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Historical Weihnachtsband 1990

Titel: Historical Weihnachtsband 1990 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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alten Mantel, da sie aus ihrem eigenen Wollumhang warme Hosen und ein Hemd für Lee genäht hatte. Der zu große Mantel hing ihr halb über die Knie, und ihre Hände verschwanden in den Armen. Den Kragen hatte sie hochgestellt, doch selbst dessen Schutz genügte nicht, um die Kälte abzuwehren.
    Seufzend wandte sich Melinda ab und rieb sich die Arme, um sich aufzuwärmen. Er war nicht zu Hause. Den ganzen Weg war sie umsonst gefahren. Sie schaute sich um.
    Seitlich hinter dem Hauptgebäude lagen ein kleines Holzhaus, ein Viehstall, ein Pferch sowie ein paar Schuppen. Weiter entfernt, am Stall vorbei, war ein langes, schmales Gebäude, vermutlich die Schlafbaracke für die Cowboys. Gegenüber stand ein weiteres Haus. Das ist wahrscheinlich das Haus des Vorarbeiters, dachte sie.
    MacKenzies Ranch war ziemlich ausgedehnt. Aber nirgends waren Menschen zu entdecken.
    In gedrückter Stimmung stieg Melinda die Treppe wieder hinunter und ging auf den Buggy zu. Dabei fiel ihr Blick auf die niedrige Erhebung hinter dem Haus. Auf dem kleinen Hügel befand sich eine Windmühle. Sie stand so, daß sie die volle Kraft des Winds auffing, aber dennoch drehten sich die Windmühlenflügel nicht. Hoch oben auf der Plattform arbeitete ein Mann. Melinda faßte neuen Mut. Vielleicht war das MacKenzie, oder wenigstens jemand, der ihr sagen konnte, wo sie ihn fand.
    Rasch überquerte sie den Hof und kletterte auf den Hügel bis an den Fuß der Windmühle. Sie schaute zu dem arbeitenden Mann hinauf. Aus dieser Entfernung konnte sie seine Züge, die obendrein von einem Hut verdeckt waren, nicht erkennen. „Hallo?" rief sie, und der Wind riß ihr das Wort von den Lippen. Sie legte die Hände trichterförmig um den Mund und versuchte es noch einmal. „Hallo!"
    Der Mann schaute herunter, und obwohl Melinda sein Gesicht nicht sehen konnte, drückte seine Haltung, ja sogar die Art, wie er den Kopf wandte, Ungeduld aus. „Was gibt's?"
    „Ich suche einen Mr. Daniel MacKenzie", rief Melinda.
    „Sie haben ihn gefunden." Seine Stimme, die der Wind zu ihr trug, klang rauh und laut.
    Melinda zögerte. Weshalb kam er nicht herunter, so daß sie wie normale Menschen miteinander reden konnten? Es war schwer, irgend etwas zu besprechen, wenn man so hin- und herschreien mußte. „Man hat mir gesagt, daß Sie einen Koch suchen."
    Er legte die Hand ans Ohr. „Hab Sie nicht gehört!"
    Ärger stieg in Melinda auf. „Ich habe gesagt, ich komme wegen der Arbeit als Koch!"
    „Ich stelle keine Frauen ein." Daniel MacKenzie starrte auf die Frau hinunter und verzog den Mund. Insgeheim verfluchte er den Koch, der vor Wochen gekündigt hatte. Es war so eine verflixte Zeitverschwendung, einen Ersatz zu suchen. Aber er mußte dafür sorgen, daß seine Männer etwas zu essen bekamen, und die Frau seines Vorarbeiters beklagte sich, weil sie nicht länger für alle kochen wollte. Wenn er nicht bald jemanden fand, verlor er vielleicht sogar Will. Und Will war der beste Vorarbeiter, den er jemals gehabt hatte.
    Energisch reckte Melinda das Kinn vor. So leicht gab sie nicht auf, wie schroff und unhöflich dieser Mann auch sein mochte. Diese Stelle mußte sie bekommen. Sie war wild entschlossen, darum zu kämpfen. „Nach dem, was man so hört, haben Sie keine große Wahl."
    Das war der wunde Punkt. MacKenzie blickte finster drein. Haushälterinnen und Köchinnen bedeuteten Schwierigkeiten. Das hatte er schon Jahre zuvor herausgefunden. Sie weinten, wenn man sich über die Qualität ihrer Arbeit beschwerte, und bekamen einen eigensinnigen, störrischen Gesichtsausdruck, wenn man ihnen einen Befehl gab. Und am schlimmsten war, daß sie sich, falls sie nicht zu alt waren, Hoffnungen machten, die Stellung einer Haushälterin mit der dauerhafteren einer Ehefrau zu vertauschen. Dem nachzugeben hatte Daniel natürlich nicht das geringste Interesse, aber er haßte es, Schachzügen, Andeutungen und Fallen aus dem Weg gehen zu müssen.

    Fast genauso unangenehm war die Tatsache, daß sich manchmal Verlangen in ihm geregt hatte, wenn eine der Frauen hübsch gewesen war, und es ihn verlockt hatte, sie mit in sein Bett zu nehmen. Doch diese Dinge konnten sich als ebenso verzwickt erweisen wie die Ehe und waren nicht die unpersönliche, klare Beziehung, die er zu einer Haushälterin haben wollte. Körperliche Begegnungen waren etwas, das man mit den Frauen der Nacht in Amarillo hatte. Man bezahlte mit Geld für erwiesene Dienste, ohne daß es Verworrenheiten oder Qualen

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