Goldrausch in Bozen - Kriminalroman
verhören. Der Mann war aufgeregt, panisch, nervös.
Als er in Handschellen ins Haus geführt wurde, war Kofer die Erleichterung anzusehen. Der Museumsdirektor schien zu glauben, dass der Spuk für ihn nun ein Ende haben würde.
»Nein danke.« Vincenzo setzte sich Ferrari am Esstisch gegenüber und suchte seinen Blick. »So, mein Lieber. Jetzt ist Schluss mit den Lügen. Wir haben Sie in flagranti erwischt. Sie haben bereits fünf Menschen auf dem Gewissen, und wenn wir Sie hier nicht erwartet hätten, wären es bald sechs gewesen. Also, reden Sie!«
Ferrari rannen ein paar Tränen über die Wangen. »Bitte, könnten Sie mir nicht die Handschellen abnehmen? Die tun höllisch weh.«
Vincenzo nickte di Cesare zu, und er tat Ferrari den Gefallen. »Warum Sie sich weitere Fluchtversuche sparen können, muss ich Ihnen nicht erklären, oder?«
Ferrari nickte und rieb seine Handgelenke. Ein Häufchen Elend, mit dem man Mitleid gehabt hätte, hätte man nicht gewusst, was der Mann verbrochen hatte. »Ehrlich gesagt bin ich fast froh, dass es vorbei ist. Dieses Luder hatte mich total in der Hand.«
Vincenzo beugte sich über den Tisch. »Welches Luder?«
Ferrari hob den Kopf. »Christine«, antwortete er mit schwacher Stimme.
»Wollen Sie damit andeuten, dass Christine Alber Sie zu den Morden angestiftet hat?«
Er nickte. »Ja. Es war von Anfang an ihr Plan. Seit sie damals Sara Gasser in der Ladurnerhütte getroffen hat. ›Luigi‹, hat sie gesagt, ›das wird ein ganz großes Ding. Wir müssen nur zusehen, dass wir nicht mit so vielen teilen müssen. Du traust dir das doch zu, oder?‹ Zuerst habe ich gar nicht verstanden, was sie meint. Aber dann hat sie es mir erklärt. Ich war entsetzt. ›Wir können doch niemanden umbringen‹, habe ich gesagt, aber sie hat mich geschüttelt und gefragt, ob ich den Rest meines Lebens ein armer Wicht bleiben will. Als wir aus dem Stollen gekommen sind, haben wir gesehen, dass Sara ganz schön dicht an diesem Abgrund dran war. ›Es ist so weit! Fang mit der an‹, hat Christine gesagt. ›Das ist ganz leicht. Du musst sie nur ein bisschen schubsen.‹ Ich hab sie in ein Gespräch verwickelt, wir sind hinter der Gruppe zurückgeblieben, und dann …« Ferrari brach in Tränen aus, war zum Sprechen kaum mehr in der Lage.
Vincenzo sah abwechselnd zu Marzoli und di Cesare. Sein Blick schien zu fragen: »Und, glaubt ihr ihm?« Marzoli zuckte mit den Schultern, di Cesare nickte. Vincenzo wandte sich wieder Ferrari zu. »Reden Sie weiter. Wie haben Sie das mit dem Brand bewerkstelligt, warum hat sich Pircher in ein Verlies abseilen lassen?«
Ferrari zuckte zusammen. »Das mit Markus war ich nicht. Christine hat mich gelinkt.«
Meldete sich an dieser Stelle sein Gewissen, weil er den eigenen Freund in die tödliche Falle gelockt hatte? »Wir haben Zeugen, Signor Ferrari. Wir wissen, dass Sie in der Burg Reifenstein an einer Führung teilgenommen haben. Sie haben den Schlüssel gestohlen und nachgemacht. Sie sind gelernter Schmied. Außerdem hat sich der Wirt Ihrer Stammkneipe erinnert, dass Sie sich zusammen mit Alber damals mit Pircher getroffen haben. Sie und Pircher hatten ziemlich viel getrunken. Vor allem Pircher. Sie hätten sich vielleicht nicht gerade ein Lokal aussuchen sollen, in dem Sie mit Pircher Stammgast waren. Also hören Sie auf, uns Lügen aufzutischen.«
Ferrari gab schließlich zu, mit Alber und Pircher nach dem gemeinsamen Gelage in das alte Gemäuer gegangen zu sein, behauptete aber steif und fest, nicht gewusst zu haben, was Alber vorhatte. Angeblich waren sie zu dritt als Mutprobe Richtung Burg aufgebrochen, weil sie angesichts ihres plötzlichen Reichtums übermütig geworden waren. Alber hatte vorgeschlagen, Pircher solle beweisen, dass er sich selbst besoffen noch abseilen könne. Nachdem der Bergführer den Boden des Verlieses erreicht hatte, hatte Alber Ferrari fortgeschickt. »Geh du nur schon nach Hause, du siehst fix und fertig aus. Ich ziehe Markus gleich wieder raus.« Ferrari hatte protestieren wollen, doch Albers Blick war eindeutig gewesen. Sie hatte keinen Widerspruch geduldet. Also war er gegangen. Das Seil war außerdem fixiert gewesen, sodass auch eine Frau Pircher hätte rausziehen können. Erst ein paar Tage später hatte er Alber nach Markus’ Verbleib gefragt. Sie hatte geantwortet, dass sie keine Ahnung habe, wo Markus sei. Nachdem sie die Burg gemeinsam verlassen hätten, habe er sich übergeben, danach sei sie ihm nicht mehr
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