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Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition)

Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition)

Titel: Ich bin Henker: Liebesgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rajesh Parameswaran
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Möglichkeiten. Ich fragte mich laut, welcher Gesetzesübertretung 243-66328 wohl verdächtigt wurde, dass Ermittlungen in diesem Umfang gerechtfertigt waren, und sie erwiderte irgendetwas Sarkastisches, so in etwa: »Warum siehst du nicht einfach in seinen Akten nach? Irgendwo in diesem Raum muss es stehen.«
    Und dann sagte sie, soweit ich mich erinnere: »Er ist nicht der Einzige. Es ist bei jedem Fall dasselbe. Bei jedem einzelnen Fall.« Dann nahm sie mir die Akten aus der Hand, stieg die Leiter wieder hinauf und hängte sie zurück. Ich hatte keine Gelegenheit, mir die Aufzeichnungen genauer anzusehen. Schließlich kam sie wieder herunter. Ich war mittlerweile sehr offensichtlich besorgt, dass das die Vorschriften verletzen könnte. Das machte mir schwer zu schaffen. Ich hatte Zugang zu Informationen bekommen und wusste dafür keinen klaren Grund, den ich mit den Vorschriften hätte vereinbaren können.
    Ich sagte an dieser Stelle also zu [S.], dass wir die Interaktion meiner Ansicht nach beenden sollten. Ich zog mich zwar nicht körperlich zurück, aber ich äußerte ihr gegenüber klar und deutlich so viel wie: »Ich gehöre nicht hierher. Es ist nicht richtig, dass ich hier bin. Wir sollten jetzt besser gehen.«
    Sie schenkte mir keine Beachtung. »So einen Raum haben wir über jeden in der Stadt«, sagte sie. »Auch über dich füllen wir so einen Raum.«
    Ich lachte wahrscheinlich. »Es gibt doch gar nicht genügend Platz, um so viele Informationen über jeden zu sammeln, der Zielperson einer Ermittlung ist, schon gar nicht über jeden in der Stadt. Geschweige denn über mich. Und es hat doch niemand die personellen Mittel, um das alles zusammenzutragen, selbst die Behörde nicht.«
    Sie fragte: »Wie groß sind die Stadt und die angrenzenden Gebiete? Und was glaubst du, wie viel von dieser Fläche in der Hand der Behörde ist?« Die Antwort lautet natürlich: alles.
    Sie war aufgebracht. Sie schien gar nicht mehr sie selbst zu sein. Sie redete weiter: »Hast du eine Vorstellung, wie viele Agenten es gibt? Oder anders gesagt: Weißt du, wie viele Leute noch übrig sind, die nicht der Behörde angehören?«
    Ich war entsetzt. [Agentin S.] ist meine Freundin, wie ich bereits sagte, und ich hatte immer zu ihr aufgeschaut. Sie war immer sehr höflich gewesen, höflich und diszipliniert, ganz genau so, wie eine Agentin meiner Meinung nach sein sollte. Deshalb war es traurig, sie in diesem Zustand zu sehen. Es gab nun keinen Zweifel mehr, dass sie gerade einen weiteren Nervenzusammenbruch erlitt. Einzig die Akten gaben ihr recht, die Akten über 243-66328, die ich mit eigenen Augen gesehen hatte. Aber das waren andererseits nur ein paar Seiten gewesen, die genauso gut gefälscht gewesen sein konnten.
    Trotz ihrer Verfassung besaß sie noch immer ihre starke Persönlichkeit. [Agentin S.] redete auf mich ein, sehr überzeugend und ohne Pause, denn sie spürte, dass ihre Worte mich erreichten. Mittlerweile stand mir meine Beunruhigung wohl ins Gesicht geschrieben.
    An diesem Punkt sagte ich: »Wir sollten lieber gehen. Bitte, lass uns gehen.« Irgendwie überredete ich sie, mich hinauszuführen. Wieder ein langer Fußmarsch. Wir sprachen nicht viel währenddessen; vielleicht sagte sie etwas, aber ich antwortete nicht. Und schließlich kamen wir wieder in den Teil der Anlage, in dem ich mich besser auskenne. Unsere Wege trennten sich – ich weiß nicht, wohin sie ging, aber ich verabschiedete mich, um meine Schreibarbeiten für die [zensiert]-Ermittlung zu Ende zu bringen. Und dann verließ ich das [zensiert]. Ich stieg in meinen Phaeton und wollte mich auf den Heimweg machen.
    Das war der Moment, in dem ich [J.] kontaktierte – nachdem ich in den Phaeton gestiegen war. Ich ließ den Motor an, doch bevor ich losfuhr, nahm ich meinen Fernschreiber heraus.
    Ich tippte: »Ich hab dir viel zu erzählen, wenn ich nach Hause komme«, oder so etwas in der Art. Ich weiß gar nicht genau, was ich damit meinte. Ich war aufgewühlt. Ich verfolgte keine bestimmte Absicht. Aber um ehrlich zu sein, war es auch nicht wie bei unserem Spiel, unserem »Rate-mal-was-heute-im-Büro-los-war«-Geplänkel. So weit dachte ich nicht einmal.
    Das war sicher unvorsichtig. Doch wie gesagt, ich hatte mir noch nicht einmal überlegt, was ich ihm überhaupt erzählen wollte. Mein Gewissen ist also insofern rein, als ich nicht den Plan gefasst hatte, geschützte Informationen preiszugeben. Dessen kann ich mir sicher sein, denn ich kenne meine

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