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Gesetzlos - Roman

Gesetzlos - Roman

Titel: Gesetzlos - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthes und Seitz Verlag GmbH
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Frage: »Zehn?«), aber ich wollte vor allem auf einen Gedanken hinaus, der mir an diesem Tag, während ich die Bleistiftminen und den Film an der Kasse bezahlte, durch den Kopf gegangen war. Falls ich für diesen Tag wieder ein Alibi brauchte, würden die Dinge nicht so laufen wie am vergangenen 21. Juni. Sollte ich beschuldigt werden, um siebzehn Uhr fünfundfünfzig auf dem Triumphbogen gestanden und mit einem Minenwerfer um mich geschossen zu haben, so würde ich sagen und beweisen können, wo ich um diese Zeit gewesen war, fragen Sie die rothaarige Verkäuferin im Untergeschoss des Virgin-Stores auf den großen Boulevards.
    Edward G. Robinson ist sich sicher, dass er das weltweit beste Bier braut. Sein ulkiges Gesicht, der plötzlich überraschte und angewiderte Ausdruck, als er es zum ersten Mal probiert, und das Gesicht, das seine Bekannten machen, als er ihnen davon zu trinken gibt, um sie um ihre Meinung zu bitten (heftige Krämpfe und Würgreize, die sich in letzter Sekunde in eine beifällige Grimasse erzwungener Höflichkeit verwandeln), hauptsächlich daran erinnere ich mich in
A Slight Case of Murder
.
    Ich erinnere mich auch, dass Mathilde aus irgendeinem Grund, der mit ihrer Tochter Maryse zusammenhing, lieber wollte, dass wir uns im Auto vor ihrem Haus verabschiedeten. Das war sicherlich ein guter und auch der wahre Grund, trotzdem endete mit der Kinovorstellung in Bercy auch unsere Beziehung.
    In meinem Viertel wieder die ermüdende Suche nach einem Parkplatz. Ich fand einen in der Rue de la Tour-de-Cordoue, genau denselben, auf dem ich am 21. Juni geparkt hatte, nachdem ich von
Alarm im Weltall
und aus der Bar
L’Aléa
nach Hause zurückgekehrt war.
    Mir ist durchaus bewusst, dass meine Anspielungen, die dazu dienen sollen, eine geheimnisvolle Parallele zwischen diesem 3. Oktober und dem vorangegangenen 21. Juni sowie dem 10. September herzustellen, ein wenig platt erscheinen mögen, aber es stimmt wirklich, dass ich wiederholt eine böse Vorahnung hatte. Das Phänomen ist im Übrigen verständlich: Die Ereignisse, die über mich hereingebrochen waren, schärften meine Aufmerksamkeit für Situationen und Stimmungen, die mich daran erinnerten und somit auf ganz natürliche Weise Ängste und Vorahnungen in mir hervorriefen.
    So kam es auch, dass ich nicht übermäßig erstaunt war, als ich auf dem Weg durch die Rue des Martyrs vor meinem Haus zwei Personen, zwei Männer stehen sah, von denen ich sofort annahm, dass sie möglicherweise mit derselben Mission betraut waren, wie mein behandschuhter Angreifer vom 10. September.
    Was sollte ich tun? Auf der Stelle Gusta anrufen?
    Die zwei Männer erblickten mich – sahen mich an, erkannten sie mich? Aber die gut beleuchtete Straße war auf diesem Abschnitt menschenleer, wie sollten sie also nicht so aussehen, als würden sie mich erblicken? Dann entfernten sie sich wieder und setzten ihren Weg fort. Ich ging auch weiter, bereit beim geringsten Anlass zu fliehen, und erreichte mein Haus in dem Moment, als sie gerade in die Rue Victor-Massé einbiegen wollten. Sie bogen tatsächlich dort ein, nachdem sie für ein paar Sekunden stehengeblieben waren. Um mich zu beobachten oder irgendjemand anderes, auf den sie warteten, einen verspäteten Freund, der ihnen hätte folgen sollen und der nicht kam – gaben sie deshalb das Warten auf und gingen fort?
    Ich blieb vor der Eingangstür stehen. Die beiden Männer tauchten nicht wieder auf.
    Was sollte ich Gusta sagen, wenn ich ihn anrief? Dass zwei Fußgänger mich (möglicherweise) von Weitem betrachtet hatten? War ich nun dazu verurteilt, mich vor den Leuten auf der Straße, vor jeder Geste, vor jeder Bewegung, die mir verdächtig erschienen, in Acht zu nehmen? Selbst vor dem Läuten der Hausmeisterin?
    Ich dachte nicht länger nach, sondern gehorchte einem unbezwingbaren Impuls, der mir in dem Augenblick befreiend schien.
    Ich stieg wieder in mein Auto und fuhr los in Richtung Étoile, Avenue Foch und von dort weiter nach Versailles, Avenue du Général-Pershing, zu Hubert Maynial. Selbst wenn er einen Handlanger nach dem anderen kontaktierte, wohnten diese Leute doch nicht bei ihm, sein Schloss würde nicht vor Killern wimmeln und ich würde mit ihm reden. Das wollte ich, das brauchte ich, und zwar sofort. Es würde mir Gewissheit bringen, immer vorausgesetzt es gelänge mir, ihn an diesem Abend tatsächlich zu sprechen, sonst, sagte ich mir, würde ich eben am nächsten Tag wiederkommen.
    Meine

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