Granger Ann - Varady - 05
beharrte ich.
»Das weißt du nicht!«
»Ich weiß es. Ich kann dir nur nicht sagen, wieso ich es
weiß. Doch, ich kann. Es war die Art und Weise, wie er gefallen
ist. Er hat sich nicht vor den Zug geworfen. Er hat mit Armen
und Beinen gerudert, hat nach Halt gesucht. Das ist der
Grund, aus dem ich weiter nach diesem Max suchen muss. Es
ist genau so, wie du eben gesagt hast: Max ist meine einzige
Spur. Wenn ich ihn finde, weiß ich auch, ob die Geschichte
wahr ist, die Ion mir erzählt hat. Und nicht nur das … dann
weiß ich auch, warum jemand wollte, dass der Junge für immer schweigt. Und ich weiß dann, dass Ion ermordet wurde.«
»Und?« Susie hörte auf zu kauen und starrte mir in die
Augen. »Was machst du dann?«
»Ich weiß es nicht. Vielleicht erzähle ich Morgan die Geschichte.«
Susie schüttelte den Kopf. »Darüber solltest du noch einmal nachdenken, Fran. Du hast ihr erzählt, du hättest nichts
gesehen. Wenn du zu ihr gehst, musst du zugeben, dass du
sie beim ersten Mal belogen hast. Du weißt, wie die Polizei
auf so etwas reagiert. Wenn du deine Aussage änderst, denken sie, dass du noch mehr weißt und es vor ihnen zurückhältst. Aber du weißt nicht mehr; das haben wir eben gesehen. Du weißt wirklich nicht mehr, nicht mit Bestimmtheit.
Die Polizei interessiert sich nur für Fakten, Dinge, die sie als
Beweis verwenden kann. Diese Max-Geschichte … Ich sage
nicht, dass es unmöglich ist, Fran, glaub mir. Aber kannst du
dir vorstellen, was die Morgan oder Parry davon halten? Du
musst warten, bis du mehr herausgefunden hast. Dann
kannst du zu den Cops gehen. Genau genommen bleibt dir
dann gar keine andere Wahl.«
»Wie dem auch sei, vielleicht hätte ich der Morgan sagen
sollen, dass ich Ion in der Station gesehen habe«, sagte ich.
»Wie du sagst, es ist keine gute Idee, unnötige Lügen zu erzählen.«
»Jetzt ist es zu spät. Jetzt musst du ihr sagen, dass du ihn gekannt hast und woher. Und wenn du recht hast, dann interessiert sich nicht nur die Morgan für das, was du gesehen hast
und was nicht. Ist es nicht genau das, was dir Sorgen macht? Ist
das nicht genau der Grund, aus dem du der Morgan gesagt
hast, du hättest nichts gesehen? Wenn erst einmal heraus ist,
dass du dort gewesen bist und den Jungen gekannt hast, werden einige Alarmglocken schrillen. Und das wiederum würde
dich zu einem Ziel machen, wie du dir denken kannst.«
»Das weiß ich selbst, danke sehr!« Es tat mir leid, dass ich
so wütend geantwortet hatte, doch ich konnte es nicht verhindern. Das passiert eben, wenn man mit anderen über die
eigenen Probleme redet. Am Ende wünscht man sich immer, man hätte es nicht getan. Ich wünschte mir sogar, ich
hätte Ganesh nichts gesagt. Geteilte Probleme bedeuten
doppelte Probleme.
»Was du brauchst, ist eine Ablenkung«, sagte Susie. »Ein
oder zwei Stunden, in denen du nicht ständig daran denken
musst. Du brauchst eine weitere Fahrstunde.«
Ich sagte ihr, dass ich nicht in der Stimmung sei, erneut
diesen Jugendlichen zu begegnen.
Susie schüttelte den Kopf. »Ich habe dir gesagt, dass ich
eine bessere Gegend suchen werde. Ich habe die perfekte
Gegend gefunden. Du kennst doch das alte Kino, das sie geschlossen haben, oder? Auf der Rückseite ist eine große freie
Fläche, wo früher ein Parkplatz war. Wir können dort üben.
Es ist absolut privat. Niemand sieht dich dort.«
»Aber die Zufahrt ist gesperrt«, sagte ich. »Ich bin vor ein
paar Tagen dort vorbeigekommen. Wenn man auf den
Parkplatz will, muss man durch die Seiteneinfahrt, und dort
hängt eine Kette mit einem dicken Vorhängeschloss, wenn
ich mich recht entsinne.«
Susie grinste, zog einen Schlüssel aus ihrer Jeans und hielt
ihn hoch.
»Woher hast du den?«, ächzte ich.
»Ganz einfach. Er war in Rennies Sachen.«
Ich blinzelte überrascht. »Und woher hat er ihn?«
»Er hatte einen Auftrag für die Baufirma, den Typen, der
das Grundstück gekauft hat. Der Besitzer hatte einen Partner und den Verdacht, dass er ihn übers Ohr gehauen hatte.
Der Partner ging heimlich hin und entfernte alle Dinge von
Wert, wie beispielsweise die Bleirohre und vergoldete
Schnitzereien, alles, was sich verkaufen ließ. Deswegen hat
der Besitzer Rennie auf ihn angesetzt.«
»Und war Rennie erfolgreich?«
Susie nickte. »Oh ja. Rennie war gut. Er bekam die Beweise. Der Partner brach sich beide Beine. Die Baufirma kam in
finanzielle Schwierigkeiten, und die Entwicklung wurde gestoppt. Rennie hat den Schlüssel
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