Ich mach mich mal dünn - Neues aus der Problemzone
ist! Keine Chance! – Ich hole Tesafilm, klebe die Tüte wieder zu und verstecke sie oben auf dem Schrank. Die restlichen Nippons sollen mich nicht stören, wenn ich ihre Artgenossen vertilge.
Doch ich kann ihre Existenz nicht einfach aus meinem Bewusstsein streichen. Die Nippons quasseln auf dem Schrank vor sich hin. Sie nehmen keine Rücksicht auf mich. Ich kann sie hören.
Patric: »Jetzt seid mal ruhig da oben! Ich will ungestört genießen.«
Nippon 4, 5 und 6: »Wir können nicht anders. Wir sind nun mal so. Hol uns doch auch zu dir runter.«
Patric: »Das könnte euch so passen. Ruhe!«
Nippon 7: »Nippon vier hat mich gekitzelt. Ich schmelze gleich vor Lachen, wenn mich keiner isst.«
Nippon 5: »Ich will hier raus.«
Nippon 6: »Wetten, dass ich genauso lecker bin wie die anderen? Frag mal deinen Appetit.«
Ich glaube, ich flippe aus. Jetzt habe ich eins, zwei und drei verdrückt, konnte sie aber gar nicht richtig genießen, weil mich die anderen gestört haben.
Patric: »Könnt ihr verdammten Biester nicht mal die Klappe halten? Ich hole euch jetzt, aber dann will ich nichts mehr hören.«
Was sich danach abspielt, wäre nur noch Wiederholung. Meine ferngesteuerte Hand greift immer wieder zu; ich kaue und schlucke ohne Hunger, ohne Appetit, ohne Freude – nur damit die Nervkekse endlich Ruhe geben. Am Ende kriegen sie mich alle. Mittendrin überkommt mich leichte Übelkeit, die ich mit einem Glas kalter Milch bekämpfe (erfrischend, zwischen all dem klebrigen Zeug), um mein Werk vollenden zu können. Nach zehn Minuten ist der Alptraum vorbei. Ich bin frustriert und die kleinen Teufel feiern eine Party in meinem Magen.
Eine solche Attacke macht aus mir nicht gleich einen Elefanten. Aber ich frage mich schon, warum mir so was passiert. Meine Antwort auf die Frage klingt nicht beruhigend: Im Umgang mit Nippons bin ich leider offensichtlich gengesteuert. Süßes signalisiert seit Urzeiten: »Lang zu! Mit mir bist du auf der sicheren Seite.« – Was Babys beim ersten Krabbeln vor giftigen Pflanzen schützt, hilft später auch Erwachsenen beim Überleben: »Etwas schmeckt zuckrig? Dann kann es nicht bedenklich sein.« Außerdem bringt‘s schnelle Energie, was praktisch ist in allen Lebenslagen – zumindest kurzfristig.
Ja, wir ziehen gerne Argumente »pro Zucker« heran: »Der Körper braucht das doch. Da steckt Glukose drin, der Treibstoff des Lebens, ein wichtiger Energiespender«, und und und … Nicht falsch, aber falsches Futter für Verführer. Denn alles, was wir essen, enthält schon so viel Zucker, dass es eigentlich keine Rechtfertigung für die Extraportion in Form von Nippons & Co. gibt. Warum gelingt es uns dann nicht, dem Überschuss eine Absage zu erteilen? Woraus besteht die Magie des Süßen?
Das Geheimnis der Nippons und ihrer Freunde liegt im kleinen Glück: Zucker kann psychologisch süchtig machen. Wenn Süßes auf der Zunge zergeht, bekommt die Seele einen Kick. Die Stimmung steigt mit dem Glukosespiegel im Blut, Insulin wird ausgeschüttet. Damit sich nicht so schnell wieder Ernüchterung breitmacht, verlangen wir Nachschub in Form weiterer »Nervennahrung«. Ein beschönigender Begriff, der nicht so nach Gierschlund klingt wie: »Ich will noch mehr Schokolade.«
Aufkeimende Zweifel an der Notwendigkeit von Gummibärchen & Co. können die Süßigkeitenhersteller leicht entkräften: Irgendetwas Brauchbares ist zwischen den Fett- und Zuckerschichten meistens noch zu finden, und sei es nur eine Nuss in der Mitte einer Praline, an die man sich erst einmal heranschlecken muss. Was natürlich jeder gerne tut. Nüsse sind schließlich gesund.
Minimale Mengen reichen für maximale Werbeworte. Auf den Etiketten heißt es, Leckerlis seien »natürlich«, »leicht« und »voller lebenswichtiger Vitamine« – gerne ist bei ihrer Herstellung auch mal »frische Vollmilch« verarbeitet worden. Da beißt es sich doch gleich viel besser rein!
Machen wir uns nichts vor, beim Thema »Zucker« geht es um Sucht. Eine ganze Industrie arbeitet daran, uns mit unserer Sucht zu versöhnen – da finde ich es erstaunlich, was andere mir darüber erzählen, wie sie ihre Sucht angeblich im Griff haben. Mal sehen, ob wir von denen nicht noch was lernen können …
Hamstern – nicht frei von Risiken
Isi hat zum Beispiel mal ein paar Wochen lang Hamster gespielt. Da kam ganz schön was zusammen. Am Ende konnte sie sagen: »Ich bin drei Hamster.« Sie
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