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Honor Harrington 6. Ehre unter Feinden

Honor Harrington 6. Ehre unter Feinden

Titel: Honor Harrington 6. Ehre unter Feinden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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dafür zu schämen, daß er hatte gerettet werden müssen.
    »Würde jemand die Güte haben, mir zu sagen, was hier vorgeht?« fragte sie mit tödlicher Ruhe. Niemand antwortete, und sie verzog verächtlich die Lippen. »Machen Sie den Mund auf, Steilman«, befahl sie leise.
    »Nur ein Mißverständnis«, antwortete der Energietechniker im Ton eines Mannes, der sich nicht besonders darum scherte, ob die Umstehenden wußten, daß er log. »Diese Rotznase hat meine Koje genommen.«
    »Hat er das?« Die Frau kam in den Saal, und die Beistehenden machten ihr Platz, als stünden sie unter einem Zauberbann. Sie warf einen Blick auf die Tafel, dann sah sie Aubrey. »Heißen Sie Wanderman?« fragte sie in erheblich weniger einschüchterndem Ton, und er nickte.
    »J-jawohl, Senior Master Chief«, brachte er hervor und errötete noch tiefer, als er sich verhaspelte.
    »›Bosun‹ reicht schon, Wanderman«, antwortete sie, und Aubrey holte erstaunt Luft. Nur eine Person wurde an Bord eines Schiffs der Königin mit ›Bosun‹ angesprochen. Diese Person war der ranghöchste Unteroffizier der Besatzung, und der Bosun, das hatten ihm seine Ausbilder sehr deutlich gemacht, war die rechte Hand Gottes.
    »Jawohl, Bosun«, sagte er, und sie nickte, dann wandte sie sich wieder Steilman zu.
    »Der Tafel zufolge« – sie deutete mit dem Kopf in die Richtung – »ist das seine Koje. Und falls Sie es nicht bemerkt haben sollten, ist Wanderman Erster Klasse. Wenn mich mein Gedächtnis nicht trügt, macht ihn das doch zum Vorgesetzten eines Berufsversagers wie Ihnen, nicht wahr, Steilman?«
    Der Energietechniker preßte die Lippen zusammen. Seine Lider flatterten, aber er sagte kein Wort, und die Bosun lächelte.
    »Ich habe Ihnen eine Frage gestellt, Steilman«, sagte sie, und er biß die Zähne aufeinander.
    »Ja, ich denke schon«, stieß er haßerfüllt hervor. Sie legte den Kopf schräg, und er hängte ein verdrießliches ›Bosun‹ seiner Antwort an.
    »Jawohl, das tut es«, bestätigte sie. Sie blickte wieder auf die Tafel, dann deutete sie auf eine der übrigen freien Kojen – diejenige, die am weitesten von der Luke und vom Waschraum entfernt war. »Ich glaube, die ist ideal für Sie, Steilman. Tragen Sie sich ein.«
    Der Energietechniker straffte die Schultern, aber er konnte dem kalten, ungerührten Blick der Bosun nicht standhalten und stapfte zur Tafel. Er schob seinen Ausweis hinein und beanspruchte die Liege, die ihm vorgeschlagen worden war, und die Bosun nickte.
    »Na, sehen Sie? Ein wenig Hilfe, und selbst Sie finden Ihre Koje.« Während Aubrey den Vorgang beobachtete, nagte ihm ein eiskalter Wurm an den Eingeweiden. Zwar war er entzückt über das Abkanzeln, das dem Energietechniker von der Bosun zuteil wurde, aber ihm graute vor dem, was der Kerl mit ihm anstellen würde, sobald sie den Schlafsaal verlassen hätte.
    »Also gut – angetreten«, befahl sie und deutete auf die grüne, über das Deck gezogene Linie. Aubrey erhob sich, und während er zur Linie ging, reihten sich die anderen bereits grollend ein. Die Bosun verschränkte die Arme hinter dem Rücken und musterte die Leute, ohne die Miene zu verziehen.
    »Ich heiße MacBride«, sagte sie knapp. »Einige von euch – Steilman zum Beispiel – kennen mich schon, und ich weiß alles über euch. Über Sie zum Beispiel, Coulter.« Sie wies auf einen anderen Energietechniker, einen großen, schmalen Mann mit Pockennarben, der ihrem Blick auswich. »Bestimmt war Ihr Captain über Ihre Diebeszüge an Land ganz entzückt . Und Sie, Tatsumi.« Sie bedachte den nervösen Sanitäter mit einem strengen Funkeln. »Wenn ich Sie dabei erwische, wie Sie in meinem Schiff Sphinxgrün schnüffeln, werden Sie sich wünschen, ich hätte Sie einfach zur Luftschleuse hinausgeschmissen.«
    Sie schwieg, als wartete sie auf Entgegnungen. Niemand sprach, doch Aubrey spürte ringsum Haß und Groll wie eine Giftwolke und krümmte sich innerlich zusammen. Er hätte niemals geglaubt, daß es solche Leute in einer modernen Flotte geben könnte, und wußte zugleich, daß er damit hätte rechnen müssen. Jede Truppe, die die Größe der RMN besaß, mußte ihren Teil an Dieben und Schlägern und Gott weiß was noch haben, und ihm sank das Herz, als ihm klar wurde, daß seine Kojennachbarn der Bodensatz der Navy waren. Was in Gottes Namen hatte er hier verloren?
    »Unter euch ist – außer Wanderman – kein einziger, der nicht deswegen hier wäre, weil sein letzter Skipper es kaum erwarten

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