Hollywood
ich abreisen wollte, tauchte plötzlich ihr Vater auf und verlangte eine Entschädigung. Ich hätte geschworen, die Kleine sei mindestens zwanzig, aber er sagte, sie wäre erst siebzehn. Und zu allem Überfluß vermachte sie mir auch noch einen Tripper.«
Santini lachte. »Es geht doch nichts über eine richtige Sommerromanze. Auf die Liebe folgt die Enttäuschung. So ist es wohl immer.« Er warf Joe einen spöttischen Blick zu. »War sie wenigstens im Bett gut?«
Joe lachte. »Im Bett war sie super.«
»Dann war's also doch nicht so schlimm«, sagte Santini. Durch die Glastüren des Kinos sah er seinen Wagen vorfahren. »Ich muß in die Stadt«, sagte er. »Ich rufe Sie Anfang der Woche an. Ciao.« Mit einem Winken verschwand er.
»Ciao«, sagte Joe resigniert. Er sah zu, wie Santini davonfuhr, und warf einen weiteren Blick auf den Scheck. Dann faltete er das Papier und verstaute es sorgfältig in seiner Brieftasche. Was jetzt geschehen würde, wußte er schon. Er würde den Scheck bei seiner Bank einreichen, und der Scheck würde platzen. Dann würde er Metaxa einschalten, und der würde das Geld für ihn eintreiben. Wenn er Glück hatte, konnte er in drei oder vier Monaten tatsächlich über die fünftausend verfügen. Seufzend verließ er das Kino und ging eine Seitenstraße zur Via Véneto hinauf.
Es war kurz vor sechs, und die schwüle römische Hitze drückte schwer auf das Pflaster. Scharen von müden Touristen, die irgendeins der vielen Museen oder eine andere Sehenswürdigkeit absolviert hatten, hielten nach einem Platz in den Straßencafés Ausschau, um sich bei einem Eis oder einem Kaffee zu erholen. Joe steuerte automatisch seinen gewohnten Tisch auf dem Bürgersteig vor dem Café Doney an. Dieser Tisch stand genau gegenüber dem Hotel Excelsior und bot eine gute Aussicht auf den Zeitungsstand, wo die internationale Presse verkauft wurde. Es hieß, wenn man hier lange genug saß, konnte man jeden vorbeikommen sehen, den man auf der Welt kannte. Oder jedenfalls jeden, den man in Rom kannte.
Den Kellner kannte Joe schon seit langem. Ein würdiger Herr mit dünnen Haaren und einer altmodischen Brille mit Goldrand. Er stellte Joe ungefragt den Espresso hin, den Joe immer trank, nahm das Schild mit der Aufschrift Reserviert weg und sagte: »Buon giorno, Signor Crown.« Dazu lächelte er mit schiefen, nikotingelben Zähnen.
»Buon giorno Tito«, erwiderte Joe.
»Ich habe gehört, Sie hätten sich den neuen Film angesehen?« fragte der Kellner. »Ist er gut?«
Joe sah den Mann verblüfft an. Es gab keine Geheimnisse in dieser Stadt. Jedenfalls nicht für die Kellner. Er zuckte die Achseln. »Così, cosà.«
Tito nickte. »Ich habe einen Freund, der im Studio arbeitet. Er hat gesagt, es gäbe da eine Szene, wo sich die beiden Mädchen im Schlamm prügeln. Es sähe aus, als wären sie nackt.«
»Das stimmt«, sagte Joe und steckte sich eine Zigarette in den Mund. Sofort gab der Kellner ihm Feuer. »Es sind schöne Körper.«
Tito schnalzte mit der Zunge. »Das möchte ich auch gern mal sehen.«
»Sobald es genügend Kopien gibt, werde ich Sie zu einer Privatvorführung einladen«, sagte Joe. »Aber das ist wahrscheinlich nicht vor September. Den August über haben alle Kopierwerke geschlossen.«
»Ach ja, Italien«, seufzte der Kellner. »Kein Mensch will arbeiten. Aber wir sind ja geduldig. Vielen Dank jedenfalls für die Einladung, Signor Crown.«
Joe drückte dem Mann einen Tausendlireschein in die Hand. »Vielen Dank, Tito.«
Eine Gruppe holländischer Touristen wollte sich an den nächsten Tisch setzen, aber der Kellner scheuchte sie weg. »Scusi, reservato, reservato«, sagte er und ließ sie erst am übernächsten Tisch Platz nehmen.
Joe warf einen Blick zum Excelsior hinüber. Vor dem Eingang waren die üblichen Straßenhändler und Fremdenführer versammelt, aber auch eine Gruppe von Paparazzi mit Blitzlicht und Kamera über der Schulter. Einer von ihnen sah gerade zu Joe herüber. Joe winkte ihm mit der Hand. Müde kam der junge Mann zu ihm an den Tisch. »Ciao, Joe«, sagte er.
»Ciao, Vieri«, erwiderte Joe. »Darf ich dich zu einem Drink einladen?«
Der Reporter warf einen Blick zurück auf den Hoteleingang, aber es sah nicht so aus, als versäumte er dort viel. Er ließ sich auf einen Stuhl sinken und stellte die schwere Kamera neben sich ab. »Einen französischen Cognac hätte ich gern.«
Joe nickte. Es war nicht weiter erstaunlich, daß der Mann einen der teuren importierten
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