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Gute Nacht, mein Geliebter

Titel: Gute Nacht, mein Geliebter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger Frimansson
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alter Klassenkameradinnen zu beißen«, sagte Justine.
    Sie kitzelte ihn im Nacken, er plusterte sich auf und machte sich dick.
    »Entschuldige … Aber sie sind ein wenig eklig …«
    »Über Geschmack lässt sich streiten.«
    »Er ist wie ein Kind für dich, nicht wahr?«
    »Ja … Er bedeutet mir wohl noch mehr.«
    »Tiere enttäuschen einen nie. Stimmt das, Justine, so sagt man doch, oder? Stimmt es?«
    »Das hängt wahrscheinlich davon ab, was man von den Tieren erwartet.«
    »Ich erinnere mich an eine Sache … die Jungen … Sie sind fast gleich alt. Sie heißen Jörgen und Jens. Die Polizei rief uns an … Wir mussten sie auf der Polizeiwache am Mariatorg abholen. Sie hatten so viel getrunken, dass sie es nicht mehr alleine nach Hause schafften. An so was kann man sterben, sie hatten eine Alkoholvergiftung. Am dreckigsten ging es Jens, er war noch so klein, er lag da wie ein Embryo, als ich kam, ich hätte am liebsten geschrien, Justine, mein kleines Kind. Warum kann man sie nicht immer bei sich haben?«

11. KAPITEL
    Sie kaufte sich ein Auto, einen Volvo. Er war so neu, dass er keinen früheren Besitzer gehabt hatte, war aber dennoch nicht ohne Persönlichkeit. Rot und elegant stand er im Schaufenster des Autohauses, und Justine trat ein und öffnete die Fahrertür. Sogar der Geruch war neu. Er war warm, bequem und hatte eine automatische Schaltung. Sie hätte den Preis sicher noch herunterhandeln können, aber auf die Idee kam sie gar nicht.
    Sie hob Geld ab und kehrte am nächsten Tag zurück.
    Der Verkäufer sagte:
    »Das ist ein Spitzengefährt, da steckt viel Power drin. Sie werden es nicht bereuen.«
    »Ich weiß.«
    »Der fährt schnell wie der Blitz. Wenn Sie damit im guten alten Deutschland auf der Autobahn fahren, werden Sie sogar schneller als ein Porsche sein.«
    »Dort werde ich nicht fahren«, sagte sie. »Trotzdem danke für die Information.«
     
    Es schneite. Kleine, leichte Flocken, sie wirbelten im Wind umher und erschwerten die Sicht. Die Winterreifen lagen im Kofferraum. Der Verkäufer hatte erklärt, er könne sie aufziehen lassen. Aber dann hätte sie noch einen Tag warten müssen.
     
    »Aber Sie können sich auch mit den Reifen, die jetzt drauf sind, sicher fühlen. Das sind solide Allroundreifen, angepasst an das Klima hier im Norden.«
    Im Kreisverkehr von Vällingby geriet sie ins Schleudern, bekam den Wagen aber mühelos wieder unter Kontrolle. Ein lustiges und fremdartiges Wort kam ihr in den Sinn. Luftläufer. Ja, warum nicht.
     
    Flora saß am Fenster in einem Sessel. Man hatte sie mit Hilfe von Kissen in eine aufrechte Position gebracht und mit einem Gurt an der Rückenlehne festgezurrt.
    Justine war die Treppen hinaufgelaufen. Jetzt stand sie im Zimmer, und die Schneeklumpen an ihren Stiefeln schmolzen.
    »Gut, dass du auf bist«, sagte sie. »Ich möchte dich mitnehmen.«
    Um die Lippen der Frau zuckte es, ein Faden aus dünnem Speichel.
    Die Tür glitt auf, eine Krankenschwester mit einem Rollstuhl. Eine fremde Frau saß in dem Rollstuhl, ihre langen, geäderten Hände hantierten an etwas auf ihrem Schoß herum.
    Die Krankenschwester sagte:
    »Wie schön, Flora, du hast Besuch. Das ist aber schön, dass deine Tochter vorbeigekommen ist.«
    »Ich habe mir ein neues Auto gekauft«, sagte Justine.
    Das Radio war an, auf dem Korridor weinte jemand.
    »Das würde ich auch gerne«, sagte die Krankenschwester.
    »Warum tun Sie’s nicht?«
    »Hm. Glauben Sie, ich kann es mir leisten, ein Auto zu kaufen! Haben Sie eine Ahnung, was eine Krankenschwester verdient?«
    »Dann nehmen Sie doch meinen alten. Er ist noch völlig in Ordnung, im Großen und Ganzen jedenfalls. Macht er Probleme, muss man ihn nur mit ›Startpilot‹ einsprühen. Dann läuft er wie ein Uhrwerk. Ich brauche ihn nicht mehr, es ist ein Opel Rekord, nehmen Sie ihn als Dauerleihgabe, wenn Sie möchten, und fahren Sie ihn, bis er den Geist aufgibt.«
    Die Krankenschwester wurde rot.
    »Aber das kann ich doch nicht …«
    »Ich fahre ihn sonst zum Schrottplatz.«
    »Aber er funktioniert doch noch?«
    »Sicher.«
    »Das verstehe ich nicht … Warum kaufen Sie sich dann einen neuen?«
    »Man hat nur ein Leben. Wenn man’s kann, dann kann man’s halt.«
    »Ja, so kann man es natürlich auch sehen.«
    »Vielleicht hängt es auch damit zusammen, wie man sich selber sieht.«
    »Wie bitte …?«
    »Schon gut, nichts.«
    Justine machte eine Geste in Floras Richtung.
    »Wie geht es ihr?«
    »Ganz gut.«
    »Ich wollte sie

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