Hazienda der Traeume - Julia Saisonband Bd 66
hineinzulassen, besorgte Topfpflanzen auf dem Markt und verteilte sie im Haus. Während Rafael im Atelier arbeitete, fuhr sie mit Eufrasia nach Morelia, um neue Vorhänge für die Räume zu kaufen. Kico bekam hellblaue Vorhänge, das Schlafzimmer wurde mit einem Stoff in Beige-, Weiß- und Gold-tönen aufgehellt.
Wenn sie am Abend mit Rafael durch die Korridore zum gemeinsamen Schlafzimmer ging, störte sie sich jedes Mal an den Bildern der Märtyrer, die die Wände zierten. Eines Nachts nahm sie allen Mut zusammen und fragte: „Können wir die nicht endlich abhängen?“
„Natürlich. Ich habe dir doch freie Hand bei der Umgestaltung des Hauses gelassen, Julie. Wenn du möchtest, spenden wir die Bilder der Kirche.“
Am nächstenAbend stellte Julie eine Leiter auf und machte sich daran, die düsteren Gemälde abzuhängen. Zwei hatte sie bereits auf den Fußboden gestellt, jetzt war ein Märtyrer aus dem siebzehnten Jahrhundert an der Reihe, der sie an die Spanische Inquisition erinnerte. „Tut mir leid, alter Junge, auch du musst dran glauben“, sagte sie leise.
Sie griff nach dem Bild und nahm es vom Haken, als plötzlich das Licht ausging.
Es war stockdunkel. Julie schwankte auf der Leiter, versuchte, das schwere Bild festzuhalten und stieg vorsichtig die Sprossen herunter. Dann hielt sie inne und lauschte, weil sie meinte, ein Geräusch gehört zu haben.
„Hallo? Ist da jemand?“
Keine Antwort. Wahrscheinlich hatte sie sich nur etwas eingebildet. Diese Heiligenbilder machten sie ganz verwirrt. Aber sie spürte deutlich, dass sie nicht allein war. Jetzt hörte sie ein Rascheln. Da atmete doch jemand!
„Eufrasia? Eloisa? Seid ihr das?“
Keine Antwort. „He, ich finde das gar nicht witzig.“
In diesem Moment stieß jemand an die Leiter. Sie schwankte. Entsetzt ließ Julie das schwere Bild fallen und ging selbst zu Boden.
Benommen schleppte sie sich ins Wohnzimmer und rief nach Eloisa. Die Hausangestellte warf nur einen Blick auf sie und alarmierte Rafael.
Julie hatte sich beim Fall den Kopf gestoßen, der höllisch schmerzte. Auch ihr Handgelenk tat weh. Vorsichtig ließ sie sich auf dem Sofa nieder und versuchte, sich zu beruhigen. Ihr war übel. Jemand hatte sie von der Leiter gestoßen. Aber wer?
Rafael eilte zu ihr. „Julie“, rief er entsetzt. „Was ist passiert?“
„Ich bin von der Leiter gefallen.“
„Rufen Sie den Arzt!“, befahl er Eloisa.
„Nein.“ Julie wehrte ab. Als sie sich auf die Hände stützte, zuckte sie vor Schmerz zusammen. „Ich habe mir wohl die Hand verstaucht“, sagte sie.
Behutsam untersuchte Rafael das geschwollene Gelenk. Hoffentlich ist es nicht gebrochen, dachte er beunruhigt. „Sag genau, wie das passiert ist.“
„Ich hatte gerade ein Gemälde abgehängt, als das Licht ausging. Da war jemand. Ich habe es genau gehört. Wer auch immer es war, er hat mich von der Leiter gestoßen.“
„Aber das ist doch völlig unmöglich, Julie. Wer sollte so etwas tun? Bist du dir ganz sicher?“
„Allerdings.“
„Dann rufen Sie die Polizei, Eloisa. Jemand soll das ganze Haus absuchen. Sie gehen mit.“
„Ich, Señor?“
„Ja, nehmen Sie Juanita mit, wenn Sie das beruhigt.“
„In Ordnung.“ Beunruhigt sah sie Julie an. „Ein Geist hat Sie von der Leiter gestoßen, Señora Julie. Ein Geist, der nachts durchs Haus spukt.“
„Lassen Sie den Unsinn, Eloisa“, rief Rafael sie zur Ordnung. „Ich will so etwas nie wieder hören. Verstanden? Und jetzt rufen Sie endlich die Polizei!“
Sie waren gerade eingeschlafen, als Kicos Schrei sie aus dem Schlaf riss. Julie sprang aus dem Bett und zog sich hastig den Morgenmantel über. Auch Rafael hatte sich aufgesetzt.
„Wahrscheinlich wieder ein Albtraum“, sagte er.
Kicos Schreien war markerschütternd. So schnell sie konnten, rannten sie zu seinem Zimmer und stießen die Tür auf. Rafael knipste das Licht an.
Der Kleine stand im Bett und schrie in panischer Angst: „Sie ist hier! Mama ist hier!“
Julie setzte sich zu ihm aufs Bett und schloss ihn in die Arme. Beruhigend sprach sie auf ihn ein. „Alles ist gut, Kico. Wir sind bei dir, Schatz. Dein Papa und ich sind hier. Niemand kann dir etwas tun.“
Sie wiegte ihn hin und her, bis er aufhörte zu weinen. Behutsam strich sie ihm das feuchte Haar aus der Stirn und Rafael fragte: „Hattest du wieder einen Albtraum, Junge?“
Kico schüttelte den Kopf. „Nein, es war kein Albtraum, Papa. Ich habe Mama gesehen.“
Rafael setzte sich aufs
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