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Göttin der Wüste

Göttin der Wüste

Titel: Göttin der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Lächeln, will sie mich wohl heranlocken.
    Sie fuhr ein wenig zu abrupt herum und legte sich benommen zurück aufs Bett. Sie schlief wieder ein und erwachte erst, als man ihr endlich das Essen brachte.

KAPITEL 3
    Am Morgen wurde ihr das Frühstück auf einem silbernen Teewagen in ihrem Zimmer serviert. Das Dienstmädchen teilte ihr mit, daß die Hausherrin sie anschließend abholen werde, um sie zum Unterrichtsraum der beiden Mädchen zu führen.
    Cendrine hatte kaum die erste Tasse Kaffee ausgetrunken, als es klopfte. Eilig tupfte sie sich die Lippen ab, dann trat sie zur Tür und öffnete.
    »Guten Morgen, Fräulein Muck.«
    Madeleine Kaskaden trug ähnliche Kleidung wie am Vorlag: enge Reithosen und eine beigefarbene Bluse. Ihr langes Haar war wieder hochgesteckt, ein wenig sorgfältiger als am Tag zuvor.
    Cendrine hatte ihr bestes Kleid an, aber in einem Haus wie diesem war es nicht auffälliger als eine gewöhnliche Dienstbotenkluft. Sie hatte es sich von ihrem ersten selbstverdienten Geld gekauft, vor anderthalb Jahren, kurz vor Elias’ Abreise. Damals hatte sie für einige Monate ein Praxissemester bei einer angesehen Bremer Kaufmannsfamilie antreten müssen; die Leute waren nicht verpflichtet gewesen, sie dafür zu bezahlen, doch die Dame des Hauses war so angetan von ihr gewesen, daß sie Cendrine beim Abschied eine kleine, prallgefüllte Lederbörse geschenkt hatte.
    Madeleine musterte Cendrine von oben bis unten und sagte dann: »Man wird Ihre Kleidung im Laufe des Tages für Sie herrichten, machen Sie sich keine Sorgen. Nach solch einer Reise muß ja alles zerknittert sein. Hatten Sie auf dem Schiff überhaupt Gelegenheit, Ihre Sachen reinigen zu lassen?«
    »Gewiß.«
    »Ein Glück – die Zeiten ändern sich. Als wir hier heruntergekommen sind, gab es nichts dergleichen. Nur einen Waschzuber unter Deck, den jedermann benutzen durfte.«
    Cendrine lächelte höflich und folgte Madeleine den Gang hinab.
    »Wie lange leben Sie schon in Südwest?«
    »Mein Mann kam als einer der ersten Offiziere hierher. Das war vor, lassen Sie mich nachdenken, vor neunundzwanzig Jahren.«
    »Ihr Mann kann nicht lange Soldat gewesen sein, wenn er all das hier aufgebaut hat.«
    »Er nahm bald seinen Abschied, übrigens gegen meinen ausdrücklichen Wunsch. Aber heute muß ich gestehen, daß er das Richtige getan hat. Freilich ahnte das zu diesem Zeitpunkt noch niemand, am wenigsten er selbst. Er wurde Vorarbeiter einer Erzmine, machte sich unabkömmlich und stieg innerhalb weniger Jahre in die Minenleitung auf. Von da an dauerte es nicht mehr lange, bis er die Mehrzahl der Anteile hielt. Das Geschäft expandierte, weitere Minen kamen hinzu, und so weiter, und so weiter. Sieben Jahre nach seinem Abschied vom Militärdienst konnten wir uns dieses Haus herrichten, und ich wurde zum erstenmal schwanger.«
    »Verzeihen Sie, wenn ich indiskret bin, aber kamen Sie bereits als Ehepaar hierher oder –«
    »Nein, nein«, unterbrach Madeleine sie. »Mein Mann kam mit seinen Eltern nach Südwest. Ich war die Gesellschafterin seiner Mutter, einem gräßlichen Weibsbild, glauben Sie mir. Zum Glück schied sie bald von uns. Wenig später haben Titus und ich geheiratet.«
    Was war das nur für eine merkwürdige Frau! Im einen Augenblick schien sie ungemein auf Form und Anstand bedacht zu sein, um im nächsten derartige Dinge über ihre Schwiegermutter zu sagen. Dabei tuschelte sie nicht einmal, noch gab sie Cendrine das Gefühl, sie in irgendwelche Geheimnisse einzuweihen; sie redete frei heraus, ohne ihre Begleiterin anzusehen und sich darum zu scheren, ob sonst noch irgend jemand zuhörte. Madeleine schien auf dem Standpunkt zu stehen, daß dies ihr Haus war und sie darin reden konnte, was sie für richtig hielt. Cendrine hoffte nur, daß sie nicht in allem derart impulsiv war.
    Sie gingen jetzt durch einen Gang, dessen Fenster auf den Kiesplatz vor dem Haus blickten. Wieder waren einige San-Kinder dabei, die ovale Rasenfläche im Zentrum zu bewässern. Cendrine konnte nicht erkennen, ob es dieselben waren wie am Vortag.
    »Ich habe ein wenig Mühe, mich im Haus zurechtzufinden«, gestand sie. »Wir befinden uns jetzt im mittleren Teil, nicht wahr?«
    »Stellen Sie sich das Hauptgebäude vor wie ein Hufeisen, dessen offene Seite nach Westen weist«, erklärte die Hausherrin. »Dies hier ist, wie Sie richtig erkannt haben, das kurze Stück, das die beiden Seitenschenkel miteinander verbindet. Im Erdgeschoß unter uns befinden sich die

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