Höllische Versuchung
verwandelte sich in weiche, menschliche Haut, die sich straff über einen zum Dahinschmelzen schönen Körper spannte. Kohlrabenschwarzes Haar fiel ihm bis auf die Schultern. Mit strahlend blauen Augen sah er mich an, lächelte und verlor das Bewusstsein.
»Raphael?«
Ausgeknockt. Während einer Technikphase kostete eine Verwandlung extrem viel Kraft. Zudem hatte er noch eine anstrengende Hetzjagd hinter sich. Da sorgte das Lyc-V, das Virus, dem die Gestaltwandler ihre Existenz verdankten, dafür, dass er sich ein wenig ausruhte.
Ich grummelte vor mich hin. Hätte er sich nicht zurück in einen Menschen verwandelt, wäre er bei Bewusstsein geblieben. Raphael wusste ganz genau, dass er nach der Verwandlung ohnmächtig und splitterfasernackt neben mir auf dem Sitz liegen würde und ich ihn die ganze Zeit anstarren müsste. Das hatte er mit Absicht getan. Der Casanova der Werhyänen hatte mal wieder zugeschlagen. Ich war sein unsinniges Werben um mich langsam leid.
Zehn Minuten später fuhr ich auf eine verlassene Shell-Tankstelle und hielt neben den überdachten Pumpen.
Ich zog mein Gewehr fest an mich und lauschte. Kein wütendes Zähnefletschen. Kein Knurren. Wir hatten es also geschafft.
Mein Herz schlug wie wild. Ich kniff die Augen zu und in meinem Mund breitete sich ein bitterer Geschmack aus. Eine verspätete Stressreaktion, nichts weiter.
In mir führte mein geheimes Ich einen Veitstanz auf, brüllte seinen Frust hinaus. Ich legte es in Ketten. Selbstbeherrschung. Letztendlich war alles eine Frage der Selbstbeherrschung. Schon als Kind hatte ich gelernt, meinen Körper meinem Willen zu unterwerfen – Selbstbeherrschung oder Tod, eine andere Alternative hatte es nicht gegeben. Die strikte geistige Konditionierung während meiner Ausbildung in der Akademie des Ordens hatte meine Willenskraft noch weiter gestärkt.
Tief einatmen und ausatmen.
Ganz ruhig.
Allmählich entspannte sich meine animalische Seite wieder. So ist’s gut. Schön geschmeidig. Brav.
Alle Gestaltwandler rangen mit ihrer inneren Bestie. Leider war ich keine gewöhnliche Gestaltwandlerin. Bei mir lagen die Dinge komplizierter. Und Raphaels Nähe machte alles nur noch schlimmer.
Er fläzte sich auf dem Sitz und begann leise zu schnarchen. Solange er schlief, war es müßig, darüber zu spekulieren, warum ein dreiköpfiger Riesenköter mit brennendem Sabber hinter ihm her war.
Nun sieh ihn sich einer an. Wie unbekümmert und sorglos er dort neben mir schlummerte, im vollen Vertrauen darauf, dass ich schon auf ihn Acht geben würde. Und das tat ich natürlich. Mir waren im meinem Leben schon so einige schöne Männer begegnet, klassische Schönheiten à la Michelangelos David. Doch obwohl Raphael nicht dazu zählte, schlug er sie alle um Längen.
Selbstverständlich hatte auch er seine Pluspunkte: bronzefarbene Haut, markante Kiefer und verführerisch volle Lippen. Aber sein Gesicht war zu schmal und die Nase zu lang. Doch sobald er eine Frau mit seinen dunkelblauen Augen ansah, war es um sie geschehen. Sein Gesicht war so interessant … so sinnlich. Es gab kein besseres Wort dafür. Raphael war geballte Sinnlichkeit, gezügelt zwar, aber unter seiner dunklen Haut loderten die Flammen.
Sein Körper verschlug mir beinahe den Atem. Er war schlank, hatte deutlich definierte Muskeln und eine schöne breite Brust, schmale Hüften und lange Beine. Mein Blick wanderte zwischen ebendiese. Er war üppig behangen.
Raphael war immer nett zu mir gewesen, netter, als ich es verdient hatte. Beim ersten Mal hatte ich mich unfreiwillig verwandelt und er und seine Mutter, Tante B, retteten mir das Leben, indem sie mir halfen, wieder zurück in meine menschliche Gestalt zu finden. Beim zweiten Mal steckte mein Rücken voller Silberstacheln und Raphael hatte mich gehalten und mir gut zugeredet, sie aus meinem Köper zu pressen. In diesen Momenten hatte ich seine Zuneigung gespürt und nur allzu gerne wollte ich glauben, dass diese Gefühle echt waren.
Leider war er auch noch ein Bouda. Wie hieß es doch gleich über die Werhyänen: Sie poppten alles, was nicht bei drei auf den Bäumen war. Ich hatte es mit eigenen Augen gesehen. Monogamie kam in ihrem Wortschatz nicht vor.
Raphael hatte mein wahres Ich gesehen und noch nie war ihm jemand wie ich untergekommen. Für ihn war ich DST - DINNFH . Das seltsame Teil, das ich noch nie flachgelegt habe .
Je länger ich darüber nachdachte, desto wütender wurde ich. In der Zwischengestalt hatte er
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