Gesang des Meeres - Feehan, C: Gesang des Meeres - Turbulent Sea (6 - Joley u. Ilya Prakenskii)
durch ihren Körper, und die sexuelle Spannung wich langsam aus ihr, aber ruhig war sie deshalb noch lange nicht.
Er strich ihr zärtlich über das Haar. »Schlaf jetzt, Joley. Lass einfach zu, dass du dich entspannst. Du solltest Meditations-übungen lernen.«
Sie sah ihn finster an. »Ich weiß, wie man meditiert. Aber mir gehen zu viele Dinge durch den Kopf.«
Dinge wie ein Mann, der ihr den tollsten Orgasmus aller Zeiten verschaffte und dazu nichts weiter zu tun brauchte, als ihre Handfläche zu lecken. Da stimmte doch etwas nicht. Und konnte sie das auch bei ihm? Das hätte sie zu gern mal ausprobiert, aber sie wusste, dass sie den Konsequenzen nicht gewachsen war. Sie war sich seiner nicht sicher genug – noch nicht.
Dinge wie junge Mädchen, die mit Mitgliedern ihrer Band verschwanden – nun ja, nicht der Band, aber immerhin der
übrigen Truppe. Und die arme Mutter, die man fortgezerrt hatte, obwohl sie doch nur Antworten finden wollte. Sie war so verzweifelt gewesen.
»Du seufzt. Ich muss wohl wirksamere Maßnahmen als die in Betracht ziehen, die ich bereits ergriffen habe.«
Sie wollte sich keine Gedanken darüber machen, wie diese Maßnahmen aussehen könnten. Seine Hand strich weiterhin über ihr Haar, nahezu hypnotisch. Seine Stimme war um eine Oktave gesunken und erklang als ein heiseres Flüstern, das wie der Klang eines wunderschönen Musikinstruments in sie drang und sich in ihrem Innern ausbreitete. Und diesmal reagierte ihr Körper mit Entspannung darauf. Sie stellte keine Fragen, denn sie war viel zu müde.
»Ich möchte nicht, dass du dir im Moment Sorgen über etwas anderes machst als darüber, einzuschlafen«, sagte er.
»Ich muss, ob ich will oder nicht, immer wieder an diese arme Frau denken und daran, wie furchtbar es für sie sein muss, nicht zu wissen, wo ihre Tochter ist«, gab Joley zu, als sie sich auf die Seite drehte und zusammenrollte. Sie war erschöpft und zum ersten Mal seit langer Zeit begann trotz seiner Gegenwart – oder vielleicht gerade deshalb – die Spannung aus ihrem Körper zu sickern. »Ich muss mit Dean reden, und dann sollten wir beide zur Polizei gehen und wenigstens das aussagen, was wir wissen. Es kann sein, dass wir die letzten Menschen waren, die sie gesehen haben.«
»Überlass das mir, Joley. Ich werde deine Leute befragen und der Polizei Bericht erstatten.«
»Ich schmeiße ihn raus, wenn er es gewagt hat, dieses Kind zu einer Party einzuladen. Die arme Mutter.«
Seine Hand glitt über ihren Hinterkopf und streichelte ihr seidiges Haar. »Ich werde sie finden. Du hältst dich raus. Es könnte eine sehr gefährliche Situation sein. Erzähl mir mehr über den Mann, der mit ihr zusammen war. Dean. Wie heißt er mit Nachnamen?«
»Walters. Dean Walters. Und es war noch ein anderes Mitglied der Mannschaft dabei. Seltsam«, sagte sie versonnen, »früher kannte ich sie alle namentlich. Ich kannte sogar ihre Familien. In den Anfangszeiten hatten wir immer dieselben Leute. Sie sind lange bei uns geblieben, aber vor etwa zwei Jahren sind einige von ihnen von einem Tag auf den anderen gegangen. Jetzt ist nichts mehr so wie früher. Ich musste mir von Jerry sagen lassen, dass er mit Nachnamen Walters heißt.«
Nur die Geräusche anderer Fahrzeuge durchbrachen die Stille. » Was ist vor zwei Jahren vorgefallen? Wieso sind die Leute plötzlich gegangen?«
»Ich weiß es nicht. Ich weiß es wirklich nicht. Das ist eine gute Frage. Alle schienen sich wohlgefühlt zu haben, aber dann gab es diese endlosen Partys, und Trish hatte die Schnauze voll von Logan und hat uns verlassen. Vielleicht war sie der Kitt, der uns alle zusammengehalten hat. Einer nach dem anderen sind sie ausgestiegen, die ganze alte Mannschaft, die Tontechniker und die Roadies, die immer mit uns unterwegs waren. Eines Tages sind sie nicht mehr zur Arbeit erschienen.« Sie schmiegte ihren Kopf wieder in die Kühle des Kissens. »Seitdem mache ich mir nicht mehr die Mühe, sie alle kennenzulernen, denn sie wechseln ja doch laufend.«
»Ist das in der Branche üblich?«
»Früher nicht, aber jetzt scheint es so zu sein. Das Reisen trifft die Familien immer hart. Ich hätte nicht gedacht, dass unsere Leute jemals weggehen würden. Wir haben sie behandelt, als gehörten sie zur Familie, und wir haben sie gut bezahlt, aber Drogen und Alkohol fordern von jedem ihren Tribut. Und nachdem Trish fortgegangen war, waren wir alle niedergeschlagen. Es ist uns schwergefallen, ohne sie weiterzumachen.
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