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Hornblower 09 - Lord Hornblower

Hornblower 09 - Lord Hornblower

Titel: Hornblower 09 - Lord Hornblower Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. S. Forester
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einer besonderen Würze bedurft, was indessen keineswegs der Fall war, so hätte er sie gerade darin finden können, daß er die Sorgen und Gefahren der Zukunft kannte - und verachtete. Alles Schuldgefühl und alle Unruhe wegen der Zukunft hatten nur eine Wirkung: Ihn immer tiefer in Mariens Arme zu treiben, die Glut seiner Leidenschaft immer stärker zu entfachen, nicht als ob er je bewußt versucht hätte, diese bösen Dinge im Rausch seiner Liebe zu vergessen, sie mahnten ihn nur unablässig, die kurze Zeit zu nutzen, die ihm geschenkt war.
    Seine Liebe war lauter und ohne Vorbehalt. Sie schenkte in grenzenlosem Entzücken, sie empfing, ohne sich zu zieren.
    Endlich, nach all den langen Jahren der Drangsal, war sie ihm doch noch zuteil geworden. Ein Zyniker möchte sagen, diese ganze Affäre sei wieder einmal ein Beispiel dafür, daß Hornblower es einfach nicht lassen konnte, nach Dingen zu begehren, die ihm vom Schicksal nicht zugedacht waren. Wenn es sich wirklich so verhielt, dann war sich Hornblower dessen zum mindesten nicht bewußt. Ihm kam in jenen Tagen immer wieder eine Zeile aus dem Gebetbuch in den Sinn: »Sein Dienst ist wahre Freiheit.« So war es auch um Hornblowers Dienen für Marie bestellt.
    Die Loire führte immer noch Hochwasser. Die Stromschnelle, in der er einstens um ein Haar umgekommen wäre und die so die Ursache seiner Bekanntschaft mit Marie wurde, war ein gischtgesäumter Hang talwärts rasender, grüner Wassermassen.
    Hornblower konnte sie rauschen hören, wenn er oben im Turmzimmer in Maries Armen lag, und ihre Spaziergänge führten sie oft genug dorthin. Er konnte die gefährliche Stelle jetzt betrachten, ohne daß ihm die Erinnerung wieder den eisigen Schreck von damals durch die Glieder jagte. Das war aus und vorbei. Der Verstand sagte ihm wohl, daß er der gleiche Mensch war, der die Castilla geentert und der Wut El Supremos Trotz geboten halte, der gleiche, der in der Rosasbucht auf Leben und Tod gekämpft und oft genug auf bluttriefenden Schiffsdecks gestanden hatte. Aber dennoch hatte er immer wieder die Empfindung, als seien diese Dinge einem ganz anderen widerfahren als ihm. Er hatte nie anders als in Frieden und Muße dahingelebt, und natürlich hatte ihn auch die Stromschnelle dort nie in Lebensgefahr gebracht. Es kam ihm ganz selbstverständlich vor, daß der Graf eine gute Nachricht hatte.
    »Der Graf von Artois hat Bonaparte unten im Süden geschlagen«, sagte er. »Bonaparte selbst ist auf der Flucht und wird wohl bald in Gefangenschaft geraten. Diese Nachricht stammt aus Paris.«
    So mußte es auch sein. Der Krieg war endgültig vorbei. »Ich glaube, wir können heute nacht ein Freudenfeuer anzünden«, sagte der Graf. Das Freudenfeuer prasselte, und dazu wurden Trinksprüche auf den König ausgebracht.
    Aber schon am nächsten Morgen sah alles anders aus. Als Brown Hornblower das Frühstück ans Bett stellte, meldete er ihm zugleich, daß ihn der Graf sobald wie möglich zu sprechen wünsche. Brown hatte das kaum gesagt, als der Graf auch schon ins Zimmer trat. Er machte in seinem Schlafrock einen verstörten, übernächtigten Eindruck. »Bitte verzeihen Sie mir, daß ich so formlos bei Ihnen eindringe«, sagte der Graf - er konnte selbst in diesem Augenblick die Etikette nicht vergessen -, »aber ich konnte einfach nicht länger warten. Wir haben schlechte Nachrichten, die schlimmsten, die man sich denken kann.« Hornblower konnte nur starren und warten, während der Graf alle Kraft zusammennahm, um die schreckliche Neuigkeit auszusprechen. Es kostete ihn sichtlich größte Überwindung.
    »Bonaparte ist in Paris«, sagte der Graf, »der König ist geflohen, und Bonaparte ist wieder Kaiser. Ganz Frankreich ist wieder in seiner Hand.«
    »Und die verlorene Schlacht?«
    »Gerüchte, Lügen, nichts als Lügen! Nein, Bonaparte ist wieder Kaiser.« Es kostete Hornblower Zeit, zu erfassen, was das bedeutete. Zunächst hieß es, daß wieder Krieg war, soviel war sicher. Was auch immer die anderen Großmächte unternahmen, für England war es jedenfalls untragbar, diesen heimtückischen, mächtigen Gegner jenseits des Kanals zu wissen. Also fuhren sich England und Frankreich abermals an die Kehle. Zweiundzwanzig Jahre war es jetzt her, daß der Krieg begonnen hatte, vielleicht brauchte es noch einmal zweiundzwanzig Jahre, um Bonaparte ein zweites Mal vom Thron zu stoßen, noch einmal zweiundzwanzig Jahre Elend und Menschenschlächterei. Diese Aussicht war geradezu

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