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Hüterin der Nacht: Roman (German Edition)

Hüterin der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Hüterin der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keri Arthur
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wegzulaufen.
    Ich stieß behutsam die Luft aus und versuchte meine Panik in den Griff zu bekommen, atmete langsam und gleichmäßig und inspizierte weiterhin vorsichtig meine Umgebung.
    Wenn ich hier herauskommen wollte, musste ich genau wissen, wer sich wo befand, und mir einen Überblick über die Gesamtsituation verschaffen. Ich konnte mir zwar denken, wo ich war und welches Schicksal man für mich vorgesehen hatte, aber bevor ich irgendwelche Pläne fasste, musste ich erst die Gesamtlage kennen.
    Das hieß, dass ich meine Haltung leicht verändern musste, um besser sehen zu können.
    Das war gefährlich. Ich sah, dass Jin rechts von dem Feuer im Schatten stand und leise vor sich hinsang, aber ich hatte keine Ahnung, ob noch etwas oder jemand dort lauerte, den ich mit meinen Sinnen nicht erfassen konnte.
    Dennoch, ich musste es versuchen.
    Mein Herz hämmerte. Ganz langsam rutschte ich ein winziges Stück zur Seite. Und wartete. Wieder bewegte ich mich ein Stück und wartete. So machte ich weiter, bis ich in einem leichten Winkel auf dem Stein lag. Als ich fertig war, war mein Magen ein einziger Knoten, und mir war heiß vor lauter Angst, aber mein Kopf lag näher am Rand des riesigen Tisches, und ich konnte gut die Hälfte des Raumes überblicken.
    Doch der Raum war nicht in die Erde gehauen worden, wie ich zunächst angenommen hatte, sondern es handelte sich um einen echten Keller. Einen alten Keller, an dessen Wänden die Zeit ihre Spuren hinterlassen hatte. Aus dieser Perspektive schienen die Hieroglyphen deutlich jünger als die Wände zu sein, sie wirkten wie offene blutende Wunden in der Wand.
    Wieder überlief mich ein Schauder, und ich riss den Blick von der Wand los. Jin stand ein ganzes Stück links von mir und war vom Hals bis zu den Füßen in eine schwarze Kutte gehüllt. Interessanterweise war die Kör— perwärme des Drachen mit Infrarotsicht kaum zu erkennen. Er war dunkel und purpurfarben. Er sah auch nicht aus wie ein Körper auf der Schwelle zum Tod, sondern ganz anders, irgendwie vollkommen fremd.
    Aber schließlich hatte ich es mit dem Geist eines alten Drachen zu tun, der abgesehen von der Körperhülle, in die er leihweise geschlüpft war, rein gar nichts Menschliches an sich hatte.
    Hinter ihm befand sich eine Tür. Es war ein schweres Teil aus modernem Stahl, das überhaupt nicht zu der sonstigen Atmosphäre dieses Ortes passte. Aber aus irgendeinem Grund fühlte ich mich allein bei ihrem Anblick besser.
    Wenn es eine Tür gab, konnten Leute hereinkommen. Falls es mir zufällig nicht gelingen sollte, mich selbst zu retten, konnte mir immer noch jemand zu Hilfe eilen.
    Es stimmte mich zuversichtlich, nachdem ein Teil von mir bis jetzt nicht mehr zu hoffen gewagt hatte.
    Auf halbem Weg zwischen mir und der Tür befand sich ein kleiner Tisch. Er war mit einem Lederlappen bedeckt, auf dem ein gebogenes Messer lag und ein schwerer Silberkelch stand.
    Beide Gegenstände rochen alt und nach Tod. Wobei ich bis zu dieser Minute geschworen hätte, dass Silber keinen Geruch konservierte.
    Mein Blick glitt von dem kleinen Tisch, weiter zu Jin und wieder zurück zu dem Tisch.
    Dieses Messer war vielleicht meine einzige Chance, frei zu kommen. Vorausgesetzt, Maisie hatte die Wahrheit gesagt, als sie erklärt hatte, man müsse Drachen enthaupten, um sie zu töten.
    Ich beobachtete Jin erneut. Er hielt die Augen geschlossen und war ganz auf den Gesang konzentriert, den ich nicht verstand. Wenn es eine Art Zauberspruch war, schien er nicht für mich bestimmt zu sein. Zumindest nicht dazu, mich bewegungslos zu machen. Er konnte aber eine andere Wirkung auf mich haben, die ich erst spürte, wenn ich mich bewegte.
    Wenn ich das herausfinden wollte, blieb mir nichts anderes übrig, als es auszuprobieren.
    Ich stieß langsam die Luft aus, hüllte mich in Schatten und ließ mich von dem Steintisch heruntergleiten. Jin sang unverändert in gleichmäßigem Rhythmus weiter und schien nichts bemerkt zu haben.
    Ich stieg über die Steine, ihre Wärme strich über meine Haut und trieb eine sanfte kribbelnde Energie meine Beine hinauf. Ich achtete nicht weiter darauf, umfasste den schwarzen Griff des gebogenen Messers, griff es und rannte so schnell ich konnte auf Jin zu.
    Ich war ein Werpir und besaß somit die Schnelligkeit eines Vampirs sowie die Kraft eines Werwolfs und eines Vampirs. Dem hatte noch nicht einmal der Geist eines Drachen etwas entgegenzusetzen. Vor allem, wenn man ihn überraschte. Jin blickte erst

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