Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band
Fußball spielen können — oder sprechen? Eine Schildkröte, die über Fußball spricht, wäre natürlich eine Anomalie.
Einige dieser Welten kann man sich anscheinend schlechter vorstellen als andere, da sie logische Kontradiktionen enthalten — z. B. grün und nicht grün — während uns andere mangels eines besseren Wortes „plausibel“ vorkommen — so der eine achtstimmige Fuge improvisierende Bach, oder Tiere, die nicht aus Zellen bestehen. Oder sogar, fällt mir ein, eine Welt, in der die physikalischen Gesetze anders sind ... Grob gesprochen sollte es also möglich sein, verschiedene Typen von Widerspruchsfreiheit aufzustellen. Z. B. wäre die mildeste die „logische Widerspruchsfreiheit“, die den Dingen keinerlei Zwang auferlegt — ausgenommen den der Logik. Genauer gesagt wäre ein System-plus-Interpretation logisch widerspruchsfrei, solange zwei seiner S ÄTZE , wenn als Aussagen interpretiert, nicht direkt kontradiktorisch sind, und mathematisch widerspruchsfrei, solange die interpretierten S ÄTZE die Mathematik nicht verletzen; physikalische Widerspruchsfreiheit, solange sich alle interpretierten S ÄTZE mit physikalischen Gesetzen vertragen, darauf folgt die biologische Widerspruchsfreiheit usw. In einem biologisch widerspruchsfreien System könnte es einzelne S ÄTZE geben, deren Interpretation die Aussage „Shakespeare schrieb eine Oper“ wäre, aber keinen S ATZ mit der Interpretation: „Es gibt zellenlose Tiere“. Im allgemeinen gibt man sich freilich mit diesen mehr ausgefallenen Typen von Widersprüchlichkeit nicht ab, und zwar aus dem Grund, daß man sie nur mit großer Mühe entwirren kann. Welcher Typus von Widersprüchlichkeit z. B. liegt in dem Problem der drei Charaktere vor, die einander zyklisch erfinden? Logisch? Physikalisch? Biologisch? Literarisch?
Im allgemeinen wird die Grenze zwischen dem Uninteressanten und dem Interessantenals die zwischen physikalischer und mathematischer Widerspruchsfreiheit gezogen. (Natürlich sind es die Mathematiker und Logiker, die die Grenzziehung besorgen — kaum eine unparteiische Gesellschaft ...) Das heißt, daß die Typen der Widersprüchlichkeit, die im Formalsystem „zählen“, nur eben die logischen und mathematischen Typen sind. Gemäß dieser Übereinkunft haben wir also noch keine Interpretationen gefunden, die das Triplett von S ÄTZEN TbZ , ZbE , EbT widersprüchlich machten. Wir können das erreichen, indem wir b als „größer als“ interpretieren. Wie steht es dann mit T und Z und E ? Sie lassen sich als natürliche Zahlen interpretieren, z. B. Z als 10, T als 1000 und E als 100000. Man beachte, daß zwei S ÄTZE sich als wahr und einer als falsch erweisen. Hätten wir statt dessen Z als 10 000 interpretiert, hätten wir zwei falsche Aussagen und nur eine wahre erhalten. In beiden Fällen läge Widersprüchlichkeit vor. Tatsächlich spielen die T , Z und E zugesprochenen Werte keine Rolle, solange es klar ist, daß sie auf natürliche Zahlen beschränkt bleiben. Auch hier haben wir den Fall, in dem nur ein Teil der Interpretation notwendig ist, um innere Widersprüchlichkeit festzustellen.
Einbettung eines formalen Systems in ein anderes
Das vorhergehende Beispiel, in dem einige Symbole eine Interpretation haben konnten, andere nicht, erinnert daran, wie man in natürlicher Sprache unter Verwendung gewisser Wörter als undefinierter Ausdrücke Geometrie treibt. In einem solchen Fall werden die Wörter in zwei Klassen eingeteilt: solche mit feststehender und unabänderlicher Bedeutung, und solche, deren Bedeutung berichtigt werden muß, bis das System widerspruchsfrei ist (das sind die undefinierten Ausdrücke). Geometrie auf diese Art zu treiben, setzt voraus, daß für die Wörter der ersten Klasse eine Bedeutung irgendwo außerhalb der Geometrie bereits festgelegt worden ist. Diese Wörter bilden ein starres Gerüst, das dem System eine zugrundeliegende Struktur gibt; dieses Gerüst wird mit anderem Material ausgefacht, und dieses kann verschiedener Art sein (euklidische und nichteuklidische Geometrie).
Formale Systeme werden häufig in gerade dieser sequentiellen oder hierarchischen Art aufgebaut. Z. B. kann man ein Formales System I mit Regeln und Axiomen entwerfen, das seinen Symbolen gewisse beabsichtigte passive Bedeutungen verleiht. Darauf wird das Formale System 1 vollständig in ein größeres System mit mehr Symbolen Formales System II — eingegliedert. Da die Axiome und Regeln des Formalen Systems I
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