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Im Schatten der Akazie

Im Schatten der Akazie

Titel: Im Schatten der Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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bereitete Achas Pferd Mühe. Noch eine Anhöhe, dann würde er sich senken, nach Kanaan hinunter und zu der Straße, die zur nordöstlichen Grenze des Deltas führte. Lange hatte Acha nicht glauben wollen, daß er sich einmal mit einem schlichten Glück zufriedengeben sollte, in dem Land, in dem er geboren war, gefeit gegen lärmendes Getümmel und Leidenschaften. Doch am Morgen seiner Abreise hatte er beim Blick in einen Spiegel sein erstes weißes Haar entdeckt; verfrühter Schnee der hethitischen Berge und ein unmißverständliches Zeichen: der Sieg des Alters, vor dem ihm so bang gewesen war.
    Er allein wußte, daß sein Körper durch zu viele Reisen, zu viele Wagnisse, zu viele Gefahren verbraucht war. Als Oberster Arzt des Königreiches mochte Neferet zwar einige Beschwerden lindern und den Verfall hinauszögern, aber Achas Kräfte wurden nicht, wie die des Pharaos, durch Riten erneuert. Und er hatte die seinen überfordert, seine Lebenszeit war beinahe erschöpft.
    Plötzlich gellte der grauenerregende Schrei eines tödlich verwundeten Mannes. Acha hielt sein Pferd an und drehte sich um. Von hinten kamen noch mehr Schreie, es war ein Kampf ausgebrochen, und aus den Kronen der Steineichen schwirrten Pfeile.
    Zu beiden Seiten des Pfades tauchten mit kurzen Schwertern 127

    und Lanzen bewaffnete Libyer und Hethiter auf.
    Die Hälfte der ägyptischen Soldaten des Begleitzuges war binnen weniger Augenblicke getötet worden. Die übrigen schafften es zwar noch, einigen Angreifern den Garaus zu machen, doch diese waren in der Überzahl.
    »Fliehe!« rief der Altgediente Acha zu. »Galoppiere los!«
    Der Gesandte überlegte indes nicht lange. Er zückte den eisernen Dolch und ging auf einen Bogenschützen los, dessen libysche Herkunft an zwei Federn zu erkennen war, die in seinem von einem schwarz-grünen Band zusammengehaltenen Haar steckten. Mit weit ausholender Bewegung schnitt Acha ihm die Kehle durch.
    »Vorsicht, Vor …«
    Der Warnruf des Altgedienten ging in ein Röcheln über. Ein Dämon mit wallender Mähne und rotbehaarter Brust hatte ihm den Schädel gespalten.
    Im selben Augenblick traf ein Pfeil den Obersten Gesandten Ägyptens in den Rücken. Ihm stockte der Atem und er stürzte zu Boden.
    Sein Widerstand war gebrochen.
    Da näherte sich der Dämon dem Verletzten.
    »Uriteschup …«
    »Ja, Acha, ich bin Sieger! Du verfluchter Gesandter, endlich kann ich mich dafür rächen, daß du mitgeholfen hast, mich zu stürzen! Aber du warst nur eine Hürde auf meinem Weg. Jetzt kommt Ramses dran! Ramses, der glauben wird, daß der feige Hattuschili diesen Überfall angeordnet hat. Nun, was sagst du zu meinem Plan?«
    »Daß … du … feige bist.«
    Uriteschup griff nach dem eisernen Dolch und stieß ihn Acha in die Brust. Die Libyer machten sich bereits über die Beute her, und falls der Hethiter nicht eingriff, würden sie sich noch 128

    gegenseitig umbringen.
    Acha besaß nicht mehr genügend Kraft, um mit seinem Blut noch den Namen Uriteschup zu schreiben. Deshalb zeichnete er mit dem Zeigefinger eine einzige Hieroglyphe auf sein Obergewand, an die Stelle über dem Herzen. Dann sank er endgültig in sich zusammen.
    Ramses würde diese Hieroglyphe schon richtig deuten.
    129

    ACHTZEHN
    M PALAST HERRSCHTE Schweigen. Aus Hermopolis z
    I urückgekehrt, merkte Ramses sogleich, daß etwas Furchtbares geschehen sein mußte. Die Höflinge hatten das Weite gesucht, und die Beamten verschanzten sich in ihren Schreibstuben.
    »Hol Ameni«, befahl der König Serramanna. »Er soll auf die oberste Terrasse kommen.«
    Vom höchsten Punkt des Palastes blickte Ramses über seine Hauptstadt, von deren Baumeistern einer Moses gewesen war.
    Die weißen Häuser mit den türkisfarbenen Fassaden dösten im Schatten der Palmen; in den Gärten, am Rande der Wasserbecken plauderten Spaziergänger, und die hohen Fahnenmasten an den Pylonen kündeten von der Gegenwart des Göttlichen.
    Thot hatte dem Herrscher auferlegt, den Frieden zu bewahren, welche Opfer er auch immer dafür bringen mußte.
    Nun lag es an ihm, aus den verschlungenen Pfaden des Ehrgeizes den richtigen Weg herauszufinden, den Weg, der ein Blutbad und großes Unheil vermied. Der Gott der Weisheit hatte das Herz des Königs geöffnet und ihm neue Willenskraft verliehen. Der Sohn des Re, die Sonne, in der sich das göttliche Licht verkörperte, war auch der Sohn des Thot, der nächtlichen Sonne.
    Ameni sah noch bleicher aus als sonst, und in seinem Blick lag unendliche

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