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Gregor und die graue Prophezeiung

Gregor und die graue Prophezeiung

Titel: Gregor und die graue Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Collins
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die Aufmerksamkeit der Ratten zu erregen. Er hatte große Angst, aber daneben gab es auch ein neues Gefühl, das ihm die Kraft gab, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Es war Hoffnung, die ihn durchströmte und dafür sorgte, dass er gegen seine Regel verstieß. Sein Vater war in der Nähe. Er würde ihn bald sehen. Sie mussten nur weiterkommen, ohne erwischt zu werden, dann würde er ihn bald sehen.
    Nach etwa einer halben Stunde hielt Ripred plötzlich in einer Kurve des Tunnels an. Alle hinter ihm blieben stehen. Ripreds Nase zuckte wild und er duckte sich.
    Hinter der Kurve kamen zwei Ratten hervorgesprungen. Mit einem unglaublichen Satz riss Ripred der einen Ratte mit den Zähnen die Kehle auf, während er der anderen mit den Hinterpfoten ins Gesicht sprang. Keine Sekunde später waren beide Ratten tot. Von den anderen hatte niemand Zeit gehabt, auch nur einen Finger zu rühren. Ripreds Verteidigung hatte Gregor in dem bestätigt, was er vom ersten Augenblick an über Ripred gedacht hatte: Sogar für die Ratten war er ein tödlicher Gegner.
    Ripred rieb das Maul an einer der toten Ratten und flüsterte: »Das waren die Wachen dieses Tunnels. Gleich gelangen wir ins Freie. Haltet euch in einer Reihe hintereinander dicht an der Wand. Der Boden ist bröckelig und es geht unendlich steil in die Tiefe.« Alle nickten wie betäubt. Sie standen immer noch unter dem Eindruck des Kampfspektakels. »Keine Angst«, sagte er. »Denkt dran, ich bin auf eurer Seite.«
    Hinter der Kurve öffnete sich der Tunnel.
    Ripred ging nach rechts, und einer nach dem anderen kamen sie aus dem Tunnel hervor. Ein schmaler Weg führte dicht an einer Schlucht entlang. Als Gregor mit der Taschenlampe hineinleuchtete, sah er nichts als Finsternis. Und es geht unendlich steil in die Tiefe, dachte er.
    Unter seinem linken Fuß, der dem Abgrund am nächsten war, bröckelte der Boden, Stein und Schmutz regneten in die Tiefe. Gregor hörte die Steine nicht aufkommen. Das einzig Beruhigende war, dass Aurora und Ares irgendwo hinter ihm waren und ihm, falls er fiele, sofort zu Hilfe eilen würden.
    Nach etwa fünfzig Metern erreichten sie eine größereEbene, die sich vom einen Ende der Schlucht fächerförmig ausbreitete. Ein natürlicher Steinbogen umrahmte einen breiten, von vielen Rattenfüßen platt getrampelten Weg. Unter dem Bogen beschleunigte Ripred seinen Schritt, und Gregor spürte, wie ungeschützt sie außerhalb des unwegsamen Geländes waren.
    Ripred, Temp, Gox und Gregor rannten über den Weg. Luxa und Henry hatten sich instinktiv für den Luftweg entschieden. Gregor hatte das Gefühl, dass hinter jedem Felsspalt ein Paar Rattenaugen lauerte.
    Der Weg endete plötzlich an einer tiefen runden Grube, deren Wände so glatt wie Eis waren. In der Grube brannte ein schwaches Licht und ließ ein pelziges Wesen erkennen, das über eine Steinplatte gebeugt war und an etwas herumbastelte. Im ersten Moment hob Gregor warnend eine Hand. Er dachte, es sei eine Ratte.
    Dann schaute das Wesen auf, und Gregor erkannte entfernt die Züge seines Vaters.

24. Kapitel
    D er Mann, der vor zwei Jahren, sieben Monaten und Gott weiß wie vielen Tagen aus Gregors Leben verschwunden war, hatte vor Gesundheit gestrotzt. Ein großer, starker, kraftvoller Mann. Der Mann, der aus der Grube zu ihnen aufschaute, war so dünn und schwach, dass es ihm nicht gelang aufzustehen. Er fiel auf alle viere und musste mit einer Hand nachhelfen, um den Kopf wieder zu heben.
    »Dad?«, versuchte Gregor zu rufen, aber sein Mund war ausgetrocknet. Er kniete sich an den Rand der Grube und streckte in einer hilflosen Geste eine Hand aus. Er tat es, obwohl sie fünfzehn Meter voneinander entfernt waren.
    Luxa und Henry flogen hinab, halfen dem bemitleidenswerten Mann auf Auroras Rücken und brachten ihn herauf.
    Gregor kniete immer noch, als er die Hände seines Vaters ergriff, die einmal so stark und geschickt gewesen waren. Als er die knochigen Finger spürte, dachte er daran, wie sein Vater immer Walnüsse mit den Händen geknackt hatte. »Dad?«, sagte er, und diesmal war seine Stimme zu hören. »Dad, ich bin’s. Gregor.«
    Sein Vater zog die Stirn in Falten, als versuchte er sich zu erinnern. »Das ist das Fieber. Ich phantasiere schon wieder.«
    »Nein, Dad, ich bin’s, ich bin hier. Und Boots auch«, sagte Gregor.
    »Boots?«, sagte sein Vater. Wieder zog er die Stirn in Falten, und Gregor fiel ein, dass sein Vater Boots ja noch nie gesehen hatte. Sie war nach seinem

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