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Honky Tonk Pirates - Es kann nur einen geben - Band 4

Honky Tonk Pirates - Es kann nur einen geben - Band 4

Titel: Honky Tonk Pirates - Es kann nur einen geben - Band 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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sie zum ersten und letzten Mal in seiner Jacke erblickte. Dann streckte sie sich – durch diese Erinnerung etwas versöhnt – in ihrem Boot aus Rinden und Zweigen, zog sich den mit maorischen Perlen bestickten Dreispitz bis auf die Nase und begann genüsslich vom Rochen zu träumen:

    Vom Fliegenden Rochen, dem Schiff der Schiffe, das ihr gehörte, das nur für sie gebaut worden war und das jetzt östlich der Lower Bay und südöstlich von New York in einer mit zahlreichen Inseln bestückten Bucht, die aus der Karibik hätte stammen können, in seinem Versteck vor Anker lag.
    Ja-mahn, der Rochen hatte es gut und auch sie würde sich wieder wohlfühlen, wenn sie auf ihn zurückgekehrt war: Als beste Piratin der Welt und ohne diese stinkenden Kerle, die vor und hinter ihr stöhnten und schnauften und sie mit ihrem Schweiß bespritzten.
     
    Im Bug des Birkenkanus stand Ratten-Eis-Fuß. Der kleine verwachsene Kerl mit dem drahtigen Schnurrbart konnte, selbst wenn er kniete, das Paddel nicht über die Bootsreling heben. Deshalb hatte der Windschiefe Cutter, der zusammengekauert hinter ihm hockte, die doppelte Arbeit um Blind Black Soul Whistles mächtige Stöße im Heck des Kanus auszugleichen.
    »Hey, Cutter!«, gähnte Hannah, die bequem zwischen den dreien an ein paar Gepäckballen lehnte. »Sing uns was Schönes. Du weißt, dass ich’s liebe.«
    Cutter, der nur eine Hose aus einstmals weißem Segeltuch trug, bekam sofort am ganzen Oberkörper rote Flecken und Ratten-Eis-Fuß spuckte vor Eifersucht in den Fluss.
    »Ja-mahn! So wie die Fische und Wilden es lieben. Die nehmen dann ganz brav vor uns Reißaus!«
    »Deshalb sind es auch Fische und Wilde«, säuselte Hannah und machte dem sich schämenden Cutter damit den nötigen Mut.
    Der erhob seine Stimme, zuerst leise und zitternd, aber dann
immer fester, bis sie, wie Hannah grinsend feststellte, perfekt zu seiner Nase passte: denn die saß schief und kartoffelklobig in seinem vom Schicksal gestraften Gesicht.
    Es gab einmal ein Mädchen,
in einem kleinen Städtchen,
das mich ganz lieb und zärtlich bei ihr zu bleiben bat.
Doch ich, ich musste gehen, denn ich, ich bin Pirat.
     
    Der Windschiefe Cutter, der Cutter der Meere,
der Cutter aus Nassau, der Cutter der Nacht.
Und Piraten, das weißt du, sterben am Galgen.
Sie sterben am Galgen, sie werden nicht alt.«
    »Sie werden nicht alt!«, schniefte Hannah theatralisch und steckte einen handtellergroßen Zettel wie ein Segel an einen Stock. »Sie werden nicht alt!«, sang sie weiter. »Und wenn sie alt werden, dann werden sie fett. Hey, Whistle, was meinst du, wie geht die zweite Strophe des Lieds?« Sie steckte den Stock mit dem beschriebenen Segel auf einen Pantoffel und setzte ihn wie ein kleines Boot aus. So trieb jetzt schon eine ganze Armada aus Schuhbooten hinter ihr her. »Hey, Blacky, was ist? Hat es dir die Sprache verschlagen?«
    Da begann der alte und blinde Pirat zu singen und seine tiefe, raue Stimme, die trotz all dem gehackten Blei, das in seinen Stimmbändern steckte, etwas Sandig-Weiches hatte, ging Hannah, Cutter und Ratte unter die Haut.
    Ich kannte mal ein Mädchen,
ein wunderschönes Mädchen,

das ich ganz lieb und zärtlich bei mir zu bleiben bat.
Doch sie, sie musste gehen, denn sie, sie war Pirat.
     
    Die größte Piratin, die schönste Piratin,
Chen, die Chinesin, die Augen aussticht.
Doch jetzt ist sie tot und starb kalt und einsam.
Sie starb kalt und einsam, durch meine Hand.
    Danach war es still. Die Piraten hatten zu paddeln aufgehört und so trieb das Boot langsam und lautlos nach Westen. Hannah starrte auf das nächste Briefsegel, das sie bereits auf ein Stöckchen gesteckt hatte und drehte es gedankenverloren zwischen den Fingern.
    Ich brauche dich doch! , stand da in ihrer unverschnörkelten Schrift.
    Da zog Cutter den Rotz durch die Nase. Er wischte sich verlegen den Schweiß aus den Augen und das gab Ratte vor ihm den Mut, den mächtigen Kloß, der ihm im Hals steckte, ins Wasser zu spucken.
    »Was hab ich gesagt? Sie sind auf und davon. Die Fische und Wilden haben sich verkrochen und halten sich in ihren Verstecken die Ohren zu. Und wisst ihr, warum? Ha, damit sie nicht durchdrehen und so verrückt werden wie ihr! Zur Hölle, Black Soul, was ist aus dir geworden? Die Chen war ein Biest. Sie hat es verdient. Ja-mahn, sie hat es mehr als verdient. So wie alle Biester es mehr als verdienen.«
    Er strafte Hannah mit einem zornigen Blick und versuchte dann so entschlossen

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