Head Shot: Thriller (Knaur TB) (German Edition)
Glatze, mindestens zehn Zentimeter kleiner als seine Frau, in einem seidenen T-Shirt und Sportsakko, die beide farblich perfekt auf Nitzys rotbraunes Strickdings abgestimmt waren. Beide hielten riesige Weinkelche in der Hand, die nicht mal zu einem Viertel gefüllt waren.
»Aidan, darf ich dir die Grenouilles vorstellen«, eröffnete Nitzy und winkte uns ins Haus.
Er verbeugte sich, als wir uns die Hand gaben, und sagte etwas auf Französisch, das ich nicht richtig verstand. Etwas über die Ehre, Landsleute in seinem bescheidenen Heim begrüßen zu dürfen. Ich antwortete freundlich, aber wesentlich weniger geschliffen, dass ich Amerikaner mit französischen Vorfahren war, was mein furchtbarer Akzent sicher bestätigte.
Er lächelte und antwortete: »Was ist schon ein Akzent, nur eine Art zu sprechen. Meine Eltern emigrierten von Lyon nach Mexiko City, als ich zehn Jahre alt war. Während ich aufwuchs, wurden meine Fragen ständig von Franzosen auf Spanisch beantwortet.
Du
vin?
« Er hob sein Glas und nannte den Namen, ein weiterer Beweis seines linguistischen Könnens. »Einer von unseren Lieblingsweinen im Winter.«
Ehe sie uns in das Wohnzimmer geleiten konnten, nahm ich mir einen Moment, um ihnen Komplimente über den vier mal vier Meter großen Wilson Franklin zu machen, der in der zweistöckigen Eingangshalle hing. Motiv war ein junges Mädchen als Zuschauerin in der ersten Reihe bei einem Boxkampf. Nitzy stand hinter Natsumi und hielt sie an beiden Armen, während wir es ehrfürchtig bewunderten.
»Einige davon muss man einfach mit nach Hause nehmen, finden Sie nicht auch?«, sagte Nitzy. »Wenn ich nicht von schönen Dingen umgeben sein könnte, wäre das Leben für mich nicht lebenswert.«
»Sie haben wirklich ein schönes Haus«, schmeichelte Natsumi.
»Alle glauben, es sei von Le Corbusier, aber tatsächlich ist es von Willa Petersen, einer seiner Schülerinnen«, erklärte Nitzy. »Offen gestanden finde ich sie um Längen besser, aber wer ist schon objektiv, wenn es um das eigene Heim geht?«
Wie im restlichen Haus waren auch die Wände, Böden und Decken des Wohnzimmers satinweiß, um Gemälde, Wandbehänge und Skulpturen besser zur Geltung zu bringen. Einige der Künstler erkannte ich wieder, weil ich sie in der Galerie gesehen oder bei meinen Recherchen entdeckt hatte, aber die meisten waren mir unbekannt. Ein Umstand, dem prompt mit einem einstündigen Vortrag über die Ursprünge und Feinheiten moderner Kunst abgeholfen wurde. Diese Aufgabe übernahm Nitzy allein. Aidan konzentrierte sich auf den Wein und ein bewunderndes und bewundernswertes Schweigen. Als sie fast am Ende schien, warf er ein: »Nitzy sagte mir, Sie hätten eine wahrhaft großartige Party in Planung?«
Nitzy machte eine Geste, als erteilte sie uns die Erlaubnis zu sprechen.
»Das stimmt«, antwortete Natsumi. »Es ist so aufregend, dass die Galerie Bellefonte eingewilligt hat, der Begünstigte zu sein.«
»Für uns ist es nicht weniger aufregend«, sagte Aidan. »Um auf diesem Niveau zu sammeln, benötigt man eine Menge Geld. Und dank der Russen, Chinesen und Brasilianer schießen die Preise für Kunst in der letzten Zeit in ungeahnte Höhen.«
»Wir helfen nur zu gern«, sagte ich.
»Sie kennen den Preisdruck doch aus Ihrer eigenen Tätigkeit, Auric«, sagte Aidan. »Rohstoffhandel, richtig?«
»Richtig.«
Er wartete darauf, dass ich mich weiter ausließ, und als ich das nicht tat, fuhr er fort: »Der Rohstoffhandel schüchtert mich offen gestanden ein. Dazu fehlt mir der Nerv. Zu viel Wilder Westen. Ich bin nur ein langweiliger alter Wertpapierhändler. Sie handeln mit Öl, Weizen, Schweinebäuchen …?«
»Edelmetalle«, sagte ich. »Aber nicht auf dem freien Markt. Ich nenne es gern strategischen Handel.«
»Das klingt interessant«, sagte Nitzy mit einem Blick auf ihren Mann, der zu sagen schien, irgendwie ist der Kerl faszinierend.
»Es ist ziemlich esoterisch und ehrlich gesagt auch langweilig, wenn man es genau nimmt«, sagte ich. »Sie haben recht, der Wein ist ausgezeichnet. Charlene, erzähle unseren Gastgebern doch noch mehr von deinen Partyplänen.«
Was sie tat und dabei reichlich Dankbarkeit dafür verströmte, dass Nitzy sowohl beim Konzept als auch bei den geplanten Arrangements geholfen hatte. Nitzy nahm den Dank mit einer »Aber selbstverständlich«-Miene entgegen.
»Das Thema ist also Gold und Silber, Feuer und Eis«, sagte Aidan. »Scheint mir angemessen für einen Edelmetall-Händler.
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