Heißes Blut: Anthologie (German Edition)
lebhafte Erinnerung an Lancelots Hände, seinen Mund … und seine schier unglaubliche Erektion auslöschen würde.
Der Mann war wirklich verdammt gefährlich. Noch nie hatte sie eine solche Leidenschaft erfahren wie mit ihm. Selbst abgesehen von der Sache mit dem Beißen war sie von schwindelerregender Intensität gewesen.
Am schlimmsten jedoch war, dass ihr das eine Mal mit ihm noch lange nicht genügte. Sie wollte wieder von dem verzehrenden Feuer seiner Leidenschaft verschlungen werden, wollte, dass er ihr die Selbstkontrolle nahm und sie wieder in die hungrige Kreatur verwandelte, zu der sie in seinen Armen geworden war, zu der Grace, die sie so noch nie erlebt hatte. Als sie als naiver kleiner Teenager davon geträumt hatte, mit ihm zu schlafen, hatte sie sich nicht einmal annähernd vorstellen können, wie wundervoll es war.
Grace konnte sich noch gut an das erste Mal erinnern, als sie Lance gesehen hatte. Er hatte gerade versucht, einem erst kürzlich mit der Gabe beschenkten jungen Vampir, der noch nie eine Klinge in der Hand gehalten hatte, das Fechten beizubringen. Da Lance irgendwann sein Hemd abgelegt hatte, bevor sie hinzugekommen war, hatte sie seinen schönen, mit einem feinen Schweißfilm bedeckten Oberkörper sehen können – und sich auf den ersten Blick in Lance verliebt, mit der ganzen beschämenden Heftigkeit, zu der nur ein Teenager fähig ist.
Danach war sie ihm nachgelaufen wie ein Hündchen, wenn sie nicht bei ihrer sterbenden Mutter gewesen war. Ihre tollpatschigen pubertären Avancen hatte er jedoch so zartfühlend zurückgewiesen, dass er ihr nicht wirklich das Herz gebrochen hatte. Und später, als er das ganze Ausmaß ihrer Einsamkeit und Trauer erkannt hatte, hatte er sie unter seine Fittiche genommen und sie im Fechten unterrichtet, um sie zu beschäftigen, wenn er nicht gerade Streitigkeiten zwischen ihr und Morgana geschlichtet hatte.
Sich nun als Zielscheibe seiner entschlossenen erotischen Bestrebungen wiederzufinden strapazierte ihre emotionalen Abwehrkräfte allzu sehr. Es war viel zu verlockend, seiner Verführung nachzugeben, zumal das Zusammensein mit ihm eine so exquisite Erfahrung gewesen war.
Doch leider konnte Grace sich den mit einer weiteren Kapitulation verbundenen Preis nicht leisten. Nicht, wenn sie dabei riskierte, wie Clarice zu enden – als gefährliche Psychotikerin, die für alle eine Bedrohung war, die das Unglück hatten, ihren Weg zu kreuzen.
Seufzend trat Grace aus der Dusche und trocknete sich ab. Obwohl ihr der Kopf schwirrte vor Sorge, war ihr Körper noch immer von der sanften Wärme und wohligen Ermattung beherrscht, die wirklich guter Sex mitbrachte. Als sie zu ihrem Gesicht im Spiegel aufblickte, waren ihre Lider schwer, und ihre Augen glänzten vor Zufriedenheit. »Du wirst Lancelot du Lac keine zwanzig Fuß mehr an dich heranlassen«, sagte sie streng zu ihrem verträumt blickenden Spiegelbild.
Das sie darauf jedoch nur höhnisch anzugrinsen schien.
Sie verzog das Gesicht, als sie nach einem frischen Handtuch griff und es um ihr feuchtes Haar legte. »Du bist Polizistin, Grace Morgan«, ermahnte sie sich, während sie sich die Haare trocken rieb. »Und das ist alles, was du jemals sein wirst.«
Schließlich ließ sie das Handtuch sinken, straffte sich und blickte wieder in den Spiegel.
Ihr Spiegelbild war nicht mehr da. Statt ihres eigenen Gesichts zeigte das Glas ihr die verdunkelte Fassade eines Gebäudes mit einer breiten Steintreppe davor. Eine blonde Frau mit einem Rucksack voller Bücher über der Schulter stieg die Stufen hinunter.
Grace gefror das Blut in den Adern, als sie in den Spiegel starrte, und konnte spüren, wie sich jedes Haar an ihrem Körper sträubte. Sie kannte das Gebäude. Es war die Bibliothek auf dem Campus des Tayanita Community College.
Das Bild bewegte sich, als ginge der Betrachter schnellen Schrittes auf die Blonde zu. Die Frau sah auf. Sie wirkte jung, höchstens wie neunzehn oder zwanzig, und hatte ein fein geschnittenes Gesicht und einen hübschen kleinen Mund. Ein Lichtstrahl aus einem der Fenster des Gebäudes offenbarte ihre klaren grünen Augen. Dann verschwand sie aus dem Bild, als der Betrachter an ihr vorbeiging und die Treppe zu der Bibliothekstür hinaufstieg. Eine männliche Hand streckte sich nach dem Knauf aus, um die Tür zu öffnen …
Und Grace starrte wieder in ihr eigenes erschrockenes Gesicht.
»Verdammt!« Sie fuhr zurück. »Was zum Teufel war das?« Ihr Instinkt riet ihr, sich
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