Hexer-Edition 22: Der Sohn des Hexers II
erstaunliche Fähigkeiten verfügen. Ich weiß ja, dass sie das Wort Zauberei nicht mögen, aber Sie sollten sich allmählich daran gewöhnen, Inspektor.«
Cohen verzog das Gesicht, als hätte er plötzlich auf einen Stein gebissen. »Sie wissen, dass ich davon -«
»- nichts halte«, unterbrach ihn Craven. »Sie sind das Paradebeispiel für einen ungläubigen Thomas, Inspektor. Was Sie nicht verstehen, das leugnen Sie einfach ab, nicht wahr?«
Für einen Moment sah es aus, als würde Cohen auffahren. Dann verwandelte sich der Ausdruck von Zorn in seinem Blick in Unsicherheit.
»Aber gut«, fuhr Craven fort. »Lassen wir es für den Moment dabei, dass wir etwas erlebt haben, was wir nicht verstehen und auch nicht völlig erklären können. Was haben Sie weiter herausgefunden?«
Cohens Gesichtsausdruck verdüsterte sich noch mehr. »Das sind die ganz schlechten Nachrichten«, sage er. »Es ist mir gelungen, die Namen der Kinder rauszufinden, die damals ums Leben kamen. Ein Joshua Pasons war nicht dabei.«
»Dann wären es ja auch neunzehn gewesen«, sagte Craven, aber Cohen fuhr unbeeindruckt fort:
»Hennessey – er kam übrigens damals auch ums Leben – hat niemals einen Adoptivsohn gehabt. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich behaupten, dass dieser Joshua nie existiert hat. Zumindest konnte ich in der Kürze der Zeit keinerlei Beweise für seine Existenz ausfindig machen.«
»Was ist an dieser Neuigkeit so schlecht?«, erkundigte sich Craven und biss ein zweites Mal und mit sichtlich großem Appetit in sein Sandwich.
»Zum einen der Umstand, dass ich mit einem Jungen gesprochen habe, der scheinbar niemals existiert hat«, sagte Cohen. »Ich schätze es nicht, mit Gespenstern zu reden, wissen Sie? Aber darüber hinaus war dieser Junge möglicherweise unsere einzige Spur, Ihren geheimnisvollen Freund Crowley zu finden.«
»Crowley ist nun wirklich nicht mein Freund, Inspektor.«
»Hm«, machte Cohen, auf eine Weise, die klar machte, für wie überflüssig er diese Antwort hielt. »Also gut, Robert – ich unterstelle jetzt einfach einmal, dass ich in Wahrheit nicht in einer Gummizelle sitze und Fliegen esse, sondern dies alles wirklich erlebt habe. Nicht, dass ich es glaube, aber nur einmal angenommen, Sie und ich waren tatsächlich in Brandersgate und haben etwas erlebt, was sich in Wirklichkeit vor fünf Jahren abgespielt hat, dann beantworten Sie mir eine Frage: Was sollte das alles?«
»Ich verstehe nicht ganz -«
»Sie verstehen mich ganz gut«, unterbrach ihn Cohen, in nicht einmal unfreundlichem, aber doch sehr scharfem Ton. »Crowley hat zwei Mal scheinbar versucht, Sie umzubringen, und jedes Mal war dieser Junge dabei. Warum hat er dieses ganze Theater arrangiert, wenn er Sie am Schluss dann doch wieder laufen lässt?«
Der Mann, der auf der anderen Seite des Tisches saß und wie Robert Craven aussah, hätte ihm diese Frage beantworten können.
Aber natürlich tat er es nicht.
Das Gefühl, einen nicht wieder gutzumachenden Fehler zu begehen, wurde stärker mit jedem Schritt, den Howard und Rowlf tiefer in die Schwarze Stadt eindrangen. R’lyeh war noch größer, unendlich viel größer, als er selbst bisher geglaubt hatte. Sie hatten mit George vereinbart nach zwei Stunden zurück zu sein, doch diese Frist war bereits verstrichen gewesen, ehe sie auch nur die ersten Ausläufer der Stadt erreichten, und mehr als eine weitere Stunde verstrich, bis die schwarze Pyramide im Herzen dieses Gestalt gewordenen Albtraumes auch nur sichtbar näher zu kommen begann. Und jeder Schritt fiel ihnen ein winziges bisschen schwerer als der zuvor.
Rowlf hatte es nicht ausgesprochen – genau genommen hatte er so gut wie gar nichts gesagt, seit sie in die Stadt eingedrungen waren –, aber Howard spürte, dass es dem rothaarigen Riesen nicht anders erging als ihm. Seine Bewegungen waren noch immer ruhig, aber es war eine erzwungene, ungute Ruhe jetzt und so sehr er sich auch in der Gewalt hatte, vermochte er doch die kleinen, nervösen Blicke, die er immer öfter in die Runde warf, nicht ganz zu unterdrücken. Offensichtlich fühlte er dasselbe wie Howard, nämlich dass sie sich an einem Ort befanden, an dem sie nicht sein sollten, und sich einem Ort in diesem Ort näherten, an dem sie nicht sein durften. Dies war keine Stadt der Menschen. Sie war nicht von Menschen und nicht für Menschen gebaut worden und Menschen konnten und durften hier nicht sein. Zwar war die Stadt nach wie vor verlassen,
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