nach ihrem Umzug bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen.«
    »Arthurs Eltern sind auch gestorben, als er noch sehr jung war. Ebenfalls bei einer Art Verkehrsunfall, in ihrer Kutsche nämlich«, entfuhr es ihr. »Was für ein seltsamer Zufall!«
    »Arthur? Wen meinst du?« Sachte zog er sie weiter.
    »Arthur MacNaughton«, erklärte sie angesichts seiner Unwissenheit erstaunt. »Er war einer deiner Vorfahren und wird in den Aufzeichnungen oben im Turmzimmer erwähnt. Ich dachte immer, Familien wie deine könnten ihre Vorfahren bis mindestens ins Mittelalter lückenlos aufsagen.«
    Aidan lachte leise, und die warmen, tiefen Töne aus seiner Kehle rollten an den Steinwänden entlang und kullerten als sanftes Kribbeln über Fionas Haut. Dieses Gefühl hatte nichts mit ihrer Angst vor dem dunklen Gemäuer zu tun – dennoch ignorierte sie es krampfhaft.
    »Mein Vater musste als Kind tatsächlich noch unsere Ahnenreihe auswendig lernen. Er hat es gehasst und mir deshalb praktisch verboten, mich mit der Geschichte meiner Familie zu befassen. Es gibt eine Ahnengalerie im Westturm, aber die war während meiner Kindheit immer abgeschlossen. Mein Vater war ein Kunstkenner, und er fand die Gemälde schrecklich.«
    Während er sprach, führte Aidan sie Schritt für Schritt die Treppe hinunter. Es war nicht nur seine Hand, die sie durch die Dunkelheit geleitete, sondern auch seine Stimme. Fiona folgte ihm und vergaß langsam ihre Angst.
    »Ich wäre als kleiner Junge allerdings lieber hinauf in den Turm gegangen und hätte mir die Bilder meiner Vorfahren angesehen, als hinunter in diesen Keller zu steigen. Wenn wir Gäste hatten, schickte mein Vater mich manchmal in den Weinkeller. Obwohl er wusste, was für eine schreckliche Angst ich davor hatte. Ich bildete mir steif und fest ein, dass es hier Geister gab. Zumindest einen Geist.«
    »Einen Geist? Du hast sie gesehen?« Wieder blieb Fiona auf einer der schmalen, ausgetretenen Steinstufen stehen. Sie umklammerte Aidans Hand und wandte unbehaglich den Kopf hin und her, weil sie sich plötzlich einbildete, einen eisigen Hauch im Nacken zu spüren. War ein so zarter Geist wie Catriona in der Lage,

Weitere Kostenlose Bücher