Honigkäfer (Käfer-Reihe) (German Edition)
die näherkamen und wieder leiser wurden. Schließlich öffnete sich eine Tür und wurde leise wieder geschlossen.
Mühsam bewegte Jeanne ihre trockene Zunge, stieß gegen ihre Zähne und fühlte, wie ihr Körper wieder zu arbeiten begann. Vorsichtig schluckte sie, dann bewegten sich ihre Augenlider. Zögerlich öffnete sie die Augen und ein paar Wimpern rissen aus, weil sie verklebt und brüchig geworden waren. Sie sah hinauf zu einem weiß getünchten Himmel. War sie nun doch tot? Erst beim zweiten, genauerem Hinsehen fiel ihr auf, dass es sich um die Decke eines Zimmers handelte. Langsam drehte sie den Kopf in Richtung der leisen Geräusche, die sie von dort vernahm. Eine große Gestalt stand am Fenster. Das grelle Tageslicht verschluckte die Feinheiten seines Körpers zu einer dunklen Silhouette. Die breiten Schultern bebten. Ein Sonnenstrahl brach sich auf schwarz glänzendem Haar wie auf einem dunklen Spiegel.
Balthasar!
Mit einer Wucht entfaltete sich ihre Erinnerung wie ein rasant aufgeschlagener Fächer.
Immer noch zuckten seine Schultern, das Gesicht von ihr abgewandt, der Blick vermutlich starr aus dem Fenster in die Ferne gerichtet.
Seine letzten Worte klangen wie ein schwaches Echo durch ihr Bewusstsein.
Ich liebe dich, vergiss das niemals
Jeanne lockerte ihren Unterkiefer, löste die starren Muskeln und befeuchtete die aufgesprungen Lippen. Vorsichtig tastete sie ihren Körper entlang, fühlte Stoff und als sie genauer hinsah, erkannte sie, dass sie vermutlich eines von Balthasars Hemden als Nachthemdersatz trug. Sie presste ihre immer noch etwas taube Wange tiefer in das Kissen, um ihn noch besser ansehen zu können. Noch war ihr nicht klar, was er getan hatte, aber sie wusste, dass er sie gerettet hatte. Und er hatte ihr gesagt, dass er sie liebte. Jeanne befeuchtete ihre Lippen ein zweites Mal, dann öffnete sie entschlossen den Mund.
"Ich liebe dich auch." Ihr Stimme war nicht mehr als ein heiseres Flüstern, doch augenblicklich flog Balthasars Kopf herum. Mit zwei, drei großen Schritten war er an ihrem Bett und sein Gewicht ließ die Matratze schwanken, als er sich über sie beugte. Seine kühle Hand strich über ihre Stirn und Jeanne sah die Tränen auf seinem Gesicht.
"Dem Himmel sei Dank...", flüsterte er erstickt."Es ist wie ein verdammtes Wunder..."
"Es geht mit gut", flüsterte sie und ignorierte ihren immer noch leicht tauben Körper und die seltsame Schwerelosigkeit, die sie fühlte.
"Ich habe gedacht, ich...", erwiderte er. "Ich habe gedacht, ich verliere dich!" Eine einzelne Träne löste sich aus seinem Augenwinkel.
"Es geht mir gut", wiederholte sie und merkte wie ihre Körper sekündlich mehr zu Kräften kam. Es schien tatsächlich wie ein Wunder.
Balthasar presste die Lippen zu einem geraden Strich zusammen und sie sah, wie er gegen das Beben in seinem Körper ankämpfte.
"Komm her zu mir..." Jeanne zog die noch etwas kraftlosen Arme unter der Decke hervor und streckte sie ihm entgegen. "Ich will dich festhalten."
Langsam beugte er sich ihr entgegen, zunächst noch zögerlich, ob er es ihrem geschundenen Körper zumuten konnte, doch als Jeanne ihn in ihre Arme zog, sank sein Kopf an ihre Halsbeuge.
Sie streichelte durch seine weichen Haare und wieder fühlte sie, wie ein Zittern seinen Körper ergriff. Feucht lag sein Gesicht an ihrem Hals und als sie ihn an sich drückte, kamen noch ein paar mehr Tränen hinzu.
"Schhhhh...", murmelte sie, die Stimme zwar immer noch ein heiseres Krächzen, doch ihr Körper mehr und mehr wie neu geboren. Sie spürte, wie Blut ihre Muskeln mit neuer Kraft versorgte und irgendwie fühlte sie sich kräftiger als jemals zuvor.
Balthasars Körper bebte immer noch. Sie tastete nach seinem Kopf und zog ihn nah vor ihr Gesicht. Er schien überrascht, wie gut es ihr bereits zu gehen schien, doch er ließ es wie willenlos mit sich machen. In seinen geschwollenen Augen standen Tränen, die grünen Pupillen leuchtend vor dem rot geäderten Hintergrund.
"Na..." Sie strich ihm mit einer Hand ein paar zerzauste Haarsträhnen aus dem Gesicht. "Mir geht es von Minute zu Minute besser. Es ist ganz erstaunlich. Und ich bin so froh, dass du bei mir bist..."
Er lächelte matt und schluckte dann schwer. Jeanne strich ihm die Tränen von den Wangen.
"Als du einfach nicht mehr aufwachen wolltest, dachte ich, du schaffst es nicht. Und die Vorstellung, dich für immer verloren zu haben...." Er brach ab. "Selbst ein Pakt mit dem Teufel fühlt sich angenehm
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