Im Bann der Dämonin
länger heraus und wage ja nicht zurückzukommen, ohne dass du deine Aufgabe erledigt hast!“
Massimo sah, wie Corbin die Treppe des Palazzo herunterkam. Als er den Diener passierte, der am Treppenabsatz stehen geblieben war, nickte ihm der Erzdämon höflich zu, dann verließ er das Haus.
Kurz darauf trat Luciana aus ihrem Schlafzimmer. Sie trug das weiße Abendkleid.
„Baronessa?“ Massimo hatte sofort die Würgemale an ihrem Hals bemerkt und dass aus ihrem linken Ohr Blut tropfte. „Wie kann ich Ihnen helfen?“
„Indem du sofort von hier verschwindest. Geh fort und komm nicht wieder! Du musst vergessen, dass du mich jemals gekannt hast. Versprich mir, dass du gehen wirst!“
Sie sah ihn intensiv an, und schließlich nickte er.
Dann schritt sie die Treppe herunter an ihm vorbei und verließ das Haus.
Massimo beobachtete sie und wandte sich dann an Violetta.
„Sie geht zum La Fenice . Das ist dein Territorium. Geh hin und gib auf sie acht. Bitte tu es, um meinetwillen, auch wenn du sie hasst. Wenn sie Hilfe braucht, komm zurück und hol mich! Ich werde sie nicht verlassen. Nicht, wenn sie mich braucht.“
„Natürlich nicht“, sagte das Mädchen, ohne zu zögern, und legte ihm einen Geisterfinger auf die Lippen. „Wenn wir keine andere Chance bekommen, soll das unser Abschied sein.“
„Wir werden einander wiedersehen, meine Liebe“, versprachMassimo ihr, obwohl er mit schmerzender Gewissheit wusste, dass sie nicht mehr zusammenkommen würden. „Doch bis dahin wisse, dass ich dich aus meinem vollen dunklen Herzen liebe.“
Auf der anderen Seite des Kanals machte sich Brandon bereit für sein Rendezvous mit Luciana.
Er duschte in der improvisierten Dusche, die die venezianische Einheit im hinteren Teil des Hauses installiert hatte. Dafür war er dankbar. Das Wasser verschaffte seinem Körper Abkühlung und seinem Geist ein wenig Trost.
Das war in der Tat eine vollkommen andere Mission. Es stand immer noch so viel auf dem Spiel.
„Warum hat sie dich gebeten, sie in der Oper zu treffen?“, wollte Arielle wissen, die mit verschränkten Armen im Türrahmen stand. Sie sah ihm zu, wie er sich über einem steinernen Becken vor dem Spiegel rasierte. „Das ist doch ein seltsamer Treffpunkt.“
„Ehrlich gesagt, glaube ich, dass sie die Oper nur vorgeschlagen hat, weil ihr gerade nichts Besseres einfiel. Ich weiß ja auch nicht, wie sie tickt. Aber du willst doch, dass ich ihr Vertrauen gewinne, oder? Ist das nicht meine Aufgabe? Deshalb bin ich doch hier“, sagte er grimmig. „Und jetzt muss ich mich anziehen. Würdest du mir also bitte etwas Privatsphäre gewähren?“
Arielles Vorstellung von Privatsphäre bestand darin, sich umzudrehen und so zu tun, als schaue sie aus dem Fenster auf den Kanal. Eine Bemerkung konnte sie sich aber nicht verkneifen. „Du hast nichts an dir, was ich nicht schon mal gesehen hätte.“
Aber eben schon länger nicht mehr, dachte er genervt.
Brandon hatte große Lust, Arielle mit dieser Tatsache zu konfrontieren, aber er hielt sich zurück. Einer der größeren Schutzengel aus der venezianischen Einheit hatte ihm mit einem schwarzen Anzug und einem weißen Hemd ausgeholfen.Er zog seine Jeans aus und die Anzughose an, dann streifte er das Hemd über.
„Ich weiß nicht, wie die Italiener es aushalten, bei dieser Hitze in solchen Klamotten herumzulaufen.“ Arielle drehte sich um. Sie berührte das Hemd am Kragen. „Du siehst gleich ganz anders aus. Nicht mehr wie der Brandon, den ich kenne.“
Er schob ihre Hand weg und ging zur Tür.
„Bist du dabei, dich in sie zu verlieben?“ Mit dieser anscheinend nebenbei gestellten Frage sorgte Arielle dafür, dass er noch einmal stehen blieb.
Er drehte sich zu ihr um. Es war vielleicht zum ersten Mal, dass er auf Arielles Gesicht echte Gefühle entdeckte. Echte Stirnfalten, echte zusammengezogene Augenbrauen. Echten Schmerz.
„Natürlich nicht.“ Die Lüge brannte in seinem Mund, und er hasste sich dafür.
„Gut. Ich weiß, du bist dagegen, dass wir sie zurückführen, so wie es die Kompanie beschlossen hat. Aber anders würde es noch eine Ewigkeit dauern, sie zur Umkehr zu bewegen.“
„Ich verstehe“, sagte Brandon knapp. Er ahnte, was gleich kommen würde.
„Es ist das Beste für sie.“
Darauf erwiderte er nichts mehr, sondern verließ mit der Anzugjacke in der Hand das Haus, um die Dämonin zu treffen.
15. KAPITEL
I m La Fenice zu singen ist, wie im Inneren eines Diamanten zu sein“, hatte
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