Historical Band 298
das die ganze Zeit gewünscht. Tag für Tag war da dieses Ungeheuer in ihm gewesen, das sich Dinge von diesem Jungen wünschte, die kein Mann sich von einem anderen wünschen sollte.
Weil sie kein anderer Mann war. Sie war etwas anderes .
Etwas drängte ihn zu ihr. Er musste es wissen. Musste den letzten Beweis in Händen halten. Mit eisernem Griff packte er ihre beiden Handgelenke. Wie leicht man doch eine Frau festhalten konnte. Man brauchte nur eine Hand dazu.
Die rechte Hand schob er vorn in ihre Hose, suchte nach dem Beweis. Seine Finger brannten auf nackter Haut, strichen über weiche Locken.
Und fühlten endlich einen Bausch aus Leinen.
Er hielt ihn in der geballten Faust und zog die Hand zurück. Ihr so nah zu ein, war eine einzige Versuchung.
Wütend schüttelte er das lächerliche Stück Stoff und hielt es ihr entgegen.
„Du hast mich an der Nase herumgeführt!“ Einen Narren hatte sie aus ihm gemacht. Einen Einfaltspinsel! Den größten Bauerntölpel, der einen Widder nicht von einem Mutterschaf unterscheiden konnte.
Und nicht nur ihn. Sie hatte sie alle überlistet.
Oder vielleicht nicht?
„Wer weiß davon? Geoffrey? Henry? Irgendjemand sonst?“
Sie ließ den Kopf hängen und mied seinen Blick. „Nur Hawys.“
„Hawys? Wer ist das?“
Sie hob den Kopf, und er sah Zorn in ihren Augen aufflammen, der seinem eigenen ebenbürtig war. „Ihr wart mit ihr im Bett und kennt nicht einmal ihren Namen?“
Für einen Mann war das keine Sünde. „Wer ist sie?“
„Sie ist die Frau, die Ihr auf mein Bett geworfen habt“, erwiderte sie bitter.
In seinen Ohren begann es zu rauschen. Aber er hatte doch gehört, wie … Was hatte er gehört?
Jane sah seine Verwirrung und gab ihm die Antwort. „Wir haben so getan, damit Ihr keinen Verdacht schöpft.“
Erleichterung stieg in ihm auf. „Sonst weiß es keiner?“
„Keiner! Und keiner darf es wissen. Bitte, Duncan. Ihr müsst mir helfen.“
Vor Überraschung blieb ihm für einen Moment der Mund offen stehen. Dann biss er wütend die Zähne zusammen. Er wollte nicht helfen. Am liebsten wollte er mit den Fäusten auf den Verräter einhämmern, so lange, bis er all die Wut, die in ihm tobte, losgeworden war.
Aber er konnte doch keine Frau schlagen.
Noch nicht einmal eine, die ihn so getäuscht hatte.
„Dir helfen? Wobei?“, knurrte er schließlich. „Was willst du eigentlich?“
„Das Gleiche, was Ihr wollt! Ich will leben, studieren, ohne Angst vor Überfällen oder Schlimmerem durch die Stadt gehen. Ich möchte, dass man zuerst mich sieht und hört, bevor man schaut, wie groß meine Brüste sind.“
Bei Gott. Unwillkürlich senkte er den Blick auf ihre Brust.
Sie nickte. „Ja, ich habe welche. Fest und sicher bandagiert.“
„Das Pferd? Die Verletzung …?“ Er beendete die Frage nicht. Alles Lügen. Sie hatte wie auf einem Instrument mit ihnen gespielt. Hatte sie alle zum Narren gehalten.
Und doch hätte er sie am liebsten einfach nur in die Arme genommen. Mühsam unterdrückte er sein Verlangen. „Was du getan hast, ist unnatürlich.“
„Ich habe nichts getan, was ich nicht in der Beichte bekennen könnte“, antwortete sie. „Ihr seid doch derjenige, der Schafe angesprochen hat.“
Er zuckte zusammen. Ihm war nicht nach Scherzen zumute.
Schafe hatten ihn nie interessiert.
Jane ging jetzt auf und ab, genauso, wie er es tat, wenn er unterrichtete. Unter anderen Umständen hätte ihn das amüsiert.
„Was ist unnatürlich daran, dass man lernen, studieren und reisen möchte, ohne dass einer einem sagt; ‚Das darfst du nicht. Das kannst du nicht tun, weil du unglücklicherweise als Frau geboren bist‘?“
„Deine Geburt ist kein Unglück. Gott hat dich als Frau erschaffen. Du bist für andere Dinge bestimmt.“ Gerade jetzt konnte er an nichts anderes denken als daran, dass sie dafür bestimmt war, unter ihm zu liegen.
Das schmale Bett, das größte Möbelstück in der Kammer, sah einladend aus.
„Für andere Dinge? Etwa dazu, auf den Straßen der Gnade betrunkener Studenten ausgeliefert zu sein, die einen Kuss oder Schlimmeres erzwingen?“
Die Wangen brannten ihm bei der Erinnerung. Kein Wunder, dass ihr Magen rebelliert hatte, als sie diese Frau bedrängten. „Jeden, der dich belästigt, töte ich mit eigener Hand.“
Ihr Blick wurde weicher. „Danke“, sagte sie.
Noch nie hatte sie weiblicher ausgesehen.
Duncan rang nach Atem. Wichtig war jetzt, einen klaren Kopf zu bekommen, zu überlegen, was zu tun
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