Huff, Tanya
Fremden aufnehmen würde. An seiner
Stelle würde sie toben vor Wut.
Sie folgte Tony zur Tür. „Wie fühlst du dich?"
„Geil. Und etwas schwindlig", fügte er hinzu,
bevor sie etwas sagen konnte. „Ich glaub' nich', daß er von mir so viel
genommen hat wie von dir. 'Türlich bin ich jünger."
„Und geschwätziger." Sie streckte die Hand
aus, griff nach seiner Schulter und schüttelte sie sanft. „Danke."
„He, das hätt' ich nich' verpassen woll'n."
Eine Sekunde lang war sein Gesicht offen, verletzlich, dann kehrte das
großspurige Grinsen zurück. „Ich will hör'n, wie das alles ausgeht."
„Du wirst es hören." Sie zog eine Handvoll
zerknüllter Scheine aus ihrer Tasche und drückte sie ihm in die Hand. „Trink
in der nächsten Zeit sehr viel Flüssigkeit. Und Tony - versuch dich auf dem Weg
nach draußen nicht vom Wachmann sehen zu lassen."
„Das Ei sollte nich' glauben, daß es schlauer is'
als die Henne, Victory."
Im Aufzug klopfte Greg mit den eineinhalb
Metern Holz gegen sein Bein. Er glaubte nicht wirklich, daß Henry Fitzroy ein Vampir
war, nicht wirklich, aber er glaubte auch nicht wirklich, daß Mrs. Hughes tot
war, aber das war eindeutig der Fall. Vermutungen - und zu diesem Schluß war er
im Laufe eines langen Lebens gelangt - hatten wenig mit der Wirklichkeit zu
tun.
Im vierzehnten Stock straffte er die Schultern und
betrat den Korridor, wild entschlossen, seine Pflicht zu tun. Er hielt sich
nicht für einen besonders mutigen Menschen, aber er hatte den Mietern seines
Hauses gegenüber eine gewisse Verantwortung. Er hatte nicht vor den Nazis gekuscht,
er hatte nicht in Korea gekuscht, und er würde auch jetzt nicht kuschen.
An Henry Fitzroys Tür stellte er sicher, daß sein
Hosenbein den Pfahl verbarg - er würde ihn nicht benutzen, wenn er es nicht
mußte - und klopfte an.
„Verdammt!" Vicki blickte von Henry zur
Tür. Das klang nicht wie die Polizei - das Klopfen eines Polizisten war
unverwechselbar - aber es könnte immer noch die schlechteste Wahl sein, wenn
sie es ignorierte. Wenn jemand auf der Straße den Dämon auf Henrys Balkon gesehen
hatte...
Der Türspion zeigte ihr den verzerrten Anblick des
alten Wachmanns von der Pforte. Während sie hindurchsah, hob er die Hand und
klopfte wieder. Sie wußte nicht, was er wollte, es war ihr wirklich egal. Er
konnte nicht mit Henry sprechen, und sie mußte ihn loswerden, ohne daß er das
Schlachtfeld im Wohnzimmer zu sehen bekam. Wenn der Wachmann einen Verdacht
hegte — und seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen war er über irgend etwas
nicht besonders glücklich — dann durfte sie ihn nicht im Zweifel darüber
lassen, womit Henry die letzten paar Stunden verbracht hatte. Und wenn der
Wachmann keinen Verdacht hegte, dann war es wichtig, daß er auch keinen bekam.
Das ist verrückt, wurde Greg plötzlich klar. Ich
sollte nach Sonnenaufgang hier sein, wenn er schläft. Seine Hände glitten
nervös am Krocketschläger auf und ab. Ich kann den Hauptschlüssel holen und
mich vergewissern, auf die eine oder andere Weise, und...
Die Tür öffnete sich und sein Mund ebenfalls, als
er auf die Frau mit den zerzausten Haaren starrte, die ihn schläfrig anblickte,
einen Männerbademantel mehr oder weniger locker um sich gezogen.
Vicki hatte alle Lichter außer dem direkt hinter
ihr im Flur ausgeschaltet, da sie hoffte, daß die Blendwirkung davon alles
verbergen würde, was ihr Körper nicht verdeckte. Sie füllte den Raum zwischen
Tür und Rahmen, lehnte sich gegen beide, und ließ, nur um sicher zu gehen, den
oberen Rand des Bademantels etwas tiefer rutschen. Sie hatte nicht die Absicht,
den Wachmann mit ihrer Schönheit zu blenden, aber wenn sie den älteren Mann
richtig einschätzte, dann war dies genau die Art von Situation, die ihm am
peinlichsten wäre.
Vielleicht war es ja eine blöde Idee. Es war aber
auch das einzige, was ihr eingefallen war.
„Kann ich Ihnen helfen?" fragte sie und
unterdrückte nicht ganz ein falsches Gähnen.
„Ähm, nein, ich, das heißt, ist Mr. Fitzroy zu
Hause?"
„Ja." Vicki lächelte und schob ihre Brille die
Nase hoch. Der Bademantel rutschte von alleine noch etwas tiefer. „Aber er
schläft. Er ist etwas..." Sie hielt gerade lange genug inne, daß die Ohren
des Wachmanns dunkelrot werden konnten, „...erschöpft."
„Oh." Greg räusperte sich und fragte sich, wie
er sich einigermaßen gut aus der Affäre ziehen könnte. Es war offenkundig, daß
Henry Fitzroy in den letzten paar
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