Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ihr Auftritt, Mr. Pringle!

Ihr Auftritt, Mr. Pringle!

Titel: Ihr Auftritt, Mr. Pringle! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
Vom Netzwerk:
einen
Regiegrundriß zu. «Füll den aus. Mach ein Kreuz, wo du gestanden hast und wo
nach deiner Meinung die anderen gestanden haben, und schick ihn dann an mich zurück.»
Sie wandte sich Mr. Pringle zu. «Fertig?» Er war überaus froh zu gehen.
    «Artemis, Liebste — das macht
zehn Prozent für dich von allem, was du zusammenaddierst.» Mr. Pringle
verschloß die Ohren.
    «Jonathan, ich habe alle Tricks
benutzt, seit du hier angefangen hast. Ich kenne keine mehr.»
    «Doch. Dir wird etwas
einfallen. Ich glaube fest daran.»
    «Warum läßt du Geraldine nicht
einen Versuch machen? Sie muß lernen, eines Tages eine wirkliche
Programmassistentin zu sein...»
    «Du bist eine gemeine Zicke. Geraldine
ist nur wie eine übergroße neunjährige Pfadfinderin, und das weißt du. Sie
würde es wahrscheinlich als ihre Pflicht betrachten, Kopien meiner
Spesenabrechnungen direkt ans Finanzamt zu schicken.» In seinem
leidenschaftlichen Ausbruch hatte er Mr. Pringle ganz vergessen. Er und Artemis
eilten den Korridor entlang. Jonathans Wehklagen hallte ihnen nach. «Wenn ich
an die herrlichen Pralinen denke, die ich dir einst geschenkt habe.»
    «Herrliche Pralinen!» Artemis
drückte auf den Fahrstuhlknopf. «Eine Riesenschachtel mit durchweichten
Zuckerklumpen.»
     
     
    Donnerstag, 5. April 1984, mittags
    Nach dem Dämmerlicht der
Studios war Mr. Pringle geblendet vom Glanz der obersten Etage. Draußen
strahlte der April, und er hatte es nicht bemerkt. Carl grinste ihn an. «Kommen
Sie rein, kommen Sie, bewundern Sie die Aussicht. Ich verschwende Stunden
damit, hinauszuschauen. Ist das nicht schön?»
    Mr. Pringle blickte auf
hinreißende goldene Terrassen, die sich steil in Richtung Lansdown Road
erhoben. Er erinnerte sich an die schäbigen Büros, in denen er in all den
Jahren gearbeitet hatte, und empfand Neid. «Es ist wirklich sehr schön.»
    Carl lehnte am Fensterbrett und
genoß die Aussicht. Mr. Pringle hatte vergessen, wie groß er war. Er hatte eine
lässige Art, sich zu bewegen, wodurch seine Größe teilweise kaschiert wurde.
Wie alle bei Bath& Wells — außer den Rechnungsführern — war er salopp
gekleidet; der blaugraue Pullover korrespondierte mit seiner Augenfarbe und
betonte seine helle Haut. Er zeigte zum Fenster hinaus. «Ich erklärte der
Geschäftsleitung, daß ich klares Glas in diesen Fenstern bräuchte. Was bei
einem Chefbeleuchter natürlich Unsinn ist, aber das haben sie nicht kapiert.
Und so behielt ich meine Aussicht. Es wäre eine Schande, die ganze Herrlichkeit
dort draußen zu verlieren. Nehmen Sie doch Platz. Kaffee?» Er stand am
Schreibtisch, den Finger über der Gegensprechanlage.
    «Für mich nicht, danke.»
    Die Einrichtung war eine
angenehme Mischung aus alt und neu. Sie saßen einander an einem niedrigen Tisch
auf niedrigen, gepolsterten Ecksofas gegenüber. Carl reichte Mr. Pringle sein
ausgefülltes Formular und betrachtete den Grundriß des Regieraums.
    «Mehr Papierkram? Oh, ich
verstehe. Dies ist vernünftig. Jeder markiert, wo er war, vermute ich?»
    «Es war Jack Kemps Idee.»
    «Gut für ihn. Er ist wieder
hier, wie ich höre?»
    «Es scheint so.»
    Carl nahm das übergeschlagene
Bein herunter und betrachtete seine Segeltuchschuhe. «Wissen Sie, ich kann
nicht glauben, daß er es getan hat. Zweifellos hat er sich an allen
vorbeigeschoben, um zu Christopher zu gelangen — Sie wissen von dem Streit, den
sie hatten?» Mr. Pringle nickte.
    «Und er war besoffen.
Heutzutage ist er es oft, und es macht ihn streitsüchtig. Schade, weil er mal
ein guter Regisseur war.»
    «Mal war?»
    Carl schaute ihn kühl an. «Ich
gehöre nicht zu seinen Fans», räumte er ein. «Wir haben in der Regie zuviel
Streit gehabt bei der Produktion von Fernsehspielen. Wie die meisten ältlichen
Pißpötte verlangt er in der Sitzung von der Technik etwas Bestimmtes, vergißt
es dann und macht eine Szene, sobald die Produktion ins Studio geht. Das kommt
vor. Man lernt, damit zu leben. Aber —» Carl beugte sich vor— «ich glaube, Jack
bewegte sich vorwärts, nachdem Christopher erstochen worden ist.»
    «Sind Sie da sicher?»
    «Das bin ich nicht. Keiner von
uns ist es. Ich glaube nur, daß es so gewesen ist, nachdem ich noch
einmal alles durchgegangen bin. Wissen Sie, die Leute scheinen aus zwei
Richtungen gedrängt zu haben, während des kritischen Zeitpunkts — jene wenigen
Sekunden bis zum zweiten Stromausfall.» Mr. Pringle war jetzt die
Aufmerksamkeit selbst.
    «Ja?»
    «Beim ersten

Weitere Kostenlose Bücher