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Geisterstadt

Geisterstadt

Titel: Geisterstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stacia Kane
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dies durch die Anwendung derart schwarzer Magie, dass ich davor zurückschrecke, sie hier zu beschreiben. Siehe Baldarel.
    Baldarel? Was war denn das ... ach. Ein anderes Buch. Vom Gebrauch der Geister von August Baldarel. Sie zog das schmale Bändchen - eigentlich war es kaum mehr als ein Heft - aus dem Regal und begann zu lesen.
    »Cesaria! Da bist du ja. Ich habe überall nach dir gesucht.« Lauren stand mit verschränkten Armen in der Tür und zog einen Flunsch.
    Chess schenkte ihr keine Beachtung. »Ich recherchiere hier ein bisschen zu unserem Fall...«
    »Aber nicht jetzt. Sie trennen Vanhelm gleich von seinem Geist und bannen ihn. Los, komm!«
    Sie drehte sich um und stöckelte ohne einen Blick zurück davon. Himmel, mit der war es ja auf der Arbeit fast so lustig wie in letzter Zeit mit Terrible. Da wurde Chess doch gleich ganz warm ums Herz.
    Aber sie stellte das Buch zurück, griff sich ihre Tasche und ging hinterher. Lauren war schon an der Treppe angekommen. Chess weigerte sich, ihr nachzurennen, holte sie aber trotzdem auf halbem Weg die Treppe hinunter ein.
    »Warum hast du nicht ...?«
    Der Rest ging im Heulen einer Alarmsirene unter, die wie eine glühende Klin ge durch ihre Gedanken schnitt. Was zur Hölle ... ? Der Alarm - das Gefängnis.
    Sie sah Lauren an den schreckgeweiteten Augen an, dass sie genau dasselbe dachte: Dort fand doch das Bannritual statt.
    Sie rannten los.
    Nur wenige Gefangene waren direkt im Kerker des eigentlichen Kirchengebäudes eingesperrt, nämlich nur die, die auf ihre Verhandlung oder die Hinrichtung warteten oder magisch ganz besonders gefährlich waren. Freitagnachts füllten sich die kleinen Bußzellen mit Bürgern, die ein Verbrechen gestanden hatten und jetzt dafür bestraft werden wollten, oder denen, gegen die jemand anders Anschuldigungen erhoben hatte. Dabei handelte es sich allerdings lediglich um Bagatelldelikte und Moralvergehen; Diebstahl, Ehebruch und Informationsverbrechen wie Insidergeschäfte an der Börse oder Datenldau unterhalb einer gewissen Schadenssumme.
    Aber wenn jetzt der Alarm losging, musste es sich um etwas Ernstes handeln. So schwerwiegend, dass gewissermaßen »Alle Mann an Deck!« gerufen wurde, und als Lauren und Chess die rückwärtige Halle erreichten, trafen sie dort schon auf weitere Kirchenangestellte, alle mit dem gleichen bleichen Gesicht und glasigem Blick.
    Aber sie kamen zu spät. Zu spät, um die Wachen zu retten, die auf den kalten weißen Fliesen lagen, während sich scharlachrote Blutlachen um sie ausbreiteten. Zu spät für Gary Anderson, einen Debunker-Kollegen, der hinter einer Feuerschale an der Wand lehnte, aus der immer noch Rauch aufstieg. Sein ausdrucksloses Gesicht, die blutigen Lippen und der merkwürdige bläuliche Schimmer auf seiner Haut legten stummes Zeugnis davon ab, wie er gestorben war: Man hatte ihm bei lebendigem Leib die Seele herausgerissen. Mord durch Psychopomp.

11
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    Aus einer Werbebroschüre für Apartmentwohnungen in Cuesta Verde
    Zum ersten Mal, seit Chess sich erinnern konnte, zeigte der Großälteste Bestürzung. Er stand am Kopfende des Tisches, fast so bleich wie die eisblauen Wände um ihn herum, schniefte nervös und blätterte mit einer langfingrigen Hand durch einen dünnen Stapel Notizen auf dem Tisch.
    Lauren saß zu seiner Linken und sah ihn an, als hätte er gerade mit reiner Willenskraft Blei in Gold verwandelt. Die übrigen Kirchenangehörigen sahen nicht ganz so fröhlich aus; tatsächlich wirkten die meisten ihrer Debunker-Kollegen geradezu verstört. Dana Wright saß neben Agnew Doyle und umklammerte ganz ungeniert seinen Arm. Interessant. Wie lange das wohl schon lief? Nicht, dass es Chess wirklich interessiert hätte. Sie hoffte nur, dass es Dana genauso wenig bedeutete.
    »Guten Morgen«, sagte der Großälteste schließlich mit schriller, zitternder Stimme. So hatte Chess ihn noch nie sprechen gehört. Er wartete gar nicht erst ab, bis das Antwortgemurmel verstummt war, sondern fuhr auf der Stelle fort. »Ihr seid alle über den Zwischenfall im Bilde, der sich vorhin im Gefängnis ereignet hat. Die Ältesten und ich sind hier, um euch zu beruhigen. Es gibt keinen Grund zur Sorge.«
    Keinen Grund zur Sorge? Zum zweiten Mal

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