HISTORICAL BAND 295
Armeen anrichten kann. Irgendwie müssen wir das unter Kontrolle bringen. Ich kann es mir nicht leisten, dass der größte Teil meiner Arbeiter ausfällt.“
„Ich wüsste nicht, wie“, meinte Eisenfaust, „aber wir haben jemanden hier, der es wissen könnte.“
Wulfrum folgte seinem Blick zur anderen Seite des Saals. Elgiva stand noch immer über Harald gebeugt, der sie fast bewundernd ansah. Auf einmal erkannte Wulfrum, dass der junge Mann außerordentlich gut aussah und ein sehr gewinnendes Lächeln hatte, das Elgiva zu gefallen schien. Mürrisch kniff er die Lippen zusammen, ließ Eisenfaust stehen und ging zu Haralds Lager. Elgiva hob überrascht den Kopf.
„Herr?“
„Wenn du hier fertig bist, möchte ich mit dir und Osgifu reden.“
Er sprach mit leiser, aber frostig klingender Stimme. Die beiden Frauen sahen einander fragend an.
„Wie Ihr wünscht, Herr.“
Dann setzte Elgiva ihre Arbeit fort und wickelte den Verband um die Schulter ihres Patienten.
„Du erholst dich gut, wie ich sehe“, sagte Wulfrum zu Harald.
„So ist es, Herr. Und das habe ich nur diesen Damen zu verdanken.“ Seine Augen verrieten noch deutlicher als sein Tonfall, wie groß seine Bewunderung war. Als Elgiva daraufhin dankbar lächelte, versteifte sich Wulfrum nur noch mehr.
„Ich hoffe, du wirst bald wieder aufstehen können.“
„Das hoffe ich auch, Herr.“ Wieder sah er zu Elgiva, deren Hände für einen Moment auf seiner Brust ruhten, während sie den Verband zurechtrückte.
„Es freut mich, das zu hören“, gab Wulfrum zurück.
Sobald Elgiva aufstand, nahm Wulfrum sie am Arm und zog sie mit sich an den Rand des Saals, während Osgifu ihnen folgte. Sie hörten schweigend zu, als er ihnen die Situation im Dorf schilderte, und sahen sich zwischendurch kurz besorgt an. Osgifu erklärte schließlich: „Ich muss mir die Kranken selbst ansehen, Herr.“
„Ihr könnt ins Dorf gehen. Eisenfaust wird euch begleiten.“
„Darf ich auch mitkommen?“, wollte Elgiva wissen.
„Nein. Du bleibst hier und bereitest die erforderlichen Heilmittel vor.“
„Aber ich könnte ebenfalls behilflich sein.“
„Trotzdem nein.“
„Aber …“
„Ich habe Nein gesagt.“
Sie biss sich auf die Lippe, schwieg jedoch und schaute Osgifu nach, die sich zusammen mit dem Krieger auf den Weg ins Dorf machte. Dann drehte sie sich um.
„Bleib hier.“
Elgiva hielt inne. „Herr?“
Für einen Moment trafen sich ihre Blicke, und ihre Augen drückten deutlicher als alle Worte aus, was sie von seiner Entscheidung hielt. Er musste sich ein Lächeln verkneifen.
„Du wirst den Aufgaben nachkommen, die hier auf dich warten.“
„Wie Ihr meint, Herr.“ Ihr Tonfall war kühl und scheinbar gleichmütig, aber er enthielt auch eine Spur von Kritik, die Wulfrum nicht entging.
„Osgifu wird beurteilen können, was benötigt wird.“
„Das wird sie, und sie wird es gut machen. Aber wenn es eine Seuche ist, wird sie allein damit überfordert sein.“
„ Falls es eine Seuche ist.“
Einige Herzschläge lang schwieg sie, dann sah sie ihn wieder an. „Ihr glaubt immer noch, ich könnte weglaufen, nicht wahr?“
„Ich ziehe die Möglichkeit in Erwägung.“
„Glaubt Ihr tatsächlich, ich würde meine Leute im Stich lassen, wenn sie todkrank sind?“
„Das hat dich beim ersten Mal auch nicht von einer Flucht abgehalten.“
Er konnte beobachten, wie sich ihre Wangen rot verfärbten, dennoch hielt sie seinem Blick stand. „Das war eine unüberlegte Entscheidung, die ich längst bereue. Außerdem hatte ich seitdem weitaus bessere Gelegenheiten für einen Fluchtversuch und habe sie nicht genutzt.“
„Weil du wusstest, ich würde dich früher oder später aufspüren.“
„Nein, weil ich meine Leute nicht der alleinigen Gnade der Wikinger ausliefern wollte.“
„Aber sie sind doch meiner Gnade ausgeliefert, oder nicht? Und das schließt dich ein.“ Er sah, wie das Rot ihrer Wangen sich verstärkte, wodurch sie nur noch anziehender aussah.
„Dann lasst mich ihnen helfen.“
„Du hilfst ihnen doch.“ Er deutete auf die Männer, um die sie sich bis eben gekümmert hatte. „Deine und meine Landsleute haben dir viel zu verdanken.“
„Das meine ich nicht, und das wisst Ihr so gut wie ich.“
„Trotzdem liegen deine Pflichten hier, und hier werden sie auch weiterhin liegen.“
Er sprach die Worte beiläufig aus, aber unterschwellig war der Befehlston nicht zu überhören. Nur mit Mühe verkniff sie sich den Protest,
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