Herrin der Falken - 3
den Gram meines Vaters und den meiner Mutter, wenn sie erfährt, daß ich nicht mehr in Nevarsin bin.«
»Ich werde mich darum kümmern, sobald wir im Gasthof sind«, versprach Orain und ritt auf ein langes, niedriges Gebäude zu. Es hatte auf der Rückseite Ställe und über dem Tor ein Schild mit einem unbeholfen gemalten Falken. »Hier im ›Falken‹ können wir nach dem anstrengenden Ritt durch die Schneeberge gut essen und schlafen. Und wie viele von euch werden auch baden wollen? Es gibt heiße Quellen in der Stadt, und ein Badehaus ist keine zehn Häuser entfernt.“
Das rief neues Jubelgeschrei hervor. Nur Romilly dachte traurig, daß es ihr nichts nütze. Sie konnte sich nicht in ein Badehaus für Männer wagen, und dabei fühlte sie sich so schmutzig und hätte sich so gern gesäubert! Nun, es half nichts. Sie überzeugte sich, daß die Pferde und Chervines gut untergebracht wurden und versorgte die Kundschaftervögel. Nachdem sie sich Gesicht und Hände gewaschen hatte, so gut es ging, begab sie sich in den Speiseraum des Gasthofes, wo ein gutes Essen aufgetischt wurde. Orain hatte für alle Schlafzimmer genommen und den besten Raum im Haus dem kleinen Caryl zugeteilt, wie es seinem Rang zukam.
»Und du bist eingeladen, mein Quartier mit mir zu teilen, Rumal.«
»Das ist freundlich von Euch«, antwortete Romilly vorsichtig, »aber ich möchte im Stall bei meinen Schützlingen bleiben. Die Kundschaftervögel könnten an einem fremden Ort unruhig werden.«
Orain zuckte die Schultern. »Wie du willst. Aber beim Essen möchte ich mit dir noch über etwas anderes reden.“
»Jawohl, Sir.«
Das Essen bestand aus frischgebackenem Brot und gebackenen Wurzeln, dick und golden, gebratenem Geflügel und einem Gemüse-Eintopf. Alle hieben nach der spartanischen Ernährung auf der langen Reise gewaltig ein, und Orain hatte auch reichlich Wein und Bier bestellt. Caryl verweigerte er den Wein auf freundliche, väterliche Weise, und er bedachte Romilly mit einem Stirnrunzeln, als sie nach dem zweiten Becher greifen wollte.
»Du weißt genau, daß du soviel nicht verträgst«, schalt er. »Kellner! Bringt den beiden Jungen Apfelwein mit Gewürzwurzel.“
»Na, Mutter Orain«, neckte Alaric, dies eine Mal guter Laune, »werdet Ihr sie auch zu Bett bringen und ihnen ein Wiegenlied singen, während wir übrigen uns im Badehaus den Reisestaub abspülen?«
»Nein«, antwortete Orain, »ich gehe mit euch ins Badehaus.“
»Und gleich danach ins Freudenhaus!« rief einer der Männer und nahm sich einen großen Löffel voll von dem geschmorten Obst, das den Nachtisch bildete. »Ich habe seit – Zandru weiß, wie lange – keine Frau mehr angesehen!«
»Aye, und ich habe mehr vor, als sie anzusehen«, prahlte ein zweiter. Orain sagte: »Tut, was ihr wollt, aber dies ist kein Thema vor den Kindern.«
»Ich würde auch gern baden«, meinte Caryl. Orain schüttelte den Kopf.
»Das Badehaus hier in der Stadt ist nicht wie das im Kloster, mein Junge, sondern ein Ort für Huren und dergleichen. Ich kann auf mich selbst aufpassen, aber ein anständiger Junge deines Alters gehört nicht dorthin. Ich lasse dir eine Wanne auf dein Zimmer bringen. Dort kannst du dich einweichen und waschen und dann zu Bett gehen und gut schlafen. Und du –«, er betrachtete Romilly mit einem strengen Blick, »– du bist auch zu jung für das rohe Volk im Badehaus. Paß auf, daß der Kleine hier seine Füße ordentlich wäscht und bestelle dir dann selbst ein Bad. Du wärst für den Abschaum, der sich an solchen Orten herumtreibt, eine ebenso leichte Beute wie ein junges, anständiges Mädchen.«
»Warum den Jungen verzärteln?« fragte Alaric. »Soll er doch etwas vom Leben sehen, wie Ihr es zweifellos in seinem Alter getan habt, Lord Orain!«
Orains Gesicht verfinsterte sich. »Was ich getan haben mag, steht nicht zur Debatte. Für diesen Jungen und für Lyondris Sohn trage ich die Verantwortung, und es gehört sich nicht, daß ein Hastur ohne Bedienung ist. Du bleibst hier, Rumal, siehst nach dem Kleinen und steckst ihn ins Bett. Dann badest du selbst.«
»Laß dir von ihm nichts gefallen, Junge, du brauchst dich nicht wie ein Kind behandeln zu lassen«, sagte einer der Männer, der mehr als genug Wein getrunken hatte. »Du bist nicht der Diener des Hastur-Welpen.«
Romilly fiel eine gute Ausrede ein. »Ich möchte aber hierbleiben, denn ich bin ein Cristofero und finde keinen Geschmack an solchen Abenteuern.«
»Oha, ein Cristofero, der das
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