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Haben Sie Hitler gesehen - Haben Sie davon gewußt

Haben Sie Hitler gesehen - Haben Sie davon gewußt

Titel: Haben Sie Hitler gesehen - Haben Sie davon gewußt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
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auf mich gemacht, daß die armen Schweine nicht sagen durften, was sie sagen wollten, und anerkannt haben: Der Bengel macht nicht jeden Quatsch mit.
    Bibliothekarin, 1924
    Ich hatte ’ne Lehrerin, mit der war meine Mutter befreundet. Die hat in der Sexta erzählt, Hitler sei so fromm, der trage in seiner Jackentasche ständig ein Neues Testament mit sich herum. Wir sehen sie auch jetzt noch ab und zu, und dann necken wir sie damit.
    Hausfrau, 1930
    Ich war ja noch klein. Der Liebste ist ja wohl der liebe Gott, dachte ich damals, dann kommt der Hitler, dann die Eltern. Man kannte das ja nicht anders.
    Ich kletterte auf einen Fahnenmast, was eigentlich verboten war, und kriegte ihn zu sehen und wunderte mich, daß er wie ein normaler Mensch aussah.
    Angestellte, 1927
    Ein hellblaues Kleid. Sofort in den Dreck gefallen. Meine Mutter war schrecklich wütend.
    Autor, 1926
    1937.– Shirley Temple. Es fing mit Weihnachten an, und sie kriegte 2 Millionen Spielsachen geschenkt, und sie saß inmitten all dieser Spielsachen völlig gelangweilt da, sie hatte keine Spielgefährten. Dann ist sie ausgebüchst und ist zu wandernden Farmern gekommen, und da war sie dann arm und glücklich. Dieses verlogene Ideal, was sie einem vorgemacht haben. Das ging dann so aus, daß sie doch in große Not geraten sind und daß die Mutter von Shirley Temple sie wiederfand und denen da half. Und dann waren sie reich und fröhlich.
    Ingenieur, 1921
    1937.– Der Schiller-Film hat mich begeistert. Der ideelle Begriff der Freiheit, damit hat man sich identifiziert.
    Buchhändler, 1925
    Autobahneinweihung 1937. Als Pimpfe wurden wir rangezogen zum Jubeln und waren in großer Erwartung, und ’ne Menge Volk stand und stand und stand. Stundenlang. Und dann hörten wir von ferne, daß was kam, und dann kam die Autokolonne mit Hitler vorn. Und bei uns fuhr er etwas langsamer, und er stand in der üblichen Pose mit dem angewinkelten Arm, machte aber nicht sein lachendes, sondern sein ernstes Gesicht, und wir waren enttäuscht: Mein Gott, das soll alles gewesen sein? Aber– wir haben Hitler gesehen, nicht?
    Architekt, 1921
    Hitler.– Gesehen? Ach, na ja… Zur Eröffnung der Autobahn. Ich war als Pimpf im Fanfarenzug, und da haben wir auf einer Brücke gestanden, und als er gekommen ist, mußten wir halt blasen, und da fuhr er unten durch in Richtung Dresden.
    Kaufmann, 1904
    Auf der Autobahn, bloß von weitem, 100 Meter oder wieviel das war. Ich war allein, die fuhren da durch.
    Der war doch hier! [Tippt sich an die Stirn.] Fehler werden immer gemacht, aber doch nicht solche. Lieber Himmel!
    Beamter, 1926
    Beim ersten Mal 36, da hab’ ich ihn an der Kaiser-Wilhelm-Straße in Breslau gesehen, da fuhr er zur Einweihung der Autobahn, d. h. zum ersten Spatenstich. Es war nach der Kirche, wir gingen aus Neugierde hin und waren erstaunt, daß nur spärliche Reihen dastanden und auf die Wagenkolonne warteten. Und als die Kolonne erschien, war bei uns nur Verlegenheit. Ein paar Leute klatschten, und ’n paar hoben die Hand. Niemand wußte, wie er sich verhalten sollte.
    Kfm. Angestellte, 1914
    Ich war immer politisch sehr uninteressiert, muß ich leider sagen. Ich kann mich aber noch erinnern, daß mit einmal alles so begeistert war, eigentlich waren wir auch begeistert, weil Hitler das ja sehr gut angelassen hatte, er hatte ja für Arbeit gesorgt, da wurden ja die ersten Autobahnen gebaut. Überall gab es Arbeit, und die jungen Leute kamen von der Straße weg, und die Begeisterung war sehr groß. Aber daß wir jungen Leute darüber nachgedacht hätten, was dabei rausbraten würde, das glaub’ ich nicht.
    Hausfrau, 1915
    Ich habe ihn mal gesehen, da hatte er gar keine schwarzen Haare, die Haare waren kastanienbraun. In Hamburg war das. Ich bin Engländerin, habe mitgejubelt, das war ansteckend.
    Angestellte, 1917
    An einem Tag zweimal. 1936 oder 1937, als die » Gustloff« oder die » Robert Ley« getauft wurde. Oder war er das gar nicht selber? Doch, doch, das muß er gewesen sein. Abends hat er doch in der Hanseatenhalle gesprochen.
    Aber ich erinnere mich gar nicht mehr so genau, ob er das wirklich war. Die Leute waren wie besessen. Aber er blieb ganz ruhig. Er blieb ja immer ganz ruhig.
    Für mich war das ein großes Erlebnis… Und das war alles so großartig durchorganisiert.
    Lektor, 1914
    Ich will Ihnen was sagen: Ich war ungeheuer enttäuscht.
    Einmal von sehr nahe, im Künstlerhaus in München. Das war ein Zufall. Da war unten ein Café drin, und

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