Icarus
Baseball-Team, weißt du. Man braucht keinen
echten Star, solange man ein wirklich gutes Team hat.«
»Und wie ist die Zusammensetzung?«
»Sie wechselt ständig. Und man muß flexibel sein. Wie ich schon sagte, man kann nicht immer mit Spitzenkräften ausgehen.«
»Das ist sehr edelmütig von dir.«
»Ich bin nur praktisch. Man muß sich manchmal mit erfahrenen Veteranen, dem ein oder anderen designierten Schlagmann, dem Leihspieler zufriedengeben …«
»Und die Entertainerin? Ist sie ein Franchise-Player?«
Kid schüttelte den Kopf. »Die Feuerwehr für Notfälle. Meine sichere Bank.«
»Du bist unmöglich. Wie heißt sie?«
»Keine Namen, Jack. Alte Trainer-Regel.«
»Was redest du da?«
»Im Ernst. Ich erzähle dir persönliche Dinge von ihr, vielleicht auch von den anderen. Ich weiß ja, daß du nicht tratschst und es herumerzählst, aber man weiß ja nie, vielleicht lernst du eines Tages eine von ihnen persönlich kennen, und dann möchte ich die Betreffende nicht in Verlegenheit bringen.«
»Das ist wirklich sehr ritterlich.«
»Und gut für’s Geschäft. Es würde mir bei der Jobsuche nicht unbedingt helfen, wenn die Leute wissen, daß ich mich mit meinen Kunden über sie unterhalte. Ich erzähle dir von ihnen, benutze aber nur ihre Spitznamen – die Entertainerin, die Totengräberin, Samsonite, die Novizin …«
»Sehr anschaulich.«
»Es steckt einiges an Logik dahinter«, gab Kid zu. »Ich wähle meine Spitznamen sehr sorgfältig aus. Ich habe für meine Auswahl stets ganz spezielle Gründe. Die Novizin, zum Beispiel, wird sich verändern, sich weiterentwickeln
– daher gilt dieser Name nur, bis ich mehr über sie weiß und sie besser einschätzen kann.«
»Sind all diese Frauen Kundinnen?«
»Die meisten.«
»Lernst du sie auf diese Weise kennen?«
»Vorwiegend. Manchmal in Clubs, dort, wo man schon mal seinen Feierabend verbringt. Die Novizin habe ich in einem Nachtclub kennengelernt, dann sah ich sie in einer Kunstgalerie wieder. Manchmal spreche ich sie auch ganz einfach auf der Straße an.« Er grinste. »Was soll ich sagen? Frauen mögen mich.«
»Ich hör dir zu.«
»Zeig mir fünfzehn Beinheber, und wir quatschen weiter.«
Jack begann die Übungsserie, nachdem er auf der Universal-Beinhebermaschine Platz genommen hatte. Während der kleine Stapel Gewichtscheiben langsam auf und nieder zu steigen begann, holte Kid etwas weiter aus.
»Also, da ist die Entertainerin, über sie weißt du schon Bescheid.«
»Ich weiß gar nichts über sie.«
»Was möchtest du denn wissen?«
» Einiges . Was treibt sie so?«
»Sie ist Tänzerin.«
»Ein paar zusätzliche Einzelheiten, bitte.«
Kid überlegte einige Sekunden lang. »Okay. Sie hat einen grandiosen Körper, sie kaut manchmal mit offenem Mund, was mich nicht selten an den Rand des Wahnsinns bringt, sie überrascht einen gelegentlich, wie clever sie ist, und sie ist ein wenig traurig.«
»Warum traurig?«
»Weil sie ein geheimes Leben führen muß.« Als er Jacks verwirrten Blick bemerkte, fuhr er fort: »Sie hat Dinge, die sie nicht jedem erzählen kann.«
»Nicht einmal sich selbst.«
Es war keine Frage, und Kid nickte, erfreut, daß Jack so schnell verstand. »Erst recht nicht sich selbst.«
»Das ist wirklich traurig«, stellte Jack fest.
»Das ist das traurigste überhaupt«, sagte Kid, und Jackerkannte plötzlich zu seiner Überraschung, daß dies nicht mehr zu ihrer Unterhaltung gehörte, sondern daß Kid jetzt, in einem gewissen Grad, direkt mit sich redete. Dann richtete er den Blick wieder auf Jack und lud zwei weitere Pfunde Gewicht auf die Maschine. »Aber, hey«, sagte er, »gerade das macht sie zu einer interessanten Stammspielerin. Sie ist ein Ass – aber einfach viel zu wild, um sich auf sie verlassen zu können.«
Weitere Wochen verstrichen, und Jacks Körper schmerzte jetzt ständig. Aber es war ein Schmerz, der ihn erregte. Er konnte spüren, wie sein Körper reagierte, wie er stärker wurde. Es schien, als kehre mit jedem Tag ein Teil seiner alten Kraft zurück. Diese Erkenntnis trieb ihn an, noch härter zu trainieren, seinen Körper zu zwingen, noch mehr Pein zu ertragen. Sie brachte ihn dazu, die Möglichkeiten zu erkennen und mehr von dem zu wollen, wovon er soeben die ersten Kostproben genießen durfte.
Es geschah mitten in einer besonders mörderischen Sitzung, vielleicht der größten Anstrengung, der er sich bisher unterzogen hatte, daß Mattie in den Kraftraum kam.
»Ich störe nur
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