HUNGER & LUST: Das erste Buch zur Kulinarischen Körperintelligenz (German Edition)
„setzt der Körper an anderer Stelle erneut Fett an“, erklärt Professor Peter Vogt, Präsident der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen anlässlich einer Studie der University of Colorado im Mai 2011: Das abgesaugte Fett „strikes back“, es kann zurückkommen – wird beispielsweise an den Schenkeln abgesaugt, dann wachsen zum „Ausgleich“ die noch bestehenden Fettzellen am Bauch. Denn auch wenn sich Anzahl der Adipocyten nicht mehr ändert, was sich ändert, ist die Füllmenge. Und die bestimmen dieGene der Echten Esser durch Hunger, Lust und damit durch die aufgenommene Nahrungsmenge. So werden auch insbesondere nach einer Diät die Fettzellen schnell wieder gefüllt.
Doch die Gene sind nicht alles, und wir sind keine „Fressmaschinen“, obwohl manche unserer Artgenossen diesen Eindruck nahelegen. Wir haben ein Bewusstsein, wir können denken und unsere natürlichen Bedürfnisse mit Verstand beeinflussen. Und unsere Gesellschaft verlangt in Sachen Körperkult geradezu, schlank und durchtrainiert zu sein. Also möchte niemand wirklich dick sein, weil der gesellschaftliche Druck mit steigendem Gewicht wächst. Der Hauptgrund ist die größer werdende Abweichung zum künstlich kreierten Körperideal der „Industrianer“. Somit haben die Menschen mit dominanten Speichergenen die Qual der Wahl: Entweder sie leben ihre Natur aus und bleiben rundlicher. Oder sie wollen „normalgewichtig“ nach heutiger Definition sein und müssen dafür ihre Bedürfnisse mehr oder weniger stark im Zaum halten . Beide Varianten haben persönliche und gesellschaftliche Vor- und Nachteile: Ein „zufriedener Schwergewichtiger“ isst die Leckereien, auf die er Lust hat, fühlt sein Essbedürfnis (Instinkt) befriedigt und akzeptiert idealerweise seinen Körper, auch wenn dessen Optik nicht den gängigen Schönheitsidealen entspricht – gleichzeitig muss er aber häufig mit gewisser „gesellschaftlicher Ächtung“ und realen (Mobilitäts-)Einschränkungen im Leben klarkommen. Wollen diese Menschen jedoch „normalgewichtig“ sein, müssen sie ihr Essverhalten mehr oder weniger oft von den instinktiven Hungergefühlen entkoppeln und stattdessen über den Verstand steuern, um dünn zu bleiben beziehungsweise zu werden. Somit bewegen sie sich dann in einer gesellschaftlich akzeptierten Gewichtsklasse, essen aber häufig kontrolliert und „mit angezogener Handbremse“. Das ist die genetische Zwickmühle: die eigene Natur stets genussvoll ausleben oder meist kontrolliert unterdrücken .
Diäten: unwirksam, aber unsterblich
Die Kontrollvariante wählen viele und davon lebt die milliardenschwere „Schlankmacherindustrie“. Deren Werbestrategen locken gerne mit wahnwitzigen Versprechungen à la „Sechs Kilos runter in zwei Wochen bei vollem Genuss“ (zur Info: Seriöse Diätexperten empfehlen maximal 500 Gramm Gewichtsreduktion pro Woche als sinnvolle Zielvorgabe einer Diät, damit sich der Körper langsam umstellen kann). Dabei ist „drei Kilos pro Woche“ zu verlieren leider nur eine der harmloseren Formulierungen. Denken Sie bitte kurz an die ganzseitigen Anzeigen der diversen „Schlankheitspulver“, „Diätrevolutionen“, „Fatburner und Kalorienkiller“, die das Blaue vom Himmel versprechen, wobei jedem halbwegs gebildeten Leser der Atem stockt. Meist seriöser, aber ins gleiche Horn blasen insbesondere im Frühling fast alle Frauenzeitschriften mit den neuen Bikinidiäten, die schnell schlank machen – ohne dass frau große Einschränkungen hinnehmen müsste. Verblüffend, aber wahr: jedes Jahr das gleiche Spiel mit kleiner Wirkung, aber großer Hoffnung. Hier wird mit den sehnlichsten Wünschen der Menschen gespielt, dass die genetische Zwickmühle mit einer kinderleichten Diät schnell zu umgehen sei.
Paradoxerweise halten laut Forsa-Umfrage einer Gesundheitszeitschrift nur zwölf Prozent der Deutschen eine Diät für die beste Methode, um dauerhaft Gewicht zu reduzieren. Die Versprechungen der Superdiäten scheinen aber wohl zu verlockend, denn so wie die Knospen im Frühling, so sprießen jedes Jahr neue Schlankheitskuren aus den Köpfen findiger Verkaufsgenies, die immerzu auf eine rege, vorwiegend weibliche Fangemeinde treffen. Nach Erkenntnissen des Kings College London leben Frauen zehn Jahre ihres Lebens auf Diät, zehn Prozent sogar ein Vierteljahrhundert – im Durchschnitt kommt dasweibliche Geschlecht auf zwei Schlankheitskuren pro Jahr .
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