Herzensbrecher auf vier Pfoten
während sie das Sofa mit Reiseführern und Zeitungsartikeln aus der Sonntagsausgabe regelrecht zudeckten, doch nun zuckte Johnny einfach nur mit den Schultern und wich ihr aus.
»Bis dahin ist noch viel Zeit«, erklärte er, obwohl sie für gewöhnlich immer schon im April den Urlaub buchten. »Wir sollten abwarten, wie sich alles entwickelt.«
Wie sich was entwickelt?, hätte Natalie ihm am liebsten an den Kopf geworfen, was sie sich jedoch verkniff, falls Johnny tatsächlich ernsthaft über eine Fruchtbarkeitsbehandlung nachdachte. Bisher hatte sie ihm noch nichts von dem Brief des zuständigen staatlichen Gesundheitsdienstes erzählt, in dem stand, dass man sie auf eine Warteliste gesetzt habe und es »bis zu einem Jahr« dauern könne, bis sie an der Reihe seien. Womit ihr ausreichend Zeit bliebe, um das Thema noch einmal anzuschneiden, dachte Natalie verbittert. Zuerst müsste Johnny jedoch mit den Tatsachen klarkommen und endlich einsehen, dass sie Hilfe benötigen würden.
Es begann mit Gesprächspausen, in denen sie normalerweise albern herumgewitzelt hätten, und die daraus entstehende Distanz zwischen ihnen breitete sich geräuschlos und rasend schnell aus. Johnny ging immer öfter früh schlafen, da ihn angeblich die Schule erschöpfte. Doch Natalie wusste, dass dieser Grund nur vorgeschoben war, damit er so tun konnte, als würde er schlafen, wenn sie später unter die Bettdecke schlüpfte.
Eines Abends, als sie fest entschlossen war, ihm zu zeigen, wie sehr sie ihn liebte – Baby hin oder her –, zog sie ihr T-Shirt aus und schmiegte sich an seinen Körper, schob ihre Hände unter seinen Pyjama, um seine vertraute Brust und die Oberschenkel mit ihrer nackten Haut zu wärmen. Johnny, schon im Halbschlaf, begann, auf sie zu reagieren, drehte sich zu ihr um und presste seine Lippen auf ihren Hals. Beide schienen jedoch in jenem Moment plötzlich zu spüren, wie anders sich alles anfühlte, nach allem, was sie nun wussten. Die Leidenschaft war im Nu erloschen.
Mit einem herzergreifenden Seufzen hatte sich Johnny wieder auf den Rücken gedreht. Danach hatten sie beide schweigend, und ohne sich zu berühren, nebeneinandergelegen und so getan, als schliefen sie.
Natalie bezweifelte, diese Situation noch lange aushalten zu können. Während all der Jahre, die sie sich nun schon kannten, hatte es niemals Geheimnisse zwischen ihnen gegeben, geschweige denn Gedanken, die zu schmerzhaft waren, um sie mit dem anderen teilen zu können. Jetzt aber hatten sie das Gefühl, dass die erste Person, die das Problem anspräche, einen hässlichen Dominoeffekt aus gegenseitigen Anschuldigungen und Konsequenzen lostreten würde. Beide brachten es nicht über das Herz, sich mit den schrecklichen Gedanken auseinanderzusetzen, die sich wie Regenwolken in ihren Hinterköpfen zusammenbrauten.
Nächste Woche, ermahnte sich Natalie immer wieder.Nächste Woche werde ich ihm sagen , dass wir eine Therapie brauchen, um damit fertigzuwerden. Das Gespräch, das wir führen müssen, ist einfach zu komplex, um es allein bewältigen zu können.
Wenn auch unwissentlich, so war es tatsächlich nur Bertie und seiner neuen Rolle als Bauchrednerpuppe zu verdanken, dass sie sich überhaupt wieder miteinander unterhielten.
»Na, bist du bereit für deinen samstäglichen Club?«, fragte Johnny ihn am nächsten Samstagmorgen. »Lust auf ein Bacon-Sandwich? Auf einen Spaziergang und einen Plausch mit deiner Pudelfreundin?«
Natalie war sofort klar, dass er sich nicht mit Bertie, sondern indirekt mit ihr unterhielt.
»Schließlich haben wir letzte Woche einen Besuch übersprungen«, fuhr er fort und verschwieg, dass er an jenem Tag drei Stunden lang durch die Gegend gefahren war und es Natalie überlassen hatte, allein ihre Runde mit Bertie um den Kanal zu drehen. »Du sollst nicht den Eindruck bekommen, dass wir deine Sozialkontakte schleifen lassen.« Johnny sah zu Natalie auf. »Bill hat gestern angerufen. Er wollte wissen, ob wir heute zur Auffangstation mitkommen, um mit den Hunden Gassi zu gehen.« Er hielt inne. »Letzte Woche hat er uns dort vermisst. Vielleicht sollten wir hingehen, bevor wir es uns ganz abgewöhnen.«
Es ist erst zwei Wochen her, seit wir die Ergebnisse bekommen haben, dachte Natalie, doch es kam ihr viel länger vor.
»Möchtest du allein mit Bill hingehen?« Sie kraulte Bertie mit einer Hand. Er lag auf dem Sofa, den Kopf auf einer Armlehne. Eigentlich durfte er nicht dort auf dem Sofa liegen, aber
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